Zeiterfassung: Arbeitszeitbetrug = Kündigungsgrund?

Zeiterfassung im Malerhandwerk: Arbeitszeitbetrug = Kündigungsgrund? Im Handwerk sind Zeiterfassungssysteme gängige Praxis und nicht mehr wegzudenken. Egal, ob in Form des klassischen Stundenzettels oder der mobilen Zeiterfassung. Die dort dokumentierten Arbeitszeiten sind in der Regel Grundlage für die Lohnabrechnung der Mitarbeiter. Was vom Mitarbeiter auf Stundenzetteln notiert oder digital erfaßt wird, entscheidet über sein monetäres Befinden am Ende des Monats. Aber auch in anderen Branchen sind Zeiterfassungssysteme seit langem üblich, in der Stadtverwaltung ebenso wie in der Industrie oder im Dienstleistungssektor.

Vertrauensvorschuß des Arbeitgebers
Wer seinen Mitarbeitern das Erfassen der Arbeitszeiten in eigener Zuständigkeit überläßt, bringt ihnen ein enormes Vertrauen entgegen. Das Vertrauen darf durch den Mitarbeiter nicht ausgenutzt werden. Es versteht sich daher von selbst, daß vom Mitarbeiter dokumentierte Zeiten den tatsächlichen Arbeitszeiten entsprechen müssen. Eintragungen sind korrekt vorzunehmen. „Schummeln“ ist nicht erlaubt.

Falschaufzeichnungen kein Kavaliersdelikt
Wer vorsätzlich falsche Aufzeichnungen zu seiner Arbeitszeit macht, riskiert vielmehr seinen Job. Wer die Arbeitszeit zu seinen Gunsten „frisiert“, begeht einen schweren Vertrauensbruch und muß mit einer Kündigung rechnen. Arbeitszeitbetrug ist nämlich kein Kavaliersdelikt.

Arbeitszeitbetrug und Kündigung
Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts ist ein Arbeitszeitbetrug grundsätzlich geeignet, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen (BAG, Urteil vom 09. Juni 2011, Az. 2 AZR 381/10)

Eine Kündigung muß aber immer das letzte Mittel sein, das heißt sie kommt nur dann in Betracht, wenn andere mildere Reaktionsmöglichkeiten – wie eine Abmahnung – dem Arbeitgeber im konkreten Fall unzumutbar sind. So bedarf es einer Abmahnung dann nicht, wenn dies keine Verhaltensänderung des Mitarbeiters erwarten läßt oder das Fehlverhalten so schwer wiegt, daß eine Hinnahme durch den Arbeitgeber offensichtlich ausgeschlossen ist (BAG, Urteil vom 09. Juni 2011, Az. 2 AZR 381/10).
Im Urteilsfall hat das Bundesarbeitsgericht eine außerordentliche Kündigung für rechtens erklärt, da die betroffene Mitarbeiterin vorsätzlich mehrfach und systematisch falsche Arbeitszeiten angegeben hatte. Auch die Heimlichkeit des Fehlverhaltens wog nach Ansicht der Richter im zugrundeliegenden Fall besonders schwer.

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (Urteil vom 13. Juni 2012, Az. 15 Sa 407/12) verwarf hingegen eine außerordentliche und hilfsweise ordentlich ausgesprochene Kündigung eines Arbeitgebers. Nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts wäre vielmehr eine Abmahnung im konkreten Fall ausreichend gewesen. Im Urteilsfall war der Arbeitnehmer nämlich zur Ableistung von 10 Überstunden im Monat ohne (weitere) Vergütung verpflichtet und diese Kontingent war nicht ausgeschöpft – ein materieller Schaden durch die Falschangaben also nicht entstanden. Da es sich nicht um eine schwere Pflichtverletzung handelte, konnte nach Auffassung des Gerichts in bezug auf den Mitarbeiter erwartet werden, daß er sein Verhalten nach Ausspruch der Abmahnung ändert.

Werden von einem Mitarbeiter Arbeitszeiten bewußt fehlerhaft erfaßt, so stellt sich dem Arbeitgeber die Frage nach der angemessenen arbeitsrechtlichen Reaktion (fristlose Kündigung, ordentliche Kündigung, Abmahnung). Da jeder Fall anders gelagert ist, ist dies nicht immer leicht zu entscheiden. Meist entscheidet der Unternehmer vorschnell rein subjektiv aus dem Bauch heraus, da er sich betrogen fühlt und das falsche Verhalten „sanktioniert“ wissen will. Es empfiehlt sich jedoch, überlegt vorzugehen und am besten rechtlichen Rat bei der Handwerkskammer oder einem Anwalt einzuholen.

Fristbeachtung bei Kündigung aus wichtigem Grund
Wer kündigen will, hat aber noch mehr zu beachten. Will ein Arbeitgeber zum Beispiel seinen Mitarbeiter fristlos kündigen, darf er damit nicht bis zum Sankt Nimmerleinstag warten. Eine fristlose Kündigung muß innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis des Pflichtverstoßes erfolgen (§626 Absatz 2 BGB). Diese Frist darf keinesfalls versäumt werden.

Weitere interessante Urteile zum Arbeitszeitbetrug:
Fristlose Kündigung bei Arbeitszeitbetrug nach 30 Jahren Betriebszugehörigkeit (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18.3.2009, Az. 7 Sa 735/08)
Fristlose Kündigung bei Arbeitszeitbetrug; Arbeitszeit muß zeitnah dokumentiert werden (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.11.2012, Az. 10 SA 270/12)
Fristlose Kündigung wegen Arbeitszeitbetrug zugunsten nachgeordneter Mitarbeiter (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23.05.2013, Az. 10 Sa 6/13)
VG Trier degradiert Beamten nach Manipulation der Zeiterfassung (VG Trier, Urteil vom 01.04.2014, Az. 3 K 1802/13.TR)

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