Das Stöhnen der Handwerksbetriebe über die in Deutschland vorherrschende Bürokratie und Überregulierung ist seit Jahren unüberhörbar. In Zeiten voller Auftragsbücher ist Zeit ohnehin knapp. Auf der Baustelle wird das Geld verdient, damit Mitarbeiter, Lieferanten, Abgaben, Steuern und Sozialversicherung gezahlt werden können. Da stellen übertriebener Papierkram und Formalismus für die Betriebe eine zusätzliche, unnötige Belastung dar.
Der Zentralverband des deutschen Handwerks (ZDH) hat sich dieses Thema auf die Fahnen geschrieben und über das gesamte letzte Jahr in zahlreichen Veranstaltungen und Gesprächen mit Handwerksbetrieben ermittelt, woran es in der Praxis hakt und was zu tun ist. Das Ergebnis lässt sich sehen: Auf 32 Seiten hat die Handwerksorganisation 52 Vorschläge zur Entflechtung des Paragrafendschungels unterbreitet. Die Liste ist nicht abschließend, sondern soll fortlaufend aktualisiert werden. Neben der aktuell ohnehin in Kritik stehenden Belegausgabepflicht, kommen zeitraubende Dokumentationspflichten beim Mindestlohn und der Abfallentsorgung, umfassende Informationspflichten aus dem Datenschutz- und Verbraucherrecht, die Kfz-steuerrechtliche Einordnung von „Pick ups“, die Vermeidung der doppelten Fahrzeugprüfung, aber auch steuerrechtliche Aspekte und vieles mehr zur Sprache. Der Forderungskatalog kann auf der Website des ZDH heruntergeladen werden. Hier geht’s zum Download.
Dieser Forderungskatalog wurde seitens des ZDH am 12. Februar 2020 an Staatsminister Dr. Hendrik Hoppenstedt übergeben. Hoppenstedt ist Staatsminister bei der Bundeskanzlerin und unter anderem als Koordinator der Bundesregierung für Bürokratieabbau und bessere Rechtsetzung zuständig. Zu dem überreichten Forderungskatalog erklärt Hans Peter Wollseifer, Präsident des ZDH: „Die Politik muss endlich einsehen, dass die Gesetzgebung zunehmend an der Lebenswirklichkeit unserer Betriebe vorbeigeht. Viele Handwerker schwanken zwischen Wut und Resignation angesichts der Fülle an Regularien, Vorschriften, Dokumentationsvorgaben und -pflichten. Zum Teil spielen Handwerker sogar mit dem Gedanken, den Betrieb aufzugeben, oder sehen sich gezwungen, manchmal auch im Graubereich zu agieren. Und viele potenzielle Nachfolger schreckt das aktuelle Bürokratiedickicht davon ab, sich selbstständig zu machen oder einen Betrieb zu übernehmen.“ Wollseifer fordert ein Umdenken von Gesetzgeber und Verwaltung. Er plädiert für „Kontinuität statt kontinuierlicher Änderungen von Gesetzen“, für „Freiräume statt pauschalem Misstrauen gegenüber Betrieben“, für „Digitalisierung statt dezentralem Stückwerk“ und für „Kooperation statt Bestrafung durch Vollzugsbehörden“. „Die Vorschläge des Handwerks liegen auf dem Tisch, und der Weg aus der Sackgasse ist klar. Jetzt braucht es Entschlossenheit und Willenskraft aller Verantwortlichen aus Bundesregierung, Bundestag und Verwaltung, diesen Weg zielstrebig und gemeinsam zu gehen“, sagt Wollseifer abschließend.