Viele Malerunternehmer kennen das Problem: Trotz detaillierter und solider Vorkalkulation laufen immer wieder Baustellen in die wirtschaftliche Katastrophe. Warum ist das so? Und wie lässt sich das ändern?
Mit einer soliden Angebotskalkulation trägt der Malerunternehmer dafür Sorge, dass der Auftrag unter normalen Gesichtspunkten und typischem Bauablauf gewinnbringend ausgeführt werden kann. Auf der Baustelle muss anschließend sichergestellt werden, dass die in der Kalkulation getroffenen Annahmen auch eintreffen. Einen Schlüsselfaktor spielen hierbei zweifelsohne die Mitarbeiter. Und genau hier liegt oft das Problem. Doch wer jetzt denkt, endlich einen Schuldigen gefunden zu haben, irrt. Denn nicht die Mitarbeiter sind Schuld an der Misere, sondern wie so oft im Leben „stinkt der Fisch vom Kopf“ her.
Produktivität wird verschenkt
Manch einem Malerunternehmer „blutet“ am Abend das Ohr. Permanent klingelte sein Telefon. Der Chef-mir-fehlt-was-Anruf oder der Chef-wie-mach-ich-das-Anruf ist in vielen Betrieben Standard. Schnell wird vom Chef die Unselbständigkeit, das fehlende Mitdenken, die fehlende Eigeninitiative und Demotivation der Mitarbeiter beklagt. Doch dabei ist das Problem hausgemacht, denn der Chef gibt jeden Arbeitsschritt vor und die Mitarbeiter handeln ausschließlich auf Anweisung. Der Chef denkt, damit würde er die Produktivität erhöhen, doch genau das Gegenteil ist der Fall. Es kommt zu zeitraubenden Rückfragen, der Mitarbeiter wartet auf Anweisungen, die Arbeit steht still, wertvolle Zeit geht verloren. Gleichzeitig demonstriert dieser Führungsstil dem Mitarbeiter mangelndes Zutrauen in seine Fähigkeiten. Die Motivation sinkt. Der Mitarbeiter macht nur noch „Dienst nach Vorschrift“.
Umdenken erforderlich
Bei derart chefzentriertem Handeln wird aber nicht nur wertvolle Zeit auf der Baustelle verschenkt, auch für den Chef bedeutet dies jede Menge Zeitaufwand. Darüber hinaus muss er sicherstellen, jederzeit für seine Mitarbeiter erreichbar zu sein, will er keinen hausgemachten Arbeitsstillstand riskieren. Von der Angebotskalkulation sind solche Leerlaufzeiten jedenfalls nicht erfasst. Krankheits- oder urlaubsbedingte Ausfallzeiten kann sich bei einem solchen Führungsstil kein Chef leisten.
Mehr Autonomie, weniger Anleitung
Es ist davon auszugehen, dass in einem Maler- und Stuckateurbetrieb Gesellen beschäftigt sind, die über ausreichend fachliches Wissen und die erforderlichen handwerklichen Fähigkeiten verfügen. Daran sollte sich auch der Führungsstil orientieren. Für den Chef heißt das: Umdenken!
Umdenken heißt konkret, den Mitarbeitern mehr Handlungsspielraum zu geben. Qualifizierte Mitarbeiter wollen keine reinen Befehlsempfänger sein, die auf Zuruf Arbeiten erledigen. Mitarbeiter sind keine Marionetten. Ein anweisungsorientierter Führungsstil, der den Chef auf der Baustelle fast unentbehrlich macht, ist schlichtweg nicht mehr zeitgemäß. Versteht es der Chef hingegen zielorientiert zu führen, so erhöht dieser Führungsstil die Selbständigkeit bei den Mitarbeitern und verhilft dem Chef zu mehr Zeit. Zeit, von der er ohnehin als Betriebsinhaber zu wenig hat.
Allerdings erfordert dies vom Chef Disziplin, und zwar Disziplin in der Vorbereitung. So muss er den Rahmen für den Handlungsspielraum vorgeben, denn schließlich geht es um Baustellen-Organisation und nicht um Anarchie, wo jeder tun und lassen kann, was er will. Zum einen bedeutet dies mit den Mitarbeitern im Vorfeld und je nach Baustellengröße selbstverständlich auch während der Bauausführung, Aufträge im Detail durchzusprechen. Nur so weiß jeder, was zu tun ist, worauf es ankommt und was der Chef erwartet. Solche Mitarbeiterbesprechungen müssen Teil der Unternehmenskultur werden und dürfen keinesfalls zwischen Tür und Angel erfolgen, sondern müssen vom Chef gut vorbereitet sein. Je besser informiert der Mitarbeiter ist, desto weniger Anleitung benötigt er.
Handlungsrahmen vorgeben
Kommunikation dient auch dazu, den Mitarbeiter im wahrsten Sinne des Wortes zur Mit-Arbeit zu motivieren. So glauben Mitarbeiter häufig, der Chef mache mit dem Auftrag einen riesigen Reibach. Fast kaum ein Mitarbeiter weiß wie knapp gewinnkalkuliert heutzutage fast jeder Auftrag ist. Zwar jammert der Chef oft, gerne und lautstark über die Preismisere, aber „Jammern gehört zum Geschäft“, denkt sich so mancher Mitarbeiter in Unkenntnis der Auftragsfakten. Aus purer Unwissenheit werden Auftragsgewinne von den Mitarbeitern viel zu hoch eingeschätzt. Das kann der Chef ändern und für Transparenz sorgen. Malerunternehmer, die ihre Aufträge solide kalkulieren, können ihren Mitarbeitern schwarz auf weiß zeigen, wie viel Zeit für die Auftragsausführung veranschlagt wurde, damit dieser Auftrag einen Gewinn abwirft. So wird den Mitarbeitern schnell klar, dass jeder Zeitverlust den Gewinn schmälert und ihre Produktivität für den Auftragserfolg ausschlaggebend ist. Da jeder Mitarbeiter gerne in einem erfolgreichen Betrieb arbeitet, hat er durchaus ein eigenes Interesse daran, dass es seinem Betrieb gut geht und er dadurch langfristig seinen Arbeitsplatz sichert. So werden Mitarbeiter schnell zu echten Mit-Arbeitern, die ziel- und kostenorientiert arbeiten.
Eigenverantwortliches Handeln fördern
Eigenverantwortliches Handeln ist jetzt für Mitarbeiter kein Fremdwort mehr. Mit-Arbeit heißt jetzt, selbst dafür verantwortlich sein, dass am Morgen das richtige Material in ausreichender Menge den Weg auf die Baustelle findet. Mit-Arbeit heißt weiterhin, eigenverantwortlich die Malerarbeiten in der vom Chef veranschlagten Zeit auszuführen. Und Mit-Arbeit heißt, selbsttätig zu erkennen, was nicht zum Auftragsumfang gehört und selbsttätig einen Zusatzauftrag zu generieren. Damit ihnen dies alles möglich ist, erhalten die Mitarbeiter vom Chef Materialladelisten und Zeitvorgaben. Dies kann herkömmlich auf Papier erfolgen oder zeitgemäß digital aufbereitet werden. Mit diesen Vorgaben weiß der Mitarbeiter jedenfalls ganz genau, was der Chef von ihm erwartet. Zeitintensive Anrufe beim Chef wegen fehlenden Materials gehören der Vergangenheit an. Die Mitarbeiter sehen jetzt auch selbst, wenn die Zeit aus dem Ruder läuft. Hier muss der Chef keinen Druck mehr machen. Vielmehr werden die Mitarbeiter selbst versuchen, den Zeitverlust an anderer Stelle wieder herauszuarbeiten.
Produktivitätsmotor „Mitarbeiter“
Die Mitarbeiter sind der Produktivitätsmotor eines Maler- und Stuckateurbetriebs. Nur sie sind in der Lage, die Produktivität auf der Baustelle zu erhöhen. Es ist Aufgabe des Chefs, ihnen dabei zu helfen. Er hat die Baustellen im Detail durchzuplanen und den Mitarbeitern ein Paket an Aufgaben und einen Zeitrahmen für deren Erledigung an die Hand zu geben. Die Mitarbeiter erhalten auf diese Weise mehr Verantwortung. Das motiviert und erhöht die Produktivität. Am Ende entsteht eine Win-Win-Situation – für Mitarbeiter und Chef.