Jeder gibt sein Bestes, im Malerbüro wie auf der Baustelle. Und doch passiert es: Ein Kunde ruft an und macht seinem Unmut Luft. „Was haben Sie gemacht? Wie stellen Sie sich das vor? Damit bin ich nicht einverstanden“, schallt es dem Chef lautstark entgegen. Auf solche Gespräche hat niemand Lust, kein Mitarbeiter und auch kein Chef. Aber gibt es eine Alternative? Kurz gesagt: Nein, die gibt es nicht. Also: Augen zu und durch. Halt! Das ist genau die falsche Einstellung. Wer so handelt, handelt nicht unternehmerisch. Der Leitsatz für unternehmerisches Handeln lautet in einem solchen Fall vielmehr: Augen auf!
Augen auf
Nicht jeder unzufriedene Kunde ist ein „Meckerphilipp“, also eine Person, die von ihrer Persönlichkeit her schwierig ist und der man einfach nichts recht machen kann. Natürlich gibt es auch diese Nörgler, aber sie sind ganz selten, viel seltener als sich so mancher Unternehmer wünscht. Denn in den allermeisten Fällen ist der Kunde zu recht verärgert. Die Augen vor Problemen zu verschließen oder den Kopf in den Sand zu stecken, hilft hier nicht weiter, sondern verschlimmert nur die Situation. Beim ersten Anruf ist der Kunde zwar enttäuscht und „lässt Dampf ab“, aber er redet noch mit dem Maler und gibt ihm damit die Chance, alles zum Guten zu wenden. Wer sich also dem Problem stellt, kann es lösen, daraus lernen und es künftig besser machen.
Wertschätzung bieten
Ist von einer Kundenbeschwerde die Rede, denkt fast jeder Unternehmer an Schlechtleistung oder einen sonstigen Schaden, der bei der Arbeit verursacht wurde. Doch es geht nicht immer um Fehler, die bei der Arbeit entstehen. Oft kriselt es an anderer Stelle. Ein kleines Beispiel soll dies verdeutlichen: Ein altes Ehepaar möchte seine Wohnung renovieren. Der Maler gibt sich viel Mühe bei der Beratung. Das Paar will die Wohnung altersgerecht herrichten und sie nochmal richtig schön machen. Der Maler macht einige Gestaltungsvorschläge und bespricht diese ausführlich mit dem Paar. Maler und Kunde investieren viel Zeit in die Planungsphase. Schließlich erhält der Maler den Auftrag. Es wird vereinbart, dass es in der ersten Oktoberwoche losgehen soll. Es ist Anfang Oktober und die beiden Senioren warten auf den Maler. Sie haben alle Schränke ausgeräumt, das Porzellan feinsäuberlich verpackt und vom Nachbar die Schränke von der Wand abrücken lassen. Sie haben alle Möbelstücke abgedeckt, die Gardinen abgehängt, den Fernseher in die Küche „umgesiedelt“, letztendlich eine Menge Arbeit investiert, damit der Maler wie geplant loslegen kann. Doch der Maler kommt nicht. Er ruft auch nicht an. In der zweiten Oktoberwoche greift der alte Herr zum Telefon, um mal nachzufragen. Er fragt freundlich „Wann kommen Sie?“ und erhält vom Maler als Antwort: “Gut, dass Sie sich melden. Ich wollte Sie auch schon anrufen. Wir haben so viel zu tun. Ein wichtiger Auftrag ist mir dazwischengekommen. Wir kommen frühestens in zwei Wochen zu Ihnen. Ich melde mich dann nochmal.“ Der alte Herr glaubt nicht, was er da hört und lässt jetzt erst einmal „Dampf ab“. Zu Recht, oder? Vielleicht gab es für den Maler tatsächlich gute Gründe für eine Terminverschiebung. Das kommt vor. Doch er hat es versäumt, den Kunden zu informieren. Er hat den versprochenen Termin nicht eingehalten. Er hatte sein Terminmanagement nicht im Griff. Der Kunde muss beim Maler nachfragen und bekommt dann von ihm noch mitgeteilt, dass es wichtigere Aufträge als seinen gebe. Das geht nun wirklich gar nicht. Kein Wunder, dass der Kunde jetzt sauer ist. Dieses kleine Beispiel zeugt von massiven Problemen in der Wertschätzung und der Kommunikation. Ein kommunikatives Problem, das dazu führt, dass der Maler schon über einen unzufriedenen Kunden verfügt bevor er überhaupt mit den Malerarbeiten begonnen hat.
Verständnis aufbauen
Wie hätte der Maler reagiert, wenn ihm als Kunde solches widerfahren wäre? Im Beschwerdefall ist es hilfreich, sich in die Situation des Kunden zu versetzen und sich die Frage zu stellen: “Wie hätte ich reagiert?“ Durch die Änderung der Sichtweise wird so für den Kunden und seine Situation Verständnis aufgebaut. Nur ein verständnisvoller Umgang mit dem Kunden vermag es, Beschwerden aufzulösen. Im eingangs geschilderten Beispiel hätte sich der Maler schnell klargemacht, dass das ältere Ehepaar sicher jede Menge Mühe in das Aus- und Umräumen der Wohnung gesteckt und sich auf die beginnenden Malerarbeiten gefreut hat. Er hätte sein eigenes Versäumnis erkannt und nicht von einem anderen „wichtigen“ Auftrag gesprochen, der dem Kunden den Eindruck vermittelte, er sei dem Maler unwichtig. Er hätte die Enttäuschung des Paars verstanden, entsprechend reagiert und nach einer Lösung gesucht.
Lösungen statt Erklärungen
Mit seiner Beschwerde will der Kunde genau das erreichen: eine Lösung. Der Kunde wünscht keine stundenlangen Erklärungen und Entschuldigungen. Er erwartet eine Lösung für sein Problem. Langwierige Erklärungen, warum, wieso und weshalb es zu diesem Problem kam, interessieren ihn nicht. Und eine Sache ist auch wichtig: Dem Kunden sollten zur Lösung des Problems keine vorschnellen Versprechungen gemacht werden, die später nicht gehalten werden können. Denn in unserem Beispielfall war genau das die Ursache allen Übels. Hätte der Maler den versprochenen Termin eingehalten, dann wäre es erst gar nicht zur Beschwerdesituation gekommen. Den nächsten Termin, den er dem Kunden verspricht, muss er also unter allen Umständen einhalten. Eine weitere Beschwerde würde die Geschäftsbeziehung sicherlich nicht nur belasten, sondern beenden.