Eine Meldung, die Unternehmer aufhorchen lassen sollte, machte vor wenigen Tagen die Runde. Die Mitarbeiter der Deutschen Bahn durften selbst entscheiden, ob sie ab dem kommenden Jahr 2,6 Prozent mehr Geld, sechs zusätzliche Urlaubstage oder eine wöchentliche Arbeitszeitverkürzung von einer Stunde haben wollen. Das Ergebnis ist eindeutig: Eine satte Mehrheit von 56 Prozent der Bahn-Mitarbeiter will lieber Urlaub statt Geld. Nur gute 42 Prozent der Befragten entschieden sich für mehr Geld, wie die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) mitteilte. Die Möglichkeit der Arbeitszeitverkürzung fand bei den Bahn-Mitarbeitern nur ganz wenig Zuspruch. Die stellvertretende EVG-Vorsitzende Regina Rusch-Ziemba sagt dazu: „Das Votum der Beschäftigten ist eine deutliche Entscheidung für mehr freie selbstbestimmte Zeit.“
Die Entscheidung der Bahn-Mitarbeiter ist nicht überraschend, sondern folgt einem sich seit Jahren abzeichnenden Trend, der gerne mit dem englischen Begriff „Work-Life-Balance“ umschrieben wird. Die Bedürfnisse haben sich geändert. In Deutschland sind der Lebensstandard und die soziale Absicherung hoch und Geldsparen lohnt sich wegen der anhaltenden Niedrigzinsen nicht mehr. Da haben ein paar Euros mehr in der Tasche keine erhebliche Motivationswirkung mehr. Mehr Zeit mit der Familie, mit Freunden und für Hobbies, danach streben jetzt die meisten, vor allem junge Menschen. Dem Privaten wird mehr Raum eingeräumt.
Kein Patentrezept für jeden Betrieb
Während die Bahn als Großunternehmen die durch die zusätzlichen Urlaubstage entstehenden Ausfallzeiten, gegebenenfalls durch Neueinstellungen, auffangen kann, wäre dies für einen Handwerksbetrieb so einfach nicht umsetzbar. Einem Handwerksbetrieb mit vier Mitarbeitern und sechs Urlaubstagen mehr, würde in etwa eine komplette Arbeitskraft für einen Monat fehlen. Das können sich die wenigsten Betriebe leisten. Neueinstellungen oder Leiharbeitnehmer sind ebenfalls keine Option, denn der Fachkräftemangel im Handwerk lässt die Betriebe heute schon unter der Auftragslast stöhnen.
Zufriedenheit im Job fördern
Doch wer glaubt nur mit Geldprämien, Lohnerhöhungen oder zusätzlichen Urlaubstagen Motivationsanreize bei seinen Mitarbeitern setzen zu können, irrt. Grundlage jeder Work-Life-Balance ist ein zufriedener Mitarbeiter. Ein zufriedener Mitarbeiter ist ein Mitarbeiter, der sich an seinem Arbeitsplatz wohl fühlt. Monetäre Anreize oder mehr Freizeit schaffen aber keine Zufriedenheit am Arbeitsplatz. Zufriedenheit ist nicht käuflich. Weichen Faktoren können aber Motivationsanreize setzen, die heutzutage von Mitarbeitern geschätzt werden und zur Zufriedenheit wesentlich beitragen.
Motivation durch Vertrauen
Selbstbestimmung ist das Stichwort. Mitarbeiter wollen keine „Befehlsempfänger“ mehr sein. Häufig wird in den Betrieben noch viel zu chefzentriert gearbeitet. Der Chef entscheidet alles allein. Er traut seinen Mitarbeitern nichts zu. Für jede noch so kleine Entscheidung, erwartet er, gefragt zu werden. Ein solches Führungsverhalten ist demotivierend für die Mitarbeiter, denn auch in ihrem Beruf wollen sie, soweit möglich, selbstbestimmt Handeln. Sie wollen mit-arbeiten. Daher darf von einem Mitarbeiter auch das Mit-denken erwartet werden. Der Chef muss also nicht alles im Detail vorgeben. Er muss Loslassen können und den Rahmen definieren, indem sich die mitdenkenden Mitarbeiter bewegen dürfen. Regeln geben den Rahmen vor. Diese Regeln geben dem Mitarbeiter Sicherheit, mit seinem Handeln genau das Richtige zu tun und die Erwartungen des Chefs zu erfüllen. Ein solcher Führungsstil trägt zudem zur Entlastung des Chefs bei. Also eine Win-Win-Situation für beide Seiten.
Motivation durch Anerkennung
„Nicht gemeckert ist genug gelobt“, so lautete ein Spruch, den viele Ältere noch aus ihren Kindheitstagen kennen. Doch auch hier haben sich die Zeiten geändert. Für ihre Leistung möchten Mitarbeiter Wertschätzung und Anerkennung erfahren. Genau das wird mit einem Lob zum Ausdruck gebracht. Für den Chef bedeutet das, genau hinschauen, wer was wie leistet. Für überdurchschnittlich gute Leistungen sollte der Mitarbeiter ein Lob erfahren. Ein solches „Schulterklopfen“ wirkt motivierend und stärkt das Selbstbewusstsein des Mitarbeiters obendrein. Doch eines darf nicht vergessen werden: konstruktive Kritik ist ebenso wichtig wie Lob. Beides bildet eine Symbiose und gehört zu einem guten Führungsstil. Konstruktive Kritik richtig geäußert, hilft dem Mitarbeiter, besser zu werden und die Erwartungen zu erfüllen. Wertschätzung heißt daher auch, das richtige Feedback zur rechten Zeit in der rechten Art und Weise geben.
Zufriedene Mitarbeiter sorgen für ein gutes Arbeitsklima und ein gutes Arbeitsklima wirkt wiederum wie eine tägliche Motivationsspritze. So schließt sich der Kreis. Handwerksunternehmer, die derart zufriedene und motivierte Mitarbeiter beschäftigen, müssen sich um deren Work-Life-Balance keine Sorgen machen.
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