Extrem heiße Sommer, gefühlt viel zu milde Winter ohne Schnee und zwischendurch immer wieder Unwetter, Starkregen und Stürme, die sich mit extrem trockenen Perioden abwechseln. Kurzum – das Wetter scheint verrückt zu spielen. Meteorologen und Klimaforscher sind sich sicher: Der Klimawandel ist nicht mehr zu leugnen.
Die Faktenlage ist zudem eindeutig. Laut Deutscher Wetterdienst (DWD) ist seit dem Beginn der Wetteraufzeichnungen in 1881 ein Temperaturanstieg von 1,5 Grad in Deutschland zu verzeichnen. Doch das ist noch längst nicht alles. Die Anzahl der Hitzetage ist seit 1951 um 170% gestiegen, während Schneetage im gleichen Zeitraum um 42% abgenommen haben und auch die Anzahl der Eistage um 40% zurückgegangen sind (siehe Chart).

Der Dezember 2019 verlief hierzulande für einen Wintermonat nicht nur deutlich zu mild und mit zu wenig Niederschlag, er landet zudem unter den zehn wärmsten Dezembern seit Beginn der Wetteraufzeichnungen in 1881. Ähnlich sieht es auch für den Januar 2020 aus: Deutlich zu mild, zu wenig Niederschlag und zu viel Sonne, so fällt das Urteil des DWD aus.
Wetterkapriolen und das Handwerk
All diese Wetterkapriolen treffen auch das Maler- und Stuckateurhandwerk, das sich mit veränderten Bedingungen arrangieren muss. Konnte man sich früher noch auf klassische Jahreszeiten verlassen, sieht das heute völlig anders aus. Während im Winter häufig wegen Kälte eine Pause eingelegt wurde, waren die Sommer weitaus erträglicher, so dass Arbeiten im Außenbereich keine Qual darstellten – heute müssen Maler und Stuckateure weitaus flexibler agieren.
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Rüdiger Maurer: „Es gibt faktisch keine Jahreszeiten mehr.“ |
Rüdiger Maurer, Malermeister aus Allendorf/Lumda und im Bauträgergeschäft tätig, kennt das nur zu gut: „Bei uns gab es früher die magische Grenze, dass alle Arbeiten im Außenbereich, die wir nach November anfingen, meist Probleme mit sich brachten. Diese wurden dann eingestellt und wir machten eine Pause“, erzählt er und fügt hinzu: „Heutzutage gibt es faktisch keine Jahreszeiten mehr. Es wird durchgearbeitet. Da wir im Bauträgergeschäft unterwegs sind, nimmt niemand Rücksicht auf irgendwas. Im Winter wird komplett durchgeplant und die Bauzeitenpläne laufen auch im Sommer durch. Da interessiert es auch nicht, wenn es über 30 Grad heiß ist oder es mal in Strömen regnet. Der Kunde geht davon aus, dass man immer arbeiten kann. Dass Wasser bei null Grad gefriert oder man bei Regen keinen Sockel streichen kann, interessiert die Leute nicht. Man erklärt es ihnen zwar und fängt bei großer Hitze auch schon sehr früh morgens an zu arbeiten und ansonsten arrangieren wir uns damit.“ Schon jetzt im Februar hat er ein Gerüst im Außenbereich stehen, denn all das, was jetzt nicht geschafft wird, kann er später im Jahr nicht mehr aufholen.
Veränderte Arbeitsabläufe
Malermeister Alex Erjawetz aus Bremen findet, dass sich Dinge im Malerhandwerk grundlegend ändern. Sein Malerbetrieb arbeitet aufgrund der milden Temperaturen den kompletten Winter durch. Das war früher so nicht der Fall. „Wir arbeiten zwar nur im Innenbereich, aber ich habe den Eindruck, dass die Leute durch die milden Winter viel mehr Lust darauf haben, ihre vier Wände renovieren zu lassen und das auch wesentlich früher beauftragen. Wenn die Sonne mehr scheint und es nicht so kalt ist, haben die Leute einfach mehr Lust drauf, es sich schön zu machen“, sagt er. Seiner Meinung nach verschiebe sich durch das Klima einiges. So könnten durch die milden Winter auch jetzt überall Häuser hochgezogen werden, da Maurerarbeiten bei den milden Temperaturen kein Problem mehr darstellten. Mit dem Ausbau dieser Neubauten kann Erjawetz dann eben auch viel früher – nämlich bereits im März – beginnen.
Materialkiller Sommer?
Die Veränderungen, die die Sommer mit sich bringen, stellen viele vor große Herausforderungen. Das erfährt auch Erjawetz immer wieder: „Durch die starke Hitze müssen wir nicht nur auf ausreichend Flüssigkeit und Sonnenschutz bei unseren Mitarbeitern achten, sondern auch darauf, welches Material das überhaupt noch mitmacht. Wir müssen genau schauen, was verarbeitet werden kann und vor allem auch bei extremer Hitze standhält“, erklärt er.
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Alex Erjawetz: „Die extreme Hitze im Sommer zwingt uns zum Umdenken.“ |
Aber auch die körperliche Belastung sei nicht zu unterschätzen: „Meist fangen wir schon um 6 Uhr morgens an, müssen eben anders planen, damit auch die körperliche Belastung nicht zu groß wird. Bei gewissen Baustellen erfordert das eine ziemlich durchdachte Planung, besonders wenn im Sommer dann noch starke Gewitter und Unwetter hinzukommen und die Trockenzeiten nicht eingehalten werden können“, meint der Malermeister.
Doch er und seine Mitarbeiter haben gelernt sich zu arrangieren und denken mit. Sie nutzen häufig eine Wetter App und richten sich dann nach den Prognosen. Ist für den Nachmittag ein starkes Gewitter vorher gesagt, wird eben nicht damit begonnen den Giebel am Vormittag zu streichen.
Herausforderungen meistern
Die Prognosen der Klimaforscher sagen für die Zukunft in Deutschland deutlich wärmere Sommer mit extremen Hitzeperioden voraus. Damit gilt es klar zu kommen. Hier müssen sich Malerbetriebe anpassen und gegebenenfalls ihre Arbeitsweise entsprechend ändern.
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Johannes Hünnemeyer: „Scheint die Sonne, haben die Leute Lust auf Veränderung.“ |
Die Sonne nutzen und das Beste daraus zu machen, hat Malermeister Johannes Hünnemeyer aus Castrop Rauxel längst erkannt: „Die Kunden beauftragen gerne, wenn es schöner wird und die Sonne scheint, nämlich dann, wenn der Frühling kommt. Denn wenn die Sonne scheint, haben die Leute Lust auf Veränderung und wollen es sich schön machen und renovieren lassen. Das wusste schon mein Vater, der immer gesagt hat: ‚Die Sonne bringt es an den Tag‘, und er hatte Recht.“ Getreu dieser Binsenweisheit dürfte das Mehr an Sonnenschein auch weiterhin für gute Auftragseingänge sorgen.