Viele Verkäufer wünschen sich, die Gedanken ihres potenziellen Kunden lesen zu können. Dann wäre vieles einfacher. Zwar sind Forscher mit künstlicher Intelligenz auf einem guten Weg, das Gedankenlesen Realität werden zu lassen, doch dies ist (zum Glück) noch Zukunftsmusik. Bis dahin müssen wir Menschen uns auf unsere Sinne verlassen, wenn wir unseren Gesprächspartner richtig einschätzen wollen. Im Laufe der Evolution hat der Mensch gelernt, dass nicht nur das gesprochene Wort, sondern auch die Stimme und die Körpersprache für den Gesamteindruck verantwortlich sind, den wir von unserem Gesprächspartner erhalten. Für ein erfolgreiches Gespräch sollte der Malerunternehmer daher in der Lage sein, nicht nur dem gesprochenen Wort Gehör zu schenken, sondern gleichzeitig auch die Körpersprache des Gegenübers zu entschlüsseln. Denn nicht immer sagen Worte das, was wir tatsächlich meinen. Das weiß jeder. Kommt es zu widersprüchlichem Verhalten, messen die meisten Menschen der Stimme und vor allem der Körpersprache eine weitaus höhere Bedeutung bei als dem gesprochenen Wort. Das haben Untersuchungen des US-amerikanischen Psychologieprofessors Albert Mehrabian schon vor einigen Jahrzehnten gezeigt. Daher ist es wichtig, die Körpersprache des Gesprächspartners richtig deuten zu können.
„Ich steck Ihnen das Angebot gleich morgen unterschrieben in die Post“ – eine solche Kundenaussage hat ein Malermeister schon oft gehört. Fällt eine solche Aussage nicht am Telefon, sondern bei einem persönlichen Zusammentreffen, könnte die Körpersprache des potenziellen Kunden mehr darüber verraten, ob diese Aussage wirklich ernst gemeint oder nur vorgeschoben ist, um das Gespräch schnellstmöglich zu beenden.
Auch bei Preisverhandlungen liefert die Körpersprache oft Indizien dahin, ob der Kunde überhaupt an einer Zusammenarbeit ernsthaft interessiert ist oder nicht. Vielleicht ist der Auftrag schon sicher und der Kunde setzt nur ein Pokerface auf, um preislich rauszuholen, was eben rauszuholen ist. Vielleicht hat er aber auch die vorgesehene Renovierung „auf Eis gelegt“, da es ihm am nötigen Kleingeld fehlt und sein Begehren größer war als sein Geldbeutel. Über eine endlose Preisdiskussion versucht er nun die Geschäftsanbahnung platzen zu lassen. Mit etwas Erfahrung liefert die Körpersprache dem Malermeister schnell wichtige Indizien für die eine oder andere Fallgestaltung. Denn körperliche Signale können das gesprochene Wort bestätigen oder ihm widersprechen. Zeugt die Körperhaltung eher von Aufgeschlossenheit oder von Ablehnung? Je nachdem welche Körpersignale der Gesprächspartner aussendet, erscheint das gesprochene Wort in dem einen oder anderen Licht.
Häufig finden Verkaufsgespräche im Sitzen statt – in der Wohnung des Kunden oder im Malerbüro. Nimmt der Kunde eine offene Sitzposition ein, so ist dies ein guter Gesprächsstart.
Eine gerade Kopfhaltung, ein natürliches Lächeln auf den Lippen, das sich in den Augen widerspiegelt und der Blick dem Gesprächspartner zugewandt, zeugt von Offenheit und Selbstsicherheit. Die Beine sind übereinandergelegt, das linke Bein hat Bodenkontakt und das rechte Bein ist dem Gesprächspartner gegenüber geöffnet. Die Kundin ist gutgelaunt und signalisiert Gesprächsbereitschaft. Wird dies vom Malerunternehmer erwidert, könnte ein gutes Verkaufsgespräch in lockerer, entspannter Atmosphäre erfolgen.
Doch nicht immer trifft der Malerunternehmer auf sympathische Kunden mit einem offenen Lächeln. Ein schlechter Start für ein Verkaufsgespräch zeigt sich in einem Gesprächspartner, dessen Arme eng am Körper anliegen, die Schulter leicht hoch gezogen und die Beine eng zusammengestellt sind. Frauen umklammern in solchen Fällen gerne ihre mitgebrachte Handtasche vor dem Oberkörper. Die Handtasche wird so regelrecht zu einem Schutzschild.
Eine derartige Körperhaltung zeugt von massiver Unsicherheit. Die Person fühlt sich überhaupt nicht wohl in der Situation. Die Anspannung ist sichtbar und fast schon spürbar. Hier muss der Malerunternehmer jede Menge Überzeugungsarbeit leisten, um das erforderliche Vertrauen geschenkt zu bekommen und den Auftrag zu erhalten. Mit viel Fingerspitzengefühl muss er zunächst versuchen, eine entspannte Gesprächsatmosphäre zu schaffen, denn wer unter solcher Anspannung steht, dem fehlt es auch an der nötigen Aufmerksamkeit und Aufnahmefähigkeit.
Ebenfalls eine Art Schutzhaltung sind verschränkte Arme vor der Brust. Ist der Oberkörper dabei leicht zurückgelehnt, wird eine ablehnende Haltung zur Ausdruck gebracht, die in der nachstehenden Abbildung durch die überkreuzten Beine noch verstärkt wird. Im Zusammenspiel mit den gekreuzten Armen wirken diese ebenfalls wie ein Schutzschild. Der leicht nach hinten geneigte Kopf und die nach oben zeigende Nase lassen die Person eine gewisse Arroganz ausstrahlen. In dem Verkaufsgespräch ist eine Konfrontationssituation gegeben. Der Gesprächspartner teilt die Meinung oder Vorstellung des Malerunternehmers offensichtlich nicht. Er sieht die Dinge gänzlich anders und ist verstimmt. Es bedarf großer Anstrengung und einer guten Gesprächsführung, um den Kunden aus seiner Verschlusshaltung zu bringen und ihn wieder gütlich zu stimmen.
Irgendwann findet jedes Gespräch sein Ende. Wann der richtige Zeitpunkt gekommen ist, signalisieren Kunden oft schon durch ihre Körpersprache. Mit leicht vorgebeugtem Oberkörper und den Händen auf den Knien abgelegt, ist die Person quasi schon „auf dem Sprung“. Die bereits hintereinander gesetzten Füße deuten ebenfalls darauf hin. In der nachstehenden Abbildung hält die rechte Hand den Körper noch vom Aufstehen zurück und auch der leicht geneigt Kopf schenkt dem Gesprächspartner noch die nötige Aufmerksamkeit, um ihn ausreden zu lassen. Ein aufmerksamer Malerunternehmer wird dieses Aufbruchsignal verstehen und mit seinen Ausführungen alsbald zum Ende kommen.
Noch ein kleiner Tipp: Erfahrung ist ein wichtiges Kriterium, um die Körpersprache des Gesprächspartners zu erkennen und richtig zu deuten. Durch Beobachtungen im täglichen Leben lassen sich Auge und Ohren schulen. Egal, wo man sich befindet, ob bei einem Kaffee in einem Bistrot, am Bahnhof auf den Zug wartend, beim Eisschlecken in der Eisdiele oder Tante Emmis rundem Geburtstag, immer und überall lassen sich Menschen beobachten. Wie reagiert jemand, der im Bistro nicht sofort bedient wird oder jemand, der soeben seinen Zug verpasst hat? Wie verhält sich eine junge Dame, die Eis auf ihr Kleid gekleckert hat? Wie reden Menschen in vertrauter Umgebung miteinander? Durch solche Beobachtungen lassen sich Augen und Ohren bestens schulen. Das sollte niemand verpassen.
Im Gespräch selbst sollte sich der Malerunternehmer als Verkäufer aber nicht durch das Entziffern der Körpersprache lähmen lassen. Hier gilt im Zweifel: Verlassen Sie sich auf Ihr Bauchgefühl!