Die Materialknappheit auf deutschen Baustellen hat ihren Höchststand seit 1991 erreicht. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Umfrage des ifo Instituts. So lag im Hochbau der Anteil der Unternehmen, die Knappheit meldeten, im Mai bei 56,6 Prozent, nach 54,2 Prozent im Vormonat. Im Tiefbau wurden 44,8 Prozent ermittelt. Von diesen Unternehmen berichteten wiederum 91,1 Prozent, dass der Krieg in der Ukraine die Materialengpässe verschärft habe.
Eine Ursache für die drastische Verstärkung der Lieferprobleme bei Baustoffen sieht auch ifo Forscher Felix Leiss im Ukraine-Krieg. „Besonders knapp ist derzeit Baustahl, der oft aus Russland oder der Ukraine importiert wurde. Auch beim Bitumen kommt es zu Problemen. Mancherorts klagten die Betriebe auch über einen Mangel an Ziegelsteinen. Dämmstoffe waren bereits vor Kriegsbeginn vielerorts knapp, aber auch hier hat sich die Situation weiter verschlechtert“, sagt Leiss.
Doch fehlendes Material ist nur ein Problem, mit dem sich die Baufirmen konfrontiert sehen. Eine Verknappung führt unweigerlich zu Preisanstiegen. Und die derzeit steigenden Energiekosten treiben die Preise noch weiter nach oben. Die Verteuerungen geben die Baufirmen an die Bauherren weiter. Die Folge dieser Preisspirale zeigt sich auch in der ifo-Umfrage. Leiss stellt fest: „Aufgrund der steigenden Baukosten und der höheren Zinsen kommt es nun besonders im Wohnungsbau vermehrt zu Auftragsstornierungen.“
Im Hochbau haben laut ifo ein Großteil der Unternehmen, die Preise kürzlich nach oben revidiert, während im Tiefbau es vielerorts ebenfalls zu Erhöhungen kam, aber nicht ganz so häufig wie im Hochbau. Der Zusammenhang zwischen Preiserhöhungen und Auftragsstornierungen liegt beim Blick auf das Umfrageergebnis auf der Hand. So berichteten im Mai 13,4 Prozent der Hochbauer von Stornos, im April waren es noch 7,5 Prozent und im März 4,6 Prozent. Im Tiefbau waren es 8,8 Prozent, nach 9,3 Prozent im April.
Doch Panik ist fehl am Platz. So stellt das ifo Institut am Ende fest: Insgesamt sind die Auftragsbücher aber immer noch prall gefüllt.