Im Malerhandwerk „wütet“ vielerorts ein harter Preiskampf. Es gibt immer einen, der die Arbeit noch einen Ticken günstiger anbieten kann. Übrig bleibt bei manchen Wut und Frust. Andere wiederum gehen die Sache anders an – und gewinnen auf ganzer Linie.
Neue Wege gehen – anders sein
Fürstenfeldbruck an einem sonnigen Wintertag. Hinter dem großen Rolltor einer geräumigen Werkstatt stehen acht Malermeister und Malermeisterinnen konzentriert an ihren Arbeitsplätzen und hängen an den Lippen des Mannes, der mit Kelle und Putz gestikulierend alle Aufmerksamkeit auf sich zieht.
Es ist Robert Paulus. Er bringt heute keine edle Gestaltung bei einem Kunden an die Wand. Nein, er zeigt anderen Malermeistern wie das geht. Ein Workshop also – vom Maler für den Maler – ist gerade in vollem Gange. Wie kann das sein? Warum zeigt ein Malermeister anderen wie hochwertige Techniken entstehen? Die Antwort ist einfach und genial zugleich.
Alles außer gewöhnlich und alles außergewöhnlich
Robert Paulus weiß genau, was er tut. Seit mehreren Jahrzehnten ist er im Geschäft. Er begann mit klassischen Standardarbeiten in seinem Lehrbetrieb. Eben mit dem, was alle machen. Zu Preisen, die alle nehmen. Doch er merkt sehr schnell, dass das nicht alles sein kann: „Mit wurde früh klar, dass ich mehr will als nur Wände weiß streichen. Ich will die kreative Herausforderung, die Spaß macht. Ich will dem Kunden etwas bieten, was er so nicht kennt“, erklärt Paulus sein Bestreben. Er bietet seinen Kunden edelste und hochwertigste Oberflächen mit außergewöhnlichen Designs an, die er in seiner Ausstellung permanent neu erfindet und darstellt. Mit dieser schier unendlichen Kreativität avanciert er schnell zum „Oberflächenpapst“ der Branche, hat über 15 000 Follower auf Facebook und spricht mit seinen Arbeiten eine ganz bestimmte Kundengruppe an. Damit ist er raus aus dem harten Preiskampf der vergleichbaren Standardarbeiten. Hochwertige Designs kosten eben Geld – das versteht auch der Kunde.
Nadja Bender: „Eine Wand weiß streichen, das kann jeder“ |
Dem Preiskampf ein Schnippchen schlagen
Als wäre das nicht schon einzigartig genug, geht er jetzt noch einen Schritt weiter. Zusammen mit Alexander Baumer, Malermeister aus Regensburg, entwickelte und bringt er eigenständig eine hochwertige Materiallinie für innovative, außergewöhnliche und besondere Oberflächen auf den Markt: Lamurista. Eine Marke ist geboren. Zusammen sind Paulus und Baumer die „Wandsinnigen“.
Baumer ist wie Paulus einer, der über den Tellerrand schaut und sich ebenfalls viele Gedanken über das Malerhandwerk und vor allem den Verfall der Preise macht. Viele Aufträge zu übelsten Preisen? Nicht für ihn. In seinem Anfang des Jahres veröffentlichten, fast eine halbe Million mal gelesenen und viel diskutierten Blog-Artikel „Das Handwerk schafft sich ab – Selbstzerstörung vom Feinsten“ spricht er das an, was fast alle denken und bringt seine Meinung auf den Punkt. Auch er hat seinen Betrieb längst von Standardarbeiten auf hochwertige Designs umgestellt: „Ich habe festgestellt, dass man nicht ein bisschen auf hochwertig machen kann, aber sonst mit Standardarbeiten sein Auskommen bestreitet. Das nehmen einem die Kunden nicht ab“, sagt er.
Seine Art am Markt zu agieren, verändert die Sichtweise der Kunden. So erzählt er, dass ein Kunde ihn sogar schon mit den Worten angerufen habe: „Herr Baumer, Sie können kommen, die Maler sind fertig“, um ihm mitzuteilen, dass er nun die kreative Wandgestaltung anbringen könne.
Vom Verarbeiter für den Verarbeiter
In der Werkstatt in Fürstenfeldbruck wird inzwischen weiter gespachtelt und die Ergebnisse der Oberflächen in Rost- oder Betonoptik bewundert. Paulus und Baumer zeigen in ihren Workshops wie ihr Produkt Lamurista verarbeitet wird. Ihr Anspruch ist dabei natürlich hoch: „Wir sind beide Malermeister mit eigenen Betrieben und damit auch Verarbeiter“, erklärt Baumer und meint: „Wir wollen anderen Verarbeitern ein hochwertiges Material zu vernünftigen Preisen bieten, mit dem wir selbst arbeiten und von dem wir überzeugt sind, dass es sich technisch gut und einfach verarbeiten lässt.“ Und Paulus setzt noch einen drauf: „Wir haben den Anspruch etwas Besseres zu verarbeiten und zu verkaufen als das, was es bereits am Markt gibt.“
Weg vom Mainstream
Die Art und Weise der Materialverarbeitung spielt dabei eine große Rolle: „Wir wollen die Leute mit Lamurista auf keinen Fall in ein Korsett zwängen. Die Kunden sollen ihre Kreativität mit den Materialien ausleben können. Wir haben Produkte, mit denen sich unsere Kunden immer wieder neu erfinden und neue Oberflächen erstellen können“, sagt Paulus und Baumer ergänzt: „Wir wollen diejenigen an die Hand nehmen und mit Lamurista erreichen, die genau wie wir einen anderen Weg gehen wollen.“ Das bestätigt auch die Nachfrage bei den Workshop-Teilnehmern. Malermeisterin Nadja Bender sagt: „Ich möchte meinen Kunden genau diese hochwertigen Arbeiten näher bringen, weil die meisten Leute es einfach nicht kennen. Der Maler hat allgemein einen relativ schlechten Ruf, damit kann und will ich mich nicht identifizieren. Eine Wand weiß streichen, das kann jeder.“ Und auch das Duo Jürgen Schilling und Kai Richard vom gleichnamigen Malerbetrieb ist sich einig und bringt seine Firmenphilosophie in nur zwei Sätzen auf den Punkt: „Wir wollen nicht mit der Masse schwimmen. Wir sind kein Betrieb von der Stange und wollen nicht nur mit Standard arbeiten.“ Kein Betrieb von der Stange ist auch der Malerbetrieb von Julia Horlacher. Sie merkte schon in der Ausbildung, dass ihr individuelle Wandgestaltungen Spaß machen. Mit ihrem eigenen Meisterbetrieb kann sie jetzt ihre Kreativität ausleben und freut sich mit Lamurista ein Material gefunden zu haben, das ihr genau das ermöglicht. Sie sagt: „Ich will mich auf eine ganz spezielle Kundengruppe mit diesen hochwertigen Oberflächen spezialisieren. Die Oberflächen von Lamurista sind der Wahnsinn, gut zu verarbeiten und ich bekomme so etwas ganz sicher nicht beim Großhandel.“
Schilling & Richard: „Wir sind kein Betrieb von der Stange.“ |
Nicht unter Wert verkaufen
Die Wertschätzung ihrer Teilnehmer ist für Paulus und Baumer die beste Bestätigung. Sie geben nicht nur Feedback beim Erstellen der Techniken und stehen den teilnehmenden Malermeistern mit Tipps, Tricks und Rat zur Seite. Sie reden vor allem auch offen über Preise und darüber wie die Arbeiten zu verkaufen sind: „Wir sagen den Leuten klipp und klar, dass sie sich und ihre Arbeit nicht unter Wert verkaufen dürfen“, erzählt Paulus und gibt zu bedenken: „Unser Handwerk ist mehr und mehr zum Erfüllungsgehilfen verkommen. Auch deshalb tobt der Preiskampf. Es gibt vielfach keine Wertschätzung mehr. Das wollen wir ändern.“ Dass man mit hochwertigen Arbeiten durchaus Wertschätzung erfahren kann, bestätigen beide: “Es gibt Kunden die freuen sich einfach so sehr auf eine neu gestaltete Arbeit in ihren Räumen, selbst dann, wenn sie darauf einige Wochen oder gar Monate warten müssen.“
Julia Horlacher: „Die Oberflächen von Lamurista sind der Wahnsinn.“ |
Nische besetzen
Dass der Bedarf an hochwertigen Oberflächen beim Endkunden da ist, ist längst kein Geheimnis mehr. Aber auch hier gilt es, heraus zu stechen. Die „Wandsinnigen“ Paulus und Baumer besetzen mit Lamurista eine Nische, die Luxus an die Wand bringt. „Die Welt verändert sich. Die Kunden geben für diese hochwertigen Arbeiten gerne Geld aus“, erklärt Baumer. Das wohl auch deshalb, weil Paulus und Baumer in ihrer Art, wie sie Dinge Menschen näher bringen, für Glaubwürdigkeit und Authentizität stehen. Beide leben und lieben was sie tun. „Wir sind mit Herzblut, Überzeugung und Wille bei der Sache“, sagt Paulus und lächelt: „Vielleicht sind wir auch ein bisschen verrückt, aber auf jeden Fall machen wir etwas anders als alle anderen. Das ist der Unterschied.“