Wer Mitarbeiter führen will, muß sie auch gut kennen – ihre Stärken und Schwächen. Zum einen gilt das natürliche in fachlicher Hinsicht. Wer nicht weiß, über welche fachlichen Fähigkeiten der Mitarbeiter verfügt, wird ihn womöglich für völlig falsche Aufgaben einsetzen. Das gleiche gilt aber auch für die Persönlichkeit, den Charakter des Mitarbeiters.
Ein Beispiel: Hans Ungenau arbeitet bei dem Malerbetrieb Tapete & Putz. Er haßt Feinarbeit und das sieht man auch bei den Tapeten, die er an die Wand bringt. Diese Arbeit macht ihm sichtlich keinen Spaß. Er wirkt genervt und das läßt er zu allem Übel auch noch den Kunden spüren, indem er ihm patzige Antworten gibt. Es hagelt Kundenbeschwerden. Bei Spritz- und Spachtelarbeiten hingegen kennt man Hans Ungenau kaum wieder. Hier pfeift er bei der Arbeit Lieder und auch fachlich ist seine Arbeit nicht zu beanstanden. Reklamationen gibt es nicht.
Bei Hans Ungenau läßt nicht nur die Einsatzbereitschaft zu wünschen übrig. Er ist sicherlich auch kein guter Teamplayer und nicht zur Kundenkommunikation geeignet. Wer seine Laune wie Hans Ungenau nach dem Lustprinzip ausrichtet, hat etwas falsch verstanden. Eins ist sicher: Mit diesen Eigenschaften wird Hans Ungenau einfaches Teammitglied bleiben und nie Teamchef werden. Aber auch sein Einsatzbereich ist aufgrund seiner fachlichen Fähigkeiten stark eingeschränkt. Das muß der Chef natürlich bei seiner Einsatzplanung berücksichtigen.
Die Leistungsfähigkeit des Malerbetriebs hängt von den Mitarbeitern ab
In der Praxis ist es sicher nicht immer derart einfach zu erkennen, wo die Stärken und Schwächen in fachlicher und charakterlicher Hinsicht liegen. Aber es ist ungemein wichtig, genau dies zu analysieren. Schließlich hängt die Leistungsfähigkeit des Unternehmens von den Mitarbeitern ab. Nur mit ihnen kann der Maler- und Stuckateurunternehmer erfolgreich sein.
„Auf den Franz kann ich mich voll und ganz verlassen. Der ist ein guter Mann.“ Eine solche Aussage hat schon so mancher Chef getroffen. Was ist daran falsch? Vielleicht ist dieser Mitarbeiter wirklich ein verläßlicher Typ. Aber ist er deshalb auch fachlich gut? Überall einsetzbar? Gut im Kundenkontakt? Wahrscheinlich hat der Chef eine Situation vor Augen, in der ihn das Verhalten des Mitarbeiters beeindruckte. Ein Eindruck – mehr nicht. Wir Menschen neigen dazu, solche Erlebnisse zu generalisieren. Da werden Verhaltensweisen mit fachlichen Qualitäten gleichgesetzt – und zwar meist ohne es zu merken. Das gleiche gilt auch, wenn ein Mitarbeiter sich einmal gar nicht chef-gefällig verhält. Auch dieser Eindruck bleibt beim Chef lange Zeit haften und verfälscht oft eine spontane, aus dem Bauch heraus getroffene Beurteilung des Mitarbeiters. Unternehmer lassen sich wie alle anderen auch von Gefühlen leiten, das ist absolut menschlich. Mit einer sachlichen Mitarbeiterbeurteilung hat dies nur leider nichts zu tun.
Wie gut kennen Sie Ihre Mitarbeiter? Ein kleiner Test bringt Licht ins Dunkel.
Folgende Frage sollte – ganz spontan – für jeden einzelnen Mitarbeiter beantwortet werden:
Wie würden Sie die Arbeitsleistung des Mitarbeiters beurteilen?
Vergeben Sie für jeden Mitarbeiter eine Note: Sehr gut – gut – befriedigend – mangelhaft
Alles notiert? Dann kann es weitergehen. War die Notenvergabe eine reine Bauchentscheidung? Falls ja, dann zeigt sich bei den Antworten auf die folgenden Fragen wie gut die Bauchentscheidung war.
Wie steht es um die fachliche Qualifikation des Mitarbeiters? Diese Frage gilt es zunächst zu klären. Hier zählt nicht der Gesamteindruck. Vielmehr sollte anhand des Leistungsangebotes des Betriebs eine übersichtliche Leistungspalette notiert werden. Was kann der Mitarbeiter hiervon besonders gut und was nicht? Eins steht fest: Nicht jeder ist ein Spachtelkönig und nicht jeder ist ein Tapetenpabst. Die Bewertung sollte anhand von maximal vier Kriterien erfolgen:
„0“ heißt, daß er die Arbeit überhaupt nicht kann.
„1“ bedeutet, daß er die Arbeit zwar ausführen kann, das Ergebnis aber nicht dem entspricht, was Sie bzw. der Kunde erwartet.
„2“ bedeutet, daß der Mitarbeiter die Arbeit so ausführt wie es sein soll
„3“ heißt, daß er die Arbeit besser kann als notwendig oder daß er sie so kann wie gewünscht und dabei viel schneller als der Durchschnitt ist.
Je höher die Summe der erreichten Punktzahl, desto qualifizierter ist auch der Mitarbeiter.
Sind die fachlichen Qualitäten des Mitarbeiters jetzt bekannt, so fehlt noch die Bewertung der Persönlichkeit bzw. des Verhaltens. Nicht jeder ist fähig, mit einem Kunden umzugehen. Nicht jeder ist fähig, in einem Team zu arbeiten. Auch das muß ein Chef wissen, wenn er den Mitarbeiter mit den richtigen Aufgaben betrauen will.
– Teamgeist: Ist der Mitarbeiter ein Teamplayer oder kocht er lieber sein „eigenes Süppchen“? Unterstützt er Kollegen, wenn die Situation es erfordert? Akzeptiert er Anweisungen und Vorschläge und setzt diese dann um?
– Einsatzbereitschaft: Zeigt er Initiative und Leistungsbereitschaft?
– Selbstorganisation: Hat er einen Überblick über seine Arbeit? Kontrolliert er seine Arbeitsergebnisse regelmäßig? „Sieht“ er die Arbeit?
– Problembewußtsein: Erkennt der Mitarbeiter Probleme selbsttätig und rechtzeitig? Fall ja: Wie geht er die Problemlösung an?
– „Bild nach außen“: Ist sein Auftreten nach außen sicher und überzeugend? Hat er eine gepflegtes Erscheinung? Kann er sich verständlich gegenüber dem Kunden ausdrücken?
Bestätigt sich das eingangs notierte Bauchgefühl nach der Beantwortung all dieser Fragen? Oder trügt das Gefühl? Jedenfalls liegt jetzt kein willkürliches, sondern ein systematisch erarbeitetes Bild der fachlichen und charakterlichen Stärken und Schwächen der Mitarbeiter vor. Wer dieses Wissen über seine Mitarbeiter hat, ist gerüstet für eine perfekte Einsatzplanung. Er kann jetzt jeden nach seinen Fähigkeiten einsetzen.
Übrigens: Die Erkenntnis jeden nach seinen Fähigkeiten und seiner Persönlichkeit einzusetzen, entspringt keiner neuen Managementlehre. Bereits vor 1.500 Jahren schrieb der Heilige Benedikt, Gründer des Benediktinerordens, in seiner Ordensregel: „Nach der Eigenart und Fassungskraft jedes Einzelnen soll er (= der Abt, Anmerkung der Redaktion) sich auf alle einstellen und auf sie eingehen. So wird er an der ihm anvertrauten Herde keinen Schaden erleiden, vielmehr kann er sich am Wachsen einer guten Herde erfreuen.“
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