Die Corona-Arbeitsschutzverordnung, landläufig als Homeoffice-Verordnung bezeichnet, ist seit Mittwoch in Kraft. Danach soll jeder Arbeitgeber seinen Beschäftigten im Büro ein Homeoffice-Angebot machen, wenn nicht zwingende betriebliche Gründe entgegenstehen. Was darunter konkret zu verstehen ist, kann in dem Beitrag „Neue Corona-Arbeitsschutzverordnung: Pflicht zum Homeoffice? Was gilt fürs Malerbüro?“ nachgelesen werden.
Malerunternehmer, die ihren Büromitarbeitern ein vorübergehendes Arbeiten im Homeoffice ermöglichen wollen, haben ein paar Dinge zu bedenken. Denn was vielfach bei der Forderung nach einem Homeoffice vergessen wird, ist, dass die technischen Anforderungen nicht immer trivial umzusetzen sind und es daher mit dem „Mitgeben eines Laptops“ meistens nicht getan ist. Hinzu kommt, dass zwar der Betriebsinhaber als Chef arbeiten darf, wo und wie er will, er aber bei seinen Mitarbeitern arbeitsschutzrechtliche Vorgaben zu beachten hat. Diese gelten auch bei einem nur pandemiebedingten, temporär genutzten „Homeoffice“.
Homeoffice ist nicht gleich Homeoffice
Für das Arbeiten von Zuhause gibt es zwei Möglichkeiten: Das „echte“ Homeoffice ist gesetzlich als „Telearbeitsplatz“ in §2 Absatz 7 Arbeitsstättenverordnung definiert. Hier wird davon ausgegangen, dass nicht nur vorübergehend, sondern regelmäßig von Zuhause gearbeitet wird. Es handelt sich um fest eingerichtete Bildschirmarbeitsplätze in der Privatwohnung des Beschäftigten, die den besonderen Voraussetzungen der Arbeitsstättenverordnung unterliegen. Unter Homeoffice kann aber auch eine besondere Form des „mobilen Arbeitens“ verstanden werden. Diese mobile Form des Arbeitens hat die aktuelle Ministerverordnung wie auch die SARS-COV2-Arbeitsschutzregel bei ihrer Vorstellung von Homeoffice im Blick. Mobiles Arbeiten ist grundsätzlich ortsunabhängig und kann an jedem beliebigen Ort ausgeübt werden, also auch in der Wohnung des Beschäftigten. Ziffer 2.2 der SARS-COV2-Arbeitsschutzregel bestimmt: „Homeoffice ist eine Form des mobilen Arbeitens. Sie ermöglicht es Beschäftigten, nach vorheriger Abstimmung mit dem Arbeitgeber zeitweilig im Privatbereich, zum Beispiel unter Nutzung tragbarer IT-Systeme (zum Beispiel Notebooks) oder Datenträger, für den Arbeitgeber tätig zu sein.“ Doch auch bei diesem mobilen Homeoffice gelten das Arbeitsschutzgesetz und das Arbeitszeitgesetz, worauf in der Arbeitsschutzregel explizit hingewiesen wird. Hierzu wird ausgeführt: „Regelungen zu Arbeitszeiten und Erreichbarkeit sollen getroffen werden. Beschäftigte sind im Hinblick auf einzuhaltende Arbeitszeiten, Arbeitspausen, darüber notwendige Dokumentation, die ergonomische Arbeitsplatzgestaltung und die Nutzung der Arbeitsmittel, zum Beispiel korrekte Bildschirmposition, möglichst separate Tastatur und Maus, richtige und wechselnde Sitzhaltung und Bewegungspausen zu unterweisen. (…) Der Arbeitgeber muss durch geeignete Arbeitsorganisation sicherstellen, dass Beschäftigte, denen entsprechende technische Möglichkeiten für das Homeoffice im Moment nicht zur Verfügung stehen, ihre Arbeitsaufgaben erfüllen können und ausreichend Zugang zu betrieblicher Kommunikation und Informationen (…) haben.“
Ein technisch ordentliches und ein nach rechtlichen Vorgaben „sauberes“ Mitarbeiter-Homeoffice einzurichten, lässt sich vor allem für kleine und mittelständische Unternehmen, die keine bis wenig Erfahrung mit diesem Thema haben, nicht einfach so von heute auf morgen aus dem Boden stampfen. Es benötigt Vorbereitungszeit. Im Folgenden werden wesentliche Aspekte der Umsetzung dargestellt.
Peripheriegeräte nicht vergessen
Zunächst einmal müssen die technischen Mittel bereitstehen. Geht es um mehr als die Ausführung eines schlichten „Telefondienstes“, geht es also um die Erledigung echter Büroarbeit als Heimarbeit, ist es für ein produktives Arbeiten nicht damit getan, mal schnell dem Mitarbeiter einen Laptop mit nach Hause zu geben. Hier ist Vorarbeit zu leisten. Was benötigt der Mitarbeiter zur Erledigung seiner Tätigkeit zu Hause? Hier muss an unbedingt notwendige Peripherie gedacht werden. Das sind zum Beispiel ein ergonomischer Monitor, Tastatur, Maus, Kamera für Videokonferenzen und Headset. Und natürlich stehen im Büro wie selbstverständlich Scanner oder Drucker zur Verfügung, was beim Mitarbeiter Zuhause nicht der Fall sein dürfte. Ohnehin sollten alle erforderlichen Betriebsmittel vom Arbeitgeber gestellt werden. Das Ganze muss entsprechend verkabelt und verbunden werden. Neben den technischen Voraussetzungen sollte auch daran gedacht werden, dass der Mitarbeiter über die entsprechenden räumlichen Gegebenheiten sowie einen Schreibtisch und einen bequemen Stuhl verfügen sollte, um acht Stunden konzentriert arbeiten zu können. Der Küchentisch ist als Arbeitsplatz ebenso wenig geeignet wie Wohnzimmertisch und Sofa. Zudem sollte eine schriftliche Vereinbarung dahingehend getroffen werden, welche Arbeitsmittel vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt werden, in welcher Höhe der Arbeitgeber Aufwendungszahlungen für Strom, Internet, Telefon und so weiter leistet, wie Arbeitszeiten zu erfassen sind und auch der zeitliche Umfang, sprich Anfang und Ende der Homeoffice-Maßnahme, sollte hinreichend bestimmt werden.
Die Verbindung ins Internet
Wenn diese Vorarbeiten erledigt und die Klippe der Einrichtung und Installation abgeschlossen sind, stellt sich die Frage „Wie bekomme ich Verbindung zum Internet und von dort ins Büro?“. Zur Verbindung zum Internet haben Laptops meist ein WLAN-Modul integriert, aber was, wenn anstatt eines Laptops, doch ein Büro-Desktop-PC zum Einsatz kommen soll? Dann muss gegebenenfalls ein USB-WLAN-Adapter besorgt, angeschlossen und installiert werden. Alternativ muss ein LAN-Kabel verbunden werden, sofern in der Wohnung ein entsprechender Router zur Verfügung steht und in der Nähe des Rechners vorhanden ist.
Sichere Anbindung ans Büro und Schutz externer Rechner
Damit befindet sich der Homeoffice-Mitarbeiter schon einmal im Internet und kann grundlegende Funktionen nutzen, aber wie geht es nun weiter, denn in aller Regel sind die Büroprogramme, insbesondere das ERP-System, nicht oder nur teilweise auf dem lokalen IT-System installiert und zumindest die Daten befinden sich aus gutem Grund auf dem Server in der Firma. Also muss eine sichere Verbindung durch das Internet, ein sogenannter Tunnel, auf den Server im Büro hergestellt werden. Dazu sind sogenannte Virtual-Private-Networks (VPN) notwendig. In aller Regel können diese über den Internetrouter im Büro bereitgestellt werden, wobei die Einrichtung jedoch nicht immer trivial ist und oft auch kostenpflichtige Lizenzen benötigt werden. Hier ist der Kontakt zum die Bürohardware betreuenden Systempartner unbedingt erforderlich.
Auch sollte die Frage gestellt werden, wie der externe Rechner vor Viren geschützt ist. Da sich der Rechner technisch gesehen im Firmennetzwerk befindet, sollten alle Sicherheitsregeln für Rechner, also zum Beispiel ein aktueller Virenscanner und ein funktionierendes Patchmanagement, welches die Aktualität von Betriebssystem und Anwendungen sicherstellt, gewährleistet sein, um die datenschutzrechtlichen Verpflichtungen einzuhalten. Apropos Datenschutz: Auch am Heimarbeitsplatz gelten Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) und Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO). Daher muss sichergestellt werden, dass während der Arbeit kein Dritter wie Kinder oder Ehepartner personenbezogene Daten zur Kenntnis nehmen können.
Arbeiten mit Bürosoftware besser per RDP
Um professionell und schnell mit der Software im Büro arbeiten zu können, empfiehlt es sich, auch aufgrund von Datensicherheit und Datenschutz die Daten nicht einfach vom Büroserver auf den lokalen Rechner zu kopieren, oder unverschlüsselt in Cloudspeicher abzulegen, sondern stattdessen auf dem Server im Büro zu arbeiten. Dazu muss eine Remote-Desktop-Verbindung möglich sein, die durch den VPN-Tunnel geschützt ist. Dabei bleiben die Daten im Büro und nur Tastatur- und Mausbewegungen sowie Bildschirminhalte werden übertragen. Nur so kann auch erreicht werden, dass mehrere Mitarbeiter, so wie im Büro, mit dem gleichen, aktuellen Datenbestand arbeiten.
Digitale Infrastruktur in Deutschland fehlt
Eine datensparsame Vorgehensweise bei der Verbindung ist dringend zu empfehlen, da ein Internetzugang mit ausreichenden Geschwindigkeiten, auch aufgrund der Vernachlässigung der Digitalisierung durch die Politik in den letzten Jahren, in Deutschland leider nicht immer flächendeckend gewährleistet ist. Insbesondere der ländliche Bereich ist hier oft noch stark unterversorgt, andere europäische Länder sind da wesentlich weiter. Dieser Umstand fehlender digitaler Infrastruktur macht sich oft stark bemerkbar, wenn dringend notwendige Telefonate und Videokonferenzen über das Internet durchgeführt werden müssen und das zur „Ruckelpartie“ wird. Insbesondere wenn viele, bedingt durch Homeoffice und Homeschooling, im Netz zur gleichen Zeit unterwegs sind, zeigen sich je nach Region die Internetverbindungen als unzureichend. Hier dürften urbane Metropolen wie Berlin, München, Frankfurt oder Hamburg klar im Vorteil sein. Aber auch die lokale WLAN-Verbindung beim Mitarbeiter kann ein Flaschenhals werden, wenn gleichzeitig andere Familienmitglieder das Internet umfangreich nutzen.
Das vorübergehende Arbeiten im Homeoffice kann in der aktuellen Pandemielage zur Kontaktreduzierung im Betrieb sowie im öffentlichen Personennahverkehr beitragen und sich damit positiv auf das Infektionsgeschehen auswirken. Jeder verantwortungsvolle Unternehmer wird daher prüfen, ob er ein Homeoffice-Angebot unterbreiten kann. Bei der Umsetzung sind neben technischen, vor allem auch arbeitsschutz- sowie datenschutzrechtliche Anforderungen zu beachten.