Das Bundeskabinett hat Ende Mai 2020 ein „Arbeitsschutzprogramm für die Fleischindustrie“ beschlossen. Aufgeschreckt durch zahllose Coronainfektionen in der Fleischindustrie hat die Politik schnell gehandelt, um die schlechten Arbeits- und Lebensbedingungen ausländischer Werkvertragsarbeiter zu verbessern. Doch arbeitsschutzrechtliche Maßnahmen allein sind längst nicht alles, die Regierung plant mehr. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil wird auf der Webseite des BMAS zitiert mit den Worten: „Besonders wichtig ist mir, dass wir die organisierte Verantwortungslosigkeit in Sub-Unternehmerkonstruktionen beenden. Werkverträge beim Schlachten und Verarbeiten von Fleisch werden verboten.“ Ein Werkvertragsverbot in der Fleischindustrie ist für 2021 geplant.
BR Recherche „Kampf gegen Schwarzarbeit – teuer und wirkungslos?“
Undurchsichtige Sub-Unternehmerstrukturen, ausgenutzte ausländische Arbeiter, die nicht nur schlecht bezahlt, sondern unter menschenunwürdigen Umständen leben müssen, sind nicht nur in der Fleischindustrie anzutreffen. BR Recherche hat sich diesem Thema angenommen. Der Film zur Recherche „Kampf gegen Schwarzarbeit – teuer und wirkungslos?“ wurde am Montagabend um 22:45 Uhr als „Story im Ersten“ ausgestrahlt. Er zeigt unter anderem wie rumänische Malerarbeiter unter prekären Wohnbedingungen leben müssen. Für ihre Arbeit am Bau erhalten sie nur geringe Lohnabschläge in bar und werden obendrein noch um ihren vollen Lohn geprellt. Dieses „Geschäftsmodell“ skrupelloser Abzockerfirmen ist Insidern bestens bekannt. Leidtragende dieser Machenschaften sind neben den betroffenen Bauarbeitern, vor allem die ehrlichen und gesetzestreuen Handwerksunternehmen, die dieser Billigkonkurrenz hilflos ausgeliefert sind. Sie können ihre Arbeitsleistung zu solchen Niedrigpreisen nicht anbieten und haben daher bei der Auftragsvergabe das Nachsehen. Aber auch dem Staat gehen jede Menge Steuern und Sozialabgaben verloren. Wie BR Recherche berichtet, beziffert die Sozialkasse Bau den gesamtwirtschaftlichen Schaden, der in den letzten fünf Jahren nur in Berlin und nur im Baugewerbe entstanden sein soll, mit satten 315 Millionen Euro. Wow! Der Zuschauer ahnt, welcher Betrag zum Vorschein käme, würde die Berechnung nicht nur für Berlin, sondern für Gesamtdeutschland erfolgen.
Für die Aufdeckung von Schwarzarbeit, illegale Beschäftigung und Lohndumping am Bau ist die Finanzkontrolle Schwarzarbeit beim Zoll, kurz FKS, zuständig. Doch wie in der „Story im Ersten“ zu erfahren ist, steht diese zunehmend in Kritik. So wird ihr nicht nur vom Bundesrechnungshof „fehlende Effizienz“ bescheinigt.
Davon weiß auch Felix Diemerling, Malerunternehmer aus Frankfurt am Main, ein Lied zu singen. Er greift daher zur Selbsthilfe. Schwarzarbeit hat viele Gesichter. Nur in der Handwerksrolle eingetragene Malerbetriebe dürfen Malerleistungen anbieten. Diemerling geht daher gezielt auf Suche, spürt Verdachtsfälle auf und prüft diese. Das BR-Rechercheteam begleitet ihn bei seiner Jagd nach illegalen Billigkonkurrenten. Der Zuschauer sieht Diemerling in Aktion. Bestätigt sich der Verdacht wird der illegal tätige Konkurrent ganz legal durch die Malerinnung Rhein-Main abgemahnt. Als Mitinitiator der Initiative Faires Handwerk setzt er so selbst ein Zeichen gegen Schwarzarbeit.
Zeichen setzen am Bau
Ein Zeichen setzen, das könnte auch die Bundesregierung, und zwar nicht nur in der Fleischindustrie. Der gesamtwirtschaftliche Schaden ist immens. Die Lebens- und Arbeitsbedingungen ausländischer Arbeiter sind katastrophal und Chancengleichheit für ehrliche Handwerksbetriebe ist in der Bauwirtschaft nicht mehr gegeben. Das alles muss nicht sein, das geht auch anders.
+++ TV-Tipp +++
Wer die Story im Ersten „Kampf gegen Schwarzarbeit – teuer und wirkungslos?“ verpasst hat, kann sich diese noch in der ARD-Mediathek anschauen: https://www.daserste.de/information/reportage-dokumentation/dokus/videos/kampf-gegen-schwarzarbeit-teuer-und-wirkungslos-video-102.html
+++ Lese-Tipp +++
Ein Interview mit Malermeister Felix Diemerling lesen Sie hier: Initiative Faires Handwerk – Der Ehrliche soll nicht mehr der Dumme sein