Durch die digitale und mobile Telefonie sind wir Menschen fast ununterbrochen für andere erreichbar, egal, wo wir uns gerade befinden. Doch was als Privatperson noch geschätzt wird, kann für einen Unternehmer lästig sein. Schließlich hat jeder Mensch ein Recht auf Feierabend, Freizeit und Urlaub. Das sollte und muss auch von der Kundschaft respektiert werden. Häufig ist es aber nicht nur der Kunde, der sich nicht an soziale Regeln hält, sondern der Malerunternehmer macht sich den Stress selbst. Er sitzt mit seiner Familie beim Abendbrot, das Telefon klingelt, er unterbricht die Mahlzeit und bespricht mal eben das am Vortag an den Kunden versandte Angebot. In seinem Sommerurlaub besänftigt er einen Kunden, der einen Riss in seiner neu verputzten Hausfassade entdeckt hat. Und kurz vor dem Zubettgehen werden allabendlich E-Mails und WhatsApp-Nachrichten abgerufen, sodass im Anschluss oft an Schlaf nicht mehr zu denken ist.
Das Ziel: Erhaltung der Chef-Gesundheit
Doch es geht noch weiter: 60-Stunden-Wochen sind für viele Malerunternehmer keine Seltenheit. Während Einzelkämpfer noch auf der Baustelle aktiv mitarbeiten, eilen andere von Baustelle zu Baustelle und von Besprechung zu Besprechung. Die umfangreiche Büroarbeit und ein hoher Bürokratieaufwand kommen in beiden Fällen noch dazu. Das Arbeitszeitgesetz mit seiner Höchstgrenze von 48 Stunden pro Woche gilt ausschließlich für Arbeitnehmer. Es schützt also nicht Selbständige und Unternehmer vor Selbstausbeutung. Unternehmer sind vielmehr für sich selbst verantwortlich. Der Staat, die Gesellschaft, der Gesetzgeber interessieren sich nicht für sie. Sie müssen für sich selbst sorgen. Das Arbeitszeitgesetz kann ihnen aber hierbei als Orientierung und Gradmesser dienen, denn die dort festgesetzte Höchstarbeitszeit basiert auf arbeitswissenschaftlichen und arbeitsmedizinischen Erkenntnissen und Erfahrungen zur Erhaltung der menschlichen Gesundheit.
Viele Leser denken jetzt sicherlich: Das alles lässt sich leicht sagen und schreiben. Fest steht, dass gerade in Zeiten voller Auftragsbücher die anfallende Arbeit erledigt werden muss. Da führt kein Weg dran vorbei. Wie also soll sich der Malerunternehmer vor Selbstausbeutung schützen?
Selbst-ständig; Selbst-Ausbeutung; Selbst-Organisation
Die Antwortet lautet „Selbstorganisation“. Selbstorganisation heißt „Arbeit an sich selbst“. Dafür muss der Malerunternehmer in der Lage sein, sich und seine tägliche Arbeit zu hinterfragen und in Frage stellen zu können. Selbst-Organisation, das bedeutet, man soll und muss sich selbst (anders) organisieren. Das übernimmt niemand für einen selbst. Das muss man selbst machen. Natürlich heißt dies nicht, dass von morgen an, das Leben völlig anders zu laufen hat. Selbstorganisation hat viel mit Erkenntnis, Umdenken und Veränderungen zu tun. Und Veränderungen brauchen Zeit. Sie sind behutsam herbeizuführen und können nicht von heute auf morgen umgesetzt werden. Wer aber tatsächlich dem Hamsterrad entkommen will, wird dies aktiv angehen und über kurz oder lang erste Erfolge verzeichnen können. Die folgenden Tipps sollen helfen, sich selbst und seine Arbeit zu reflektieren und bei Bedarf genau diese Veränderungen vorzunehmen.
Tipp 1: Stand-by-Modus ändern
Wie eingangs beschrieben, sind Mobiltelefone aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken. Sie sind Fluch und Segen zugleich. Den „Fluch“ gilt es zu bekämpfen, denn die ständige Erreichbarkeit wird zum Zeitdieb und kostet private Lebenszeit. Genau dazu darf es aber nicht kommen, denn wer sich ständig im Stand-by-Modus befindet, spielt mit seiner Gesundheit und setzt sein Familienleben aufs Spiel. Daher sollte strikt Privates und Berufliches voneinander getrennt werden.
Malerunternehmer, die das erkannt haben, nutzen zunehmend ein ausschließlich beruflich genutztes Zweithandy, das auch mal zur Seite gelegt und die Mailbox aktiviert werden kann. Und auf dem betrieblichen Festnetzanschluss wiederum versieht in Abwesenheitszeiten ein Anrufbeantworter seinen Dienst. Wichtig ist, dass es feste Erreichbarkeitszeiten gibt bzw. Rückrufwünsche eines Kunden immer erledigt werden. Das berufliche Mobiltelefon sollte am Abend – vor dem Abendbrot – ausgeschaltet und erst am Morgen – nach dem Frühstück – wieder genutzt werden. So ist sichergestellt, dass keine Anrufe oder unangenehmen Nachrichten die abendliche Familienzeit oder die Nachtruhe stören. Im Gegensatz zu anderen Gewerken haben Malerunternehmer den großen Vorteil, dass sie keinen Notfalldienst vorhalten müssen. Warum sollte der Malerunternehmer dann aber ständig „stand-by“ sein? Dafür gibt es keinen Grund.
Tipp 2: Tagesaufgaben planen
Eine bekannte Faustregel besagt, dass zehn Minuten Planung eine halbe Stunde Zeit spart. Diesem Grundsatz folgend, sollten am Morgen im Büro die anstehenden Aufgaben gesichtet und gewichtet werden. Wichtiges und Eiliges ist natürlich zuerst zu erledigen. Bei der Priorisierung ist objektiv vorzugehen und nicht nach dem persönlichen Lustprinzip. Das versteht sich von selbst. Durch eine gute Aufgabenplanung kann der Tag vernünftig und effizient strukturiert werden. So schiebt man keine Aufgaben vor sich her und läuft auch keinen hinterher. Eine gute Organisation hilft jede Menge Zeit sparen.
Tipp 3: Delegieren lernen
Bei der Aufgabensichtung zeigt sich zudem, dass nicht jede Aufgabe vom Chef persönlich abgewickelt werden muss. Gewohnheit und Bequemlichkeit haben den Malerunternehmer oft im Laufe der Zeit blind werden lassen, dies zu erkennen. Auch das Nicht-los-lassen-können hält ihn davon ab, Aufgaben an Mitarbeiter abzugeben. „Bis ich das erklärt habe, mache ich es lieber selbst…“ – so lautet eine häufig gebrauchte Ausrede des Chefs. Doch das ist zu kurz gedacht. Denn wer sich die Zeit nimmt, den Mitarbeiter einzuweisen, der spart sich künftig jede Menge Zeit. Dieses Umdenken zu erlernen, ist ein wesentlicher Bestandteil der Selbstorganisation. Denn Selbst-Organisation heißt nicht, alles selbst machen zu müssen. Eine professionelle Führungskraft zeichnet sich durch eine effiziente Aufgabendelegation aus.
Tipp 4: Fixe Bürozeiten planen
Für Handwerker ist die Arbeit auf der Baustelle das A und O. Hier wird das Arbeitsergebnis abgeliefert, das der Kunde bezahlt. Die Arbeit im Büro bleibt gerne liegen. Hier siegt nicht selten das Lustprinzip und das ist nicht gut, denn die Stapel auf dem Chef-Schreibtisch wachsen und wachsen. Das verursacht letztendlich Frust und noch größere Unlust. Daher sollte sich jeder Malerunternehmer feste Bürozeiten einrichten, in denen er kontinuierlich seine Büroarbeit erledigt. So wachsen Aktenberge nicht ins Uferlose. Das senkt den Stresspegel erheblich und wichtige Büroarbeiten, die für den Bestand des Unternehmens existenziell sind, bleiben nicht liegen, sondern werden zeitnah erledigt. Malerunternehmer, die die Selbstorganisation beherrschen, erkennen schnell: Keine Arbeit erledigt sich von alleine. Daher werden im Malerbüro wie auf der Baustelle anstehende Arbeiten zeitnah erledigt. Malerunternehmer, die unter „Aufschieberitis“ leiden, werden hingegen ihr Ziel nie erreichen.
Tipp 5: Pausen fest einplanen
Wer arbeitet, muss auch Pause machen. Das gilt für die Mitarbeiter wie für den Chef. Auch der Malerunternehmer sollte sich daher feste Pausenzeiten am Tag gönnen. Das kann das Mittagessen zuhause oder eine regelmäßige Kaffeepause in einem netten Stehcafé sein. Eine etwas längere Pause vom Alltagsstress wird übrigens Urlaub genannt. Für Arbeitnehmer schreibt der Gesetzgeber bei einer 5-Tage-Woche 20 Urlaubstage vor. Dies sollte für den Malerunternehmer ebenfalls als Richtgröße gelten. Denn wer arbeitet, muss auch Pause machen.
Freie Zeiten, in denen Körper und Geist mal entspannen und zur Ruhe kommen können, sind für Inhaber und Führungskräfte jeder Betriebsgröße von elementarer Wichtigkeit. Wer allzu sorglos mit sich selbst und seiner Gesundheit umgeht, wird auf Dauer seine eigene wirtschaftliche Existenz und die Arbeitsplätze der Mitarbeiter gefährden.