Fragt man in einem Malerbetrieb, wo die Leistung entsteht, so bekommt man „auf der Baustelle“ als Antwort. Das ist natürlich grundsätzlich richtig, denn schließlich erbringen ja die Mitarbeiter die Arbeitsleistung und das meistens auf Baustellen. Ob diese erbrachte Leistung allerdings die bestmögliche Leistung ist und ob diese Leistung vor allem ausreicht, um mit der Baustelle einen Gewinn zu erwirtschaften, das wird im Betrieb an anderer Stelle entschieden: Im Büro oder genauer bei der Organisation der Baustelle.
Baustellenpreis
Beginnen wir zunächst ganz vorne, noch vor der Baustelle, beim Preis. Der Preis, daß ist das, was der Kunde für die Leistung auf der Baustelle bezahlt. Wenn die Baustelle einen Gewinn abwerfen soll, dann muß der Preis die entstehenden Kosten decken. Also müssen diese Kosten zunächst einmal möglichst genau abgeschätzt werden. Das nennt man „Kalkulation“ und die hat zum Ziel kostendeckende Preise zu ermitteln. Die Kritiker – und die gibt es an dieser Stelle zur genüge, wenn man sich das allgemeine Preisniveau im Maler- und Stuckateurhandwerk so ansieht – werden jetzt äußern, daß mit kalkulierten Preisen eh kein Auftrag zu bekommen sei. Diese Aussage ist für diese Leute bequem, denn wenn man mit Kalkulation eh keine Aufträge bekommt, dann kann man sich die Mühe mit der Kalkulation ja auch gleich sparen. Das ist nur leider viel zu kurz gedacht. Denn langfristig muß man von seinen Preisen leben können. Und es ist eben nicht besser einen Auftrag für 9.000 Euro zu bekommen statt ihn für 10.000 nicht zu bekommen, wenn man bei weniger als 9.500 Euro nichts mehr daran verdient. Wer trotzdem so denkt, der darf sich nicht wundern, wenn am Ende nichts übrig bleibt.
Leistungskalkulation
Wenn wir unsere Preise kalkulieren wollen, dann müssen wir alle Kosten erfassen, die bei der Erstellung der Leistung anfallen werden. Das werden in aller Regel die Arbeitskosten, die Materialkosten und manchmal noch Gerätekosten sein. Als größter Kostenblock verdienen die Arbeitskosten eine genauere Betrachtung. Arbeitskosten, das ist die anfallende Arbeitszeit bewertet mit dem Kosten-Stundensatz. Darunter versteht man die Kosten, die in einem Betrieb für eine Stunde produktiver Arbeit anfallen. Natürlich ist dieser Kostensatz, der ja von der Betriebsstruktur abhängt, in jedem Betrieb anders. Deshalb muß er individuell errechnet und von Zeit zu Zeit aktualisiert werden. Die Arbeitszeit, das ist die Zeit, die man für die Ausführung der Arbeit benötigt. Diese gilt es möglichst genau abzuschätzen. Hier reicht es nicht einfach zu sagen „Für die Renovierung der Wohnung brauchen wir etwa 4 Tage“. Sondern es muß im Detail abgeschätzt werden, wie lange man für das Entfernen der Tapeten, für das Spachteln der Wände, für die Grundierung, für das Tapezieren usw. braucht. Natürlich hat ein gestandener Handwerksmeister da seine eigene Erfahrung. Und auch Herstellerangaben und einschlägige Kalkulationsverzeichnisse können eine Hilfe sein. Sind Kosten-Stundensatz und Zeitbedarf bekannt, dann ist der Leistungspreis schnell ermittelt.
Auftragspreis
Die Erfahrung zeigt, daß ein Unternehmer, der seine Preise kalkuliert hat, in einer Preisverhandlung einen besseren Auftragspreis erzielt, als derjenige, der einfach nur mit vermeintlichen „Marktpreisen“ agiert. Warum das so ist? Ganz einfach: Wer seine Preise kalkuliert, der kennt seine Schmerzgrenze. Der weiß ganz genau, daß er den Auftrag für 9.500 Euro geradeso kostendeckend ausführen kann und daß er bei einer geringeren Auftragssumme noch Geld mitbringen muß. Wer das weiß, der verhandelt natürlich entsprechend. Wer das nicht weiß, der gibt halt noch drei, fünf oder acht Prozent Nachlaß und hat dann den Auftrag – aber er verdient nichts mehr daran. Noch einen Hinweis für die Kritiker, die jetzt sagen werden, daß man bei Ausschreibungen ja gar keine Verhandlungsmöglichkeiten habe. Stimmt. Genau deshalb schauen sich Unternehmer, die ihre Preise kalkulieren die Ausschreibungsunterlage vorher genau an und überlegen, wo sie den Auftrag mit Nachträgen noch in die Gewinnzone führen könnten. Und wenn das nicht gelingen kann, dann nehmen diese an der Ausschreibung erst gar nicht teil. Denn wenn sich am Auftrag eh nichts verdienen läßt, dann wäre es ja schade um die vertane Zeit. Das ist eine kluge „unternehmerische Entscheidung“.
Baustellenleistung
Ist der Auftrag erteilt, dann geht es an die Ausführung der Baustelle. Jetzt wird sich zeigen, ob unsere bei der Kalkulation der Leistungspreise getroffenen Annahmen umgesetzt werden können. Jetzt rückt die Leistung der Mitarbeiter in unser Blickfeld. Damit die Baustelle zu einem Erfolg wird, müssen diese es schaffen die Annahmen der Kalkulation auch umzusetzen. Merken Sie etwas? Die Mitarbeiter sollen die Annahmen umsetzen. Das bedeutet natürlich, daß diese die Annahmen zuerst einmal kennen müssen. Die Mitarbeiter müssen nun also erfahren, welche Leistung von ihnen erwartet wird. Man nennt das Zielvereinbarung und Sie schaffen Ihren Mitarbeitern damit einen Zeitkorridor für die auszuführenden Arbeiten. Es geht also nicht darum irgendwelche Phantasieforderungen zu stellen, sondern realistische Zeitvorgaben zu vereinbaren. Diese wirken psychologisch wie eine Meßlatte an der sich die eigene Leistung festmachen läßt. Solche Meßlatten sind für uns Menschen enorm wichtig. So bleibt beispielsweise ein Hochspringer bei fehlender Meßlatte mehr als zehn Prozent unter seiner zuvor erreichten Tagesbestleistung. Menschen müssen gefordert werden, damit sie Leistung erbringen können. Und zum Fordern gehört, daß man sich vorher darauf verständigt hat, wann eine Leistung gut oder schlecht ist. Der Beurteilungsmaßstab für die Baustelle ist die Zeitvorgabe.
Detaillierte Vorgaben
Solche Vorgaben funktionieren allerdings nur, wenn Ihr Mitarbeiter diese auch überblicken könne. Denken wir nochmals an unser Beispiel mit der Wohnungsrenovierung. Nehmen wir an, es sollen Wohnzimmer, Eßzimmer und Küche renoviert werden. Überall werden die Tapeten entfernt, im Wohnzimmer kommt eine Spachteltechnik zum Einsatz, die Küche bekommt ein Malervlies und im Eßzimmer wird eine hochwertige Tapete angebracht. Wenn Sie Ihrem Mitarbeiter nun sagen: „Du mußt in 4 Tagen fertig sein“, dann hat das eine andere Qualität, als wenn Sie sagen würden: „Die alten Tapeten sollten in vier Stunden entfernt sein. Für die Grundierung im Wohnzimmer haben wir 2 Stunden und für das Anbringen des Malervlies in der Küche haben wir 4 Stunden.“ Sie merken schon, eine detaillierte Vorgabe hat für den Mitarbeiter den Vorteil, daß er besser überblicken kann, wie weit seine eigene Leistung in der Vorgabe liegt. Er merkt dann schnell, ob er auf der Zielgeraden ist, oder ob er noch etwas mehr Gas geben muß.
Beherrschbare Vorgaben
Ist die Baustelle etwas größer, dann wird selbst die Vorgabe nach einzelnen Leistungen für die meisten Mitarbeiter nicht mehr zu überblicken sein. Stellen Sie sich vor, Sie geben eine Vorgabe: „Für die Putzarbeiten in den drei Stockwerken haben wir 200 Stunden Zeit.“ So eine Vorgabe können Sie getrost vergessen. Die fordert nicht, die verunsichert eher, denn keiner kann drei Stockwerke und 200 Stunden überblicken. In solchen Fällen hat sich die Bildung von Arbeitspaketen bewährt. Das hört sich erstmal hochtrabend an, ist aber ganz simpel. Sie zerlegen eine große Baustelle einfach in kleine Teileinheiten. Solche Einheiten können einen räumlichen, einen sachlichen oder einen arbeitstechnischen Zusammenhang haben. In unserem Beispiel könnten Sie Vorgaben für jeweils ein Stockwerk geben oder Sie würden nach Vorarbeiten, Beschichtung und Finish unterscheiden. Die einzelnen Arbeitspakete sollten gerade so groß sein, daß Ihre Mitarbeiter diese noch überblicken können. Wenn Sie dann zusätzlich noch die Abfolge der Arbeiten berücksichtigen und dabei beispielsweise Trocknungszeiten berücksichtigen, dann haben Sie die Arbeiten optimal vorgeplant.
Während die Arbeiten ausgeführt werden, sollten Sie die erbrachten Leistungen mit den Vorgaben abgleichen. So sehen Sie schnell, wenn auf der Baustelle etwas aus dem Ruder läuft und können frühzeitig eingreifen. Durch Arbeitsvorgaben und die begleitende Kontrolle erhalten Ihre Mitarbeiter eine zusätzliche Sicherheit. So können diese sich voll und ganz auf ihre Leistung konzentrieren. Denn aus dieser Leistung einen Gewinn entstehen zu lassen und damit die langfristige Existenz des Unternehmens und der Arbeitsplätze zu sichern, das leisten Sie als Chef.
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