Die GroKo ist Realität. Jetzt geht es darum, den Koalitionsvertrag umzusetzen. Dieser sieht unter anderem die Einführung eines Mindestlohns für Auszubildende vor. Malerblog.net berichtete (Artikel: Kommt der Mindestlohn für Auszubildende?)
Derzeit wird das Thema öffentlich diskutiert. Die Befürworter des Azubi-Mindestlohns machen für die hohe Abbruchquote die Bezahlung der Azubis verantwortlich. Diese sei in vielen Branchen einfach zu gering und ein Mindestlohn daher überfällig. Dies ruft die Kritiker auf den Plan, denen diese Argumentation zu kurz greift. Auch ZDH-Generalsekretär Holger Schwannecke meldete sich in der aktuellen Diskussion zu Wort und macht deutlich, dass es im Handwerk keinen Zusammenhang zwischen Ausbildungsvergütung und Ausbildungsabbruch gebe.
Schwannecke sagt: „Wir im Handwerk wollen Fachkräfte qualifizieren und an uns binden. Insofern bedauern wir, wenn Auszubildende vorzeitig ihre Lehre abbrechen. Und wir analysieren die Ursachen. Dabei stellen wir fest: Vorzeitiges Beenden von Ausbildungsverträgen hat sehr unterschiedliche Ursachen. Ein Großteil hat die Ausbildung nicht wirklich abgebrochen, sondern nur den Vertrag gelöst und setzt die Ausbildung in einem anderen Betrieb fort. Ein Wechsel ist umso leichter, je größer das Ausbildungsangebot ist.
Die Aussteigerzahlen müssen aber auch im Verhältnis zu anderen Bildungsbereichen gesehen werden. Im Vergleich zum akademischen Bereich sind die Ausbildungsabbrüche im Handwerk deutlich geringer. Mit ausbildungsbegleitenden Hilfen und der Assistierten Ausbildung stehen Auszubildenden zudem Unterstützungsinstrumente bei fachlichen und persönlichen Schwierigkeiten zur Auswahl, die noch bekannter gemacht werden müssen.
Die in jüngster Zeit zunehmende Vertragslösungsquote ist auch auf die steigende Zahl von geflüchteten Auszubildenden zurückzuführen. Sprachdefizite und unzureichenden Kenntnisse im Rechnen, Schreiben und Lesen führen zu Problemen vor allem in der Berufsschule und damit leider auch zu Ausbildungsabbrüchen.
Die Ausbildungsvergütung ist selten der Grund für den Abbruch einer Ausbildung. Schornsteinfeger-Azubis verdienen zum Beispiel deutlich weniger als der Schnitt und haben dennoch eine unterdurchschnittliche Vertragslösungsquote. Auszubildende in Maurerbetrieben hingegen verdienen deutlich mehr als der Schnitt, ihre Vertragslösungsquote hingegen ist überdurchschnittlich.
Wir dürfen auch nicht die Themen Ausbildungsvergütung und Lohn in einen Topf werfen. Die Ausbildungsvergütung ist kein Lohn oder Gehalt, sondern ein Zuschuss zum Lebensunterhalt. Dazu kommen dann noch das Kindergeld und weitere soziale Förderungen. Azubis sind keine voll einsatzfähigen Arbeitskräfte, sondern lernen noch. Die Höhe der Ausbildungsvergütungen orientiert sich an der Leistungsfähigkeit der ausbildenden Betriebe und den steigenden Einsatzmöglichkeiten der Auszubildenden zusammen. Hinzu kommt, dass es regionale wie auch branchenbezogene Unterschiede bei den Auszubildenden-Entgelten gibt. Je nach Region und Branche können die Ausbildungsvergütungen deutlich variieren. Eine generelle starre Untergrenze für Ausbildungsvergütungen würde dieser Vielfalt und den regionalen wie branchenüblichen Besonderheiten in keiner Weise gerecht. Deswegen kann nur ein branchenspezifischer Ansatz eine Lösung sein. Darüber sollten aber die Sozialpartner entscheiden und nicht die Bundesregierung. Wir wollen auf keinen Fall, dass die Tarifautonomie ausgehebelt wird. Um Auszubildende besser zu unterstützen, wäre das Azubi-Ticket eine Möglichkeit. Schließlich bekommt auch ein Student während seiner Ausbildung Vergünstigungen, wie das Semesterticket.“