„Was können Sie am Preis noch machen?“ Bestimmt haben Sie diese Frage auch schon mal gehört. „Der Kunde von heute ist einfach viel preissensibler als früher“, sagte unlängst ein Malermeister dazu. Stimmt, viele Kunden fragen nach einem Preisnachlass, bevor sie einen Auftrag erteilen. Aber warum tun sie das? Ganz klar, werden Sie jetzt vielleicht sagen, die Kunden wollen einfach möglichst wenig für eine Leistung bezahlen. Das ist doch rational. Und diese Einschätzung stimmt sicher auch. Aber nur zum Teil. Die eigentlichen Motive für die Preisfrage sind vielschichtiger. Und vor allem ist die Frage nach dem Preis weit weniger rational als der erste Blick vermuten lässt. Der Preis, das ist eine höchst emotionale Sache.
Emotionale Rationalität
Menschen haben Wünsche – immer und überall. Und das, was ein Mensch sich wünscht, das bestimmt sein ganz individuelles Motiv- und Emotionssystem im Kopf. Dabei gehen dem Menschen die Wünsche nie aus. Hat er sich einen Wunsch erfüllt, dann rückt der nächste unerfüllte Wunsch an die erste Stelle. Menschen sind eigentlich nie zufrieden mit dem was sie haben, sie wollen immer mehr. Das einzige was bremst ist Geld. Und deshalb heißt es abwägen: Wenn der Kunde für die Renovierung zu viel Geld ausgibt, dann bleibt vielleicht nicht mehr genug für den nächsten Urlaub übrig. Oder es reicht nicht, um das neue Auto zu kaufen. Menschen müssen permanent abwägen und rechnen. Sie versuchen mit möglichst wenig Geld viele Bedürfnisse befriedigt zu bekommen. Und genau diese Optimierung, nämlich maximale „Lust“ bei geringem Einsatz nennt man „Rationalität“. Für den Menschen ist diese Form der Rationalität höchst emotional, denn sie hat ja das Ziel ihm möglichst viele positive und belohnende Emotionen zu bescheren. Wo dabei das Optimum liegt, ist von Mensch zu Mensch verschieden. Das ist abhängig davon, wo der Mensch in seinem Motiv- und Emotionssystem seine individuellen Schwerpunkte legt.
Kundentypen
Um uns einen Überblick zu verschaffen, wollen wir zunächst versuchen die individuellen Motiv- und Emotionssysteme zu systematisieren und dabei sechs Kundentypen beschreiben.
- Der Sparertyp versucht möglichst viel Geld zu sparen, um so für die Zukunft ein möglichst hohes Maß an Sicherheit zu gewinnen. „Vorsorge“ ist das zentrale Argument seines Handelns und Sicherheit das von ihm angestrebte Ziel.
- Der erlebnishungrige Typ will möglichst viele Erlebnisse für möglichst wenig Geld. Das sind Menschen die die Abwechslung lieben und für die neue Reize und Erfahrungen im Vordergrund stehen.
- Der Spielertyp hat einfach Spaß am Spiel. Für ihn ist eine Preisverhandlung eine ganz spannende Sache. Es geht ihm nicht darum den günstigsten Preis herauszuholen, es geht ihm um den Akt der Verhandlung. Das ist wie beim orientalischen Basar, wo der erzielte Preis zur Nebensache wird, Hauptsache das Handeln hat Spaß gemacht.
- Der Jägertyp betreibt eine Preisverhandlung aus klassischen Jagdmotiven heraus. Ihm geht es darum das wirklich günstigste Angebot zu finden und die Jagd nach diesem „Schnäppchen“ bereitet ihm große Freude und spornt ihn an. Er ist immer besser informiert, vergleicht permanent Angebote und findet enormen Spaß daran, das vermeintlich günstigste Angebot gefunden zu haben. Das besonders, wenn es sich um ein knappes Gut, besser um ein Einzelstück, handelt.
- Der dominante Kunde will sich durchsetzen und besser sein als andere. Eine Preisverhandlung hat für ihn Kampfcharakter und die erreichte Preisreduzierung ist für ihn ein Maßstab für seine Cleverness und Durchsetzungsstärke.
- Der Asket verzichtet auf alles Überflüssige. Für ihn geht es um die reduzierte nackte Funktion oder Leistung und dafür bezahlt er möglichst wenig. Jeglichen Erlebnischarakter oder zusätzliche Leistungen lehnt er ab. Und deshalb kauft er nicht immer günstig, sondern oft nur billig.
Preis- und Wertkalkulation
Bei der Systematisierung der Kundentypen haben wir nun gleichsam festgestellt, dass es ganz unterschiedliche Ausgangspunkte für einen Kunden gibt, eine Preisverhandlung zu führen. Und wir haben – ganz stillschweigend – noch etwas unterstellt. Wir gingen nämlich davon aus, dass das Motiv- und Emotionssystem eines Kunden einer jeden Sache einen Wert beimisst. Für den Asketen hat beispielsweise ein Zusatznutzen genau diesen Wert nicht. Anders beim erlebnishungrigen Typ, denn ein Zusatznutzen verspricht ihm unter Umständen ein zusätzliches Erlebnis. Das Motiv- und Emotionssystem im Kopf eines Kunden führt also neben der Preiskalkulation auch immer eine Wertkalkulation durch. Und das hat zur Folge, dass ein hoher Preis nur dann durchzusetzen ist, wenn der Kunde dem Produkt oder der Leistung auch einen hohen Wert beimisst.
Kundentypen und Preisgespräch
Was bedeutet das nun alles für die konkrete Situation der Preisverhandlung? Wie ist mit den unterschiedlichen Kundentypen umzugehen? Ganz einfach: Steigern Sie den Wert Ihrer Produkte und Dienstleistungen. Machen wir das konkret an einem Beispiel, dem Verkauf einer Wärmedämmung.
- Der Sparertyp sucht den günstigen Preis nicht um des Preises, sondern um der Sicherheit für die Zukunft willen. Hier steht die Sicherheitsorientierung ganz oben. Deshalb haben für diesen Kundentyp Parameter wie Langlebigkeit, Qualität und Zuverlässigkeit einen besonderen Wert. Der Sparertyp wird sich für das teurere Angebot entscheiden, wenn er sich davon langfristig eine größere Einsparung verspricht. Der Zusammenhang bessere Dämmung spart langfristig mehr Energie und damit Geld hat für ihn einen besonderen Stellenwert. Und auch die Länge der von Ihnen angebotenen Garantieleistungen sind dem Sparertyp wichtig, denn das gibt ihm Sicherheit und schützt vor unkalkulierbaren Folgekosten.
- Der erlebnishungrige Typ möchte mehr erleben. Er will Dinge erfahren, die er noch nicht kennt und er will sich gegenüber anderen abheben – vor allem vor sich selbst. Also erhöhen Sie für ihn den Erlebnis-Charakter. Wenn Ihr Wettbewerb weiße Dämmplatten anbietet, dann nehmen Sie besondere, die sich schon optisch unterscheiden. Und auch bei der Erarbeitung der Gestaltungsidee, können Sie diesem Kundentyp Besonderes bieten. Mehr Erlebnis erzielt hier höhere Preise.
- Der Spielertyp möchte mit Ihnen eine interessante anregende Preisverhandlung führen. Er will mit Ihnen feilschen. Also lassen Sie ihm seinen Spaß. Dafür müssen Sie natürlich wissen, wie weit Sie gehen können und Sie dürfen sich zu mehr Nachlass nicht verleiten lassen.
- Der Schnäppchen-Jäger wird sehr gut vorbereitet sein, wenn er mit Ihnen in die Preisverhandlung einsteigt. Er hat mindestens drei gleichwertige Angebote eingeholt und im Detail verglichen. Und er hat sich auch mit den technischen Details auseinandergesetzt. Er ist bereit viel Zeit in die Vorbereitung der Preisverhandlung zu stecken. Wenn Sie ihn überzeugen wollen, dann müssen Sie besser vorbereitet sein. Dazu gehört auch, dass Sie weniger vergleichbar sind.
- Der dominante Typ will seine Stärke auch Ihnen gegenüber ausspielen. Er braucht das Gefühl der bessere zu sein und natürlich auch die Preisverhandlung zu seinen Gunsten zu entscheiden. Das Gefühl sollten Sie ihm gönnen. Und zusätzlich gilt: Ein hoher Status- oder Exklusivitätsnutzen ist diesem Typ höhere Preise wert. Also bieten Sie mal etwas richtig Exklusives an und nicht nur die einfachste Dämmvariante.
- Der Asket verzichtet auf alles Überflüssige. Deshalb brauchen Sie hier gar nicht zu versuchen Zusatzdienstleistungen anzubieten. Hier wird der funktionale Grundnutzen gesucht. Allem, was darüber hinausgeht misst dieser Kundentyp für sich keinen Wert bei.
Wir haben gesehen, dass die Sache mit dem Preis sehr differenziert zu betrachten ist. Das erfordert von Ihnen, dass Sie sich ein gehöriges Maß auf Ihren Kunden einlassen müssen. Aber das bietet Ihnen auch die Chance in der Angebotsphase mehr zu tun, als einfach nur Ihren Preis zu senken.
„Wer über Preise reden will, sollte den Wert für den Kunden kennen.“ |