Der Countdown läuft. In wenigen Tagen wird erstmalig in der Bundesrepublik Deutschland die Mehrwertsteuer abgesenkt. Das gab’s noch nie. Ein einmaliger Vorgang. Allerdings währt diese Absenkung nicht lange. Sie gilt vom 1. Juli 2020 nur befristet bis Ende des Jahres, also für exakt 6 Monate. Für den Staat wird die Mehrwertsteuersenkung zweifelsohne einen Milliardenverlust bedeuten. Ob dadurch die Kauflust der Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland steigen wird, bleibt abzuwarten.
Viele Betriebsinhaber sehen diese temporäre Absenkung skeptisch. Vor allem für Branchen wie das Malerhandwerk mit zahlreichen laufenden Projekten stellt eine zweimalige Steueränderung innerhalb von nur sechs Monaten abrechnungstechnisch eine enorme Herausforderung dar. Seit Jahren arbeiten Malerbetriebe am Limit. Auch in der ersten Phase der Corona-Pandemie waren sie nicht vom Shutdown betroffen, sondern sorgten mit ihrem durchgehenden Arbeitseinsatz auf den Baustellen dafür, dass sie Umsätze schreiben und der Staat Umsatzsteuer vereinnahmen konnte. Die anstehende, befristete Umsatzsteueränderung bedeutet jetzt für Malerbetriebe jede Menge Zusatzarbeit, für die sie leider nicht entlohnt werden.
Daher ist eine gute Vorbereitung auf die anstehende Mehrwertsteueränderung das A und O. Die nachfolgende Checkliste weist stichpunktartig auf wesentliche Punkte, die es zu bedenken gilt, hin. Ohne großen Zeitaufwand lässt sich so ein möglicher Handlungsbedarf noch frühzeitig erkennen. Auf weiterführende Informationen wird jeweils verlinkt.
Last-Minute-Check:
- Wurde schon Rücksprache mit dem Steuerberater gehalten?
- Wurde der organisatorische Handlungsbedarf im eigenen Unternehmen festgelegt?
- Wissen alle Büromitarbeiter, worauf sie im Hinblick auf die Mehrwersteueränderung achten müssen?
- Ist die sachliche und rechnerische Prüfung von Eingangsrechnungen sichergestellt?
Mehr Infos:
https://www.malerblog.net/dem-finanzamt-nichts-schenken-eingangsrechnungen-pruefen/ - Ist eine sachlich und rechnerisch korrekte Erstellung von Ausgangsrechnungen sichergestellt?
- Ist bekannt, wie die Umsatzsteuersenkung in Ihrer Software (Fakturierungs- und Buchhaltungssoftware) durchgeführt wird?
- Wissen Sie, dass Sie durch den Zeitpunkt der Rechnungsstellung keinen Einfluss auf den Steuersatz nehmen können?
- Wissen Sie, dass sich die Anwendung des „alten“ oder „neuen“ Steuersatzes allein nach dem Leistungszeitpunkt bestimmt?
Lesen Sie: §27 Abs. 1 UStG - Kennen Sie die Leistungszeitpunkte für Warenlieferungen, Werklieferungen und Werkleistungen?
Lesen Sie dazu:
Merkblatt zur Umsatzbesteuerung in der Bauwirtschaft, Stand Oktober 2009, Seite 6 ff. - Wissen Sie, welche Anforderungen die Finanzverwaltung an die Abrechnung von Teilleistungen stellt?
Lesen Sie dazu:
Merkblatt zur Umsatzbesteuerung in der Bauwirtschaft, Stand Oktober 2009, Seite 3 ff. - Haben Sie bereits die Vereinbarung von Teilleistungen geprüft bzw. den Steuerberater zu Gestaltungsmöglichkeiten befragt?
- Haben Sie bei langfristigen Projekten bereits vorgezogene Zahlungen (Anzahlungen, Teilzahlungen, Vorauszahlungen) erhalten? Wissen Sie wie Sie mit diesen Zahlungen bei der Schlussrechnung umgehen müssen?
Mehr Infos:
https://www.malerblog.net/mehrwertsteuersenkung-stichtagsuebergreifende-projekte-richtig-abrechnen/ - Wissen Sie, dass Sie verpflichtet sind innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Bauleistung eine Rechnung mit gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer auszustellen?
Lesen Sie: § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. den Absätzen 1 bis 4 UStG - Bei Nichteinhaltung der Rechnungsausstellungsverpflichtung kann das Finanzamt ein Bußgeld festsetzen. Wussten Sie das?
Lesen Sie: § 26a Abs. 1 Nr. 1 UStG - Zum 1.1.2021 wird die Mehrwertsteuer wieder erhöht. Haben Sie dies bei der Abgabe von Angeboten und bei Preisvereinbarungen fürs nächste Jahr schon im Blick?
- Wenn Sie im nächsten Jahr dem Kunden in Höhe der Mehrsteuer einen Rabatt einräumen wollen, wie hoch ist der Rabattsatz?
Mehr Infos:
www.malerblog.net/mehrwertsteuer-phaenomen-im-griff-jetzt-winterauftraege-richtig-abschliessen/
Es gibt für Unternehmen aus der Bauwirtschaft viel zu bedenken, um bei der Mehrwertsteueränderung nichts falsch zu machen. Viele Fragestellungen sind noch nicht abschließend geklärt. Es empfiehlt sich, abrechnungstechnische Fragestellungen in engem Austausch mit der Steuerkanzlei zu klären.
Das Bundesministerium für Finanzen hat den Entwurf eines begleitenden BMF-Schreibens zur befristeten Absenkung der Mehrwertsteuer veröffentlicht. Dieser kann abgerufen werden unter https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/BMF_Schreiben/Steuerarten/Umsatzsteuer/2020-06-23-befristete-Senkung-umsatzsteuer-juli-2020-erste-aktualisierung.pdf?__blob=publicationFile&v=2
Hinweis: Dieser Text basiert auf den bei Redaktionsschluss vorliegenden Kabinettsbeschluss der Bundesregierung eine temporäre Mehrwertsteuersenkung in Höhe von 16% vom 1.7. bis 31.12.2020 einzuführen. Ein Gesetzesbeschluss wird erst Ende Juni 2020 erwartet.