Huawei ist ein chinesischer Technik- und Staatskonzern, der sich im Aufwind befindet. So ist Huawei zum zweitgrößten Smartphoneanbieter weltweit aufgestiegen. Im ersten Quartal 2019 konnte dem Analysten IDC zufolge Huawei seinen weltweiten Marktanteil auf 19 Prozent ausbauen und damit Apple (11,7 Prozent) von Platz zwei verdrängen. Mit einem Marktanteil von 23,1 Prozent ist Samsung den Analysten zufolge derzeit noch führend. Die Wachstumsraten sprechen aber eine deutliche Sprache. Nach IDC-Berechnungen musste Samsung im Jahresvergleich ein Umsatzminus von acht Prozent hinnehmen, Apple sogar von 30 Prozent. Huawei hingegen erzielte ein Umsatzplus von gut 50 Prozent. Des Weiteren macht der chinesische Technikgigant auch in der Netzwerktechnologie von sich Reden. So wurde in den letzten Wochen auch in Deutschland heftig über die Frage debattiert, ob bei dem anstehenden Ausbau deutscher IT-Netze und der damit einhergehenden 5G-Etablierung die Huawei-Technologie Verwendung finden darf. Kritiker sehen eine zu große Einflussnahme des chinesischen Staates und befürchten Huawei könne Spionagetechnik einbauen.
Die Vereinigten Staaten werfen Huawei Cyberspionage vor. Huawei wurde daher auf die „Schwarze Liste“ gesetzt, die all jene Unternehmen erfasst, die nach Ansicht der amerikanischen Regierung die nationale Sicherheit Amerikas gefährden. Jedes amerikanische Unternehmen, das mit Huawei Geschäfte machen möchte, bedarf seitdem einer Ausnahmegenehmigung. Geradezu einen medialen Aufschrei rief daher die Meldung hervor, Google habe infolgedessen Huawei die Android-Lizenz entzogen. Schnell wurde klar, dass die Entscheidung der US-Regierung weitreichende, globale Konsequenzen zur Folge haben und nicht nur den chinesischen Konzern aus Shenzhen treffen würde.
Bitkom-Präsident Achim Berg erklärt zur aktuellen Entwicklung infolge der US-Sanktionen gegen Huawei: „Der Welthandel ist kein Nullsummenspiel. Der sich weiter verschärfende Handelskonflikt kennt auf allen Seiten nur Verlierer. Politik und Wirtschaft sollten alles dafür tun, dass aus diesem Feuer kein Flächenbrand wird, der die gesamte Tech-Welt erfasst. Gerade die digitale Wirtschaft lebt vom internationalen Austausch. Dieses Global Sourcing ist Basis der einzigartigen Innovationsstärke der digitalen Wirtschaft. Keine Region, kein Land und kein Unternehmen der Welt kann auf dieses weltweite digitale Ökosystem verzichten. Werden kritische Bauteile oder Software-Module nicht mehr geliefert, kann dies einen kompletten Produktions- oder Wartungsprozess zum Erliegen bringen, Unternehmen existentiell gefährden und im Extremfall ganze Volkswirtschaften ins Straucheln bringen.“
Auch wenn die Vereinigten Staaten die Maßnahmen gegen Huawei im Nachgang zeitlich befristet leicht gelockert haben, verunsichern die möglichen Folgen Verbraucher und Unternehmen gleichermaßen. Der aktuelle Handelskonflikt zeigt wie fragil die vermeintlich freie Marktwirtschaft ist, schließlich war der Entzug der Android-Lizenz keine freie, unternehmerische Entscheidung von Google. Hinzu kommt, dass der schon seit längerem schwelende Handelskonflikt zwischen den Vereinigten Staaten und China nunmehr offensichtlich auf dem Rücken der Bürger und unbeteiligter Dritter ausgetragen wird. Das wirft zahlreiche, weitere Fragen im Umgang mit digitalen Daten auf. Der technische Fortschritt hat beispielsweise die Ablage von Daten jedweder Art in der „Wolke“, sprich Cloud ermöglicht. Solche „Online-Speicher“ werden von Verbrauchern und Unternehmen genutzt, um einen ortsunabhängigen Zugriff auf die Daten zu haben. Nicht nur Terminkalender werden in der Cloud gepflegt, auch unternehmensrelevante Daten und Belege werden virtuell abgelegt. Vor dem aktuellen Handelskonflikt erscheinen solche Lösungen auf einmal in einem völlig anderen Licht. Vor allem bei Cloud-Diensten von außereuropäischen Anbietern wurden bislang lediglich datenschutzrechtliche Bedenken thematisiert. Nunmehr stellt sich aber auch die Frage nach der Verlässlichkeit der Cloud. Ist wirklich sichergestellt, dass ein jederzeitiger Zugriff auf die eigenen Daten gewährleistet ist? Ist sichergestellt, dass dieser Anspruch gegebenenfalls auch gerichtlich in Deutschland durchgesetzt werden kann? Das sind nur zwei von vielen Fragen, die durch die aktuellen Entwicklungen aufgeworfen werden, aber für Unternehmen von existenzieller Bedeutung sind. Schnell wird klar, dass der aktuelle Handelsstreit zweier Großmächte mehr als ein Säbelrasseln ist. Er zeigt deutlich wie verletzlich die digitale Welt ist.
Europa wird eine Antwort finden und ein eigenes digitales Binnensystem schaffen müssen, wenn seine Bürger und Unternehmen nicht zum Spielball der Großmächte werden sollen. Solange dies nicht erfolgt ist, bleibt deutschen und europäischen Verbrauchern und Unternehmen nur, selbst in Bezug auf die von ihnen genutzte, digitale Infrastruktur wachsam zu sein, um auf Dauer „Herr ihrer eigenen Daten“ zu bleiben.