„Malerarbeiten sind sehr individuell. Jede Baustelle ist anders. Eine Planung, wie in einem Industriebetrieb ist bei uns nicht möglich“, so fasste unlängst ein gestandener Malermeister seine Einschätzung in Sachen „Arbeitsvorbereitung“ zusammen. Und mit dieser Einschätzung steht er nicht alleine da. So ist es in vielen Malerbetrieben immer noch üblich, dass Baustellen ohne konkrete Vorgaben abgewickelt werden. Am Ende der Ausführung stellt man dann fest, dass die Baustelle schief gelaufen ist. Und meistens wird dann auch schnell eine Ursache dafür gefunden. Es lag „am ungenügend vorbereiteten Untergrund“, an „den längeren Trocknungszeiten aufgrund der Witterung“, an „den Sonderwünschen des Kunden“ oder an sonst irgendwas. Irrtum. In den meisten Fällen liegt die Ursache in der mangelnden Arbeitsvorbereitung!
Arbeitsvorbereitung – was heißt das?
Wenn wir von Baustellen reden, dann reden wir von Mitarbeitern. Über 80% der Wertschöpfung eines Malerbetriebs werden von seinen Mitarbeitern erzielt. Und hier liegen Erfolg oder Misserfolg dicht beieinander: In aller Regel werden dem Unternehmen für die ausgeführten Arbeiten Flächen-, Längen- oder Stückpreise gezahlt. Die Mitarbeiter hingegen werden nach Zeitlohn entlohnt. Damit ist sofort klar: Der Mitarbeiter bekommt sein Geld unabhängig davon, ob er die in einer Arbeitsstunde theoretisch mögliche Arbeitshöchstmenge leistet oder nicht. Das ist das Problem des Zeitlohns. Da wird die bloße Anwesenheit entlohnt. Entscheidend für den Erfolg der Baustelle ist jedoch die in der Anwesenheitszeit erbrachte Leistung. Die Arbeitsvorbereitung läuft damit auf zwei Hauptbereiche hinaus: Einerseits muss ein zeitlicher Horizont definiert werden und andererseits muss die Arbeit an sich optimal organisiert werden.
Baustelle zeitlich planen
Wie lange braucht man, um beispielsweise eine Raufasertapete zu tapezieren oder einen Strukturputz aufzuziehen? Das genau ist die Frage nach dem Zeithorizont der Baustelle aus technischer Sicht. Wer sein Malerunternehmen eine gewisse Zeit betreibt, der wird solche Herstellungszeiten gut abschätzen können und wenn nicht, dann können Sie Herstellerangaben zu Rate ziehen oder die einschlägigen Kalkulationsverzeichnisse nutzen. Aber Vorsicht: Immer müssen Sie die konkrete Situation der Baustelle beachten. Es ist ein Unterschied, ob Sie 1000 qm Kalkputz am Stück herstellen oder ob Sie die 1000 qm auf 4 Stockwerke und 3 Treppenhäuser aufteilen. Hier müssen Sie die Anforderungen der Baustelle „lesen“ und in Ihre Vorgabewerte einfließen lassen. Und einen zweiten Gesichtspunkt dürfen Sie nicht vergessen: Den Preis. Sie haben den Auftrag zu einem bestimmten Preis erhalten und – vorausgesetzt Ihr Preis beruht auf einer halbwegs soliden Kalkulation – damit sollten Sie die Arbeit auch zu diesem Preis ausführen können. Hier gilt: Ist der Preis knapp kalkuliert oder gar zu niedrig, dann haben Sie immer noch die Chance dies mit einer besseren Baustellenorganisation wett zu machen.
Baustelle organisatorisch planen
Jetzt stellen Sie sich bestimmt die Frage, wie das gehen soll. Wie kann man mit einer besseren Baustellenorganisation einen schlechten Auftragspreis „retten“? Ganz einfach, indem Sie dafür sorgen, dass die Arbeiten auf der Baustelle optimal ablaufen. Hierzu bieten sich vor allem vier Ansatzpunkte:
- Mitarbeitereinsatz. Einerseits stellt die Baustelle bestimmte technische Anforderungen an Ihren Betrieb. Anderseits haben Ihre Mitarbeiter unterschiedliche technische Fähigkeiten. Es gilt die optimale Kombination für die Baustelle zu finden. Dabei sollten beispielsweise die hoch qualifizierten Kräfte nur für hoch qualifizierte Arbeiten eingesetzt werden. Wenn also Ihr „Kreativmaler“ die Baustelle einrichtet und die Böden abdeckt, dann macht er dies zwar vielleicht sehr gut, aber das könnte ein Bauhelfer wohl auch erledigen – zum günstigeren Kostensatz.
- Technisierungsgrad. Bestimmte Arbeiten erfordern bestimmte Geräte. Das ist klar und hier nicht gemeint. Manchmal kann jedoch Arbeitszeit durch den Einsatz von Geräten reduziert werden. Denken Sie beispielsweise an die Beschichtung einer Fassade mittels Airless-Verfahren statt mit der klassischen Rolle. Natürlich sollte hier immer eine Vergleichsrechnung zwischen der Zeitersparnis durch den Geräteeinsatz und den dadurch verursachten Mehrkosten (Geräte, Material) durchgeführt werden.
- Arbeitsplanung. Stellen Sie sich vor, Sie haben im Rahmen einer Renovierungsmaßnahme unter anderem auch Heizkörperanschlüsse zu streichen. Sie können nun entweder Raum für Raum renovieren und immer wieder die Anschlüsse streichen, oder Sie streichen alle Anschlüsse des Objekts ganz zum Schluss. Wo liegt der Unterschied? In der zeitlichen Zusammenfassung gleicher Arbeitsschritte. Und was bringt Ihnen das? Nun, in einem mittleren Objekt lag der Unterschied zwischen 6 Stunden und 2 Tagen. Das sind einige hundert Euro Kostenersparnis bei der gleichen Arbeitsleistung.
- Materialbedarf. Ihre Mitarbeiter sollen bestimmte Materialien verarbeiten. Es ist Ihre Aufgabe dafür Sorge zu tragen, dass das benötigte Material zum richtigen Zeitpunkt auf der Baustelle ist. Der Materialfluss hat sich an der Arbeitsorganisation zu orientieren und nicht umgekehrt. Und es darf nichts fehlen, denn fehlendes Material führt zu Wartezeiten, die Ihr Geld kosten.
Zielsetzung durch Arbeitsvorgaben
Haben Sie die Baustelle in zeitlicher und organisatorischer Hinsicht geplant, dann muss die Planung Grundlage der Arbeitsausführung werden. Die Mitarbeiter müssen die Planung als Vorgabe an die Hand bekommen, sodass tagtäglich damit gearbeitet wird. Hierbei hat sich das Instrument der „Zeitvorgabeliste“ bewährt. Das ist eine Form der Arbeitsanweisung, die einerseits eine Beschreibung der auszuführenden Leistungen und andererseits eine Bauzeitvorgabe enthält. Die Mitarbeiter wissen damit genau, was zu tun ist und in welcher Zeit. Bestenfalls werden noch Informationen zum Materialbedarf und ein Geräteverzeichnis ergänzt. So sind alle notwendigen Arbeitsmittel und Werkstoffe auf der Baustelle, wenn sie benötigt werden. Die Mitarbeiter können sich auf ihre produktive Arbeit konzentrieren.
Vorsicht: Planungshorizont
Das was hier zunächst beschrieben wurde, ist die Totalplanung: Sie haben die Baustelle vor Beginn genau betrachtet und die einzelnen Schritte durchgeplant. Für kleinere Baustellen ist das in der Regel gut möglich und auch sinnvoll. Wenn allerdings Ihre Baustelle etwas größer ist, dann werden Sie auf zwei Problem treffen:
Problem 1: Je größer die Baustelle ist, desto schlechter können die einzelnen Arbeitsschritte vorausgesagt werden. Das liegt zum einen oft an Abhängigkeiten mit anderen auf der Baustelle tätigen Gewerken und zum anderen daran, dass mit steigendem Zeitbedarf die Wahrscheinlichkeit, dass sich über die Zeit etwas ändert stark zunimmt. Denken Sie im einfachsten Fall an Ihre Mitarbeiter – wie können Sie heute sicher sein, dass nicht nächste oder übernächste Woche jemand krank wird?
Problem 2: Je umfangreicher Ihre Arbeitsvorgabe wird, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass Ihre Mitarbeiter die darin vorgegebenen Arbeitsabläufe nicht mehr erkennen und die zur Verfügung stehende Zeit nicht mehr einschätzen können.
Die Lösung: kleine „Teil-Baustellen“
Die Lösung liegt in der Dekomposition der Baustelle, das heißt in der Aufgliederung in kleinere Einheiten. Diese „Arbeitspakete“ sollten so gewählt werden, dass Sie einerseits in der Lage sind, dem Mitarbeiter ein gewisses Maß an Eigenverantwortung für seine Arbeit zu übertragen und andererseits die an ihn gerichtete Leistungsanforderung nicht zu groß, also für ihn noch zu überblicken ist. Im Gegensatz zur Totalplanung bedienen Sie sich eines sukzessiven Vorgehens. Sie machen zunächst eine Grobplanung für das gesamte Projekt und planen dann ein Arbeitspaket für bestimmte Leistungen ganz detailliert. Ist dieses Arbeitspaket weitgehend bearbeitet, dann planen Sie das nächste Paket. Hierbei lassen Sie natürlich aktuelle Entwicklungen und Änderungen auf der Baustelle mit einfließen. Ihre größere Baustelle wird so zu kleinen „Teil-Baustelle“, für die Sie jeweils Zeitvorgaben, Materialbedarf und gegebenenfalls Geräteverzeichnis erstellen.
Diesen Beitrag schrieb: Thomas Scheld, Geschäftsführender Gesellschafter der C.A.T.S.-Soft GmbH mit langjähriger Erfahrung in der Beratung von Handwerksbetrieben |