Was im Volksmund gerne als „Strafzins“ bezeichnet wird, heißt im Bankendeutsch „Verwahrentgelt“. Letztendlich ist es aber für den Kunden egal wie die Entgeltzahlung genannt wird. Die Folge ist die gleiche: Statt einen Guthabenzins zu bekommen, zahlen die Kunden für ihr Guthaben bei der Bank einen „Strafzins“. Ihr Erspartes wird so von Monat zu Monat weniger wert.
„Negativzinsen werden ein flächendeckendes Phänomen“ titelte die Frankfurter Allgemeine Zeitung am 8. Februar 2017 und verweist auf die Einführung von Verwahrentgelten verschiedener Geldinstitute. Dem Bericht zufolge plant die Stadtsparkasse München ein Verwahrentgelt in Höhe von 0,4 Prozent von April an für Einlagen von Geschäftskunden ab 250.000 Euro. Die Volksbank Stendal erhebt laut ihrer Website bereits auf Tagesgeldkontoguthaben von mehr als 100.000 Euro einen Negativzins in Höhe von ebenfalls 0,4 Prozent, und zwar von Firmen- und Privatkunden. Das sind nur zwei Beispiele von vielen. Da jede Sparkasse und jede Volks- und Raiffeisenbank selbständig über die Erhebung eines Verwahrentgelts entscheidet, ziehen sich unterschiedliche Negativzinsmodelle wie ein Flickenteppich über die Republik.
Was dem betroffenen Bankkunden ungerecht erscheint, gründet letztendlich in der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Denn parken Banken und Sparkassen überschüssiges Geld bei der EZB, zahlen sie dafür Strafzinsen. Seit März 2016 liegt dieser Satz bei 0,4 Prozent. Die dadurch bedingte Belastung der Geldinstitute steht außer Frage. „Das hat die deutschen Sparkassen 2016 einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag gekostet“, sagt Alexander von Schmettow, Pressesprecher des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV) gegenüber Malerblog.net und bekräftigt, dass sich die Sparkassen erheblich streckten, die Negativzinsen der EZB nicht an die breite Privatkundschaft weiterzugeben.
Verständnis auf der einen Seite, aber Angst vor einer schleichenden Geldentwertung auf der anderen Seite, zeigen das Spannungsverhältnis, dem deutsche Sparer ausgesetzt sind. Der deutschen Wirtschaft geht es derzeit sehr gut. Das steht außer Frage. Prognosen zufolge wird dies in diesem Jahr auch weiterhin der Fall sein. Doch die Baubranche hat auch schon andere Zeiten erlebt und so haben viele Handwerksbetriebe in den vergangenen Jahren etwas Geld für schlechte Zeiten zurückgelegt. Die Entwicklung der Negativzinsen, die derzeit steigende Inflation, die welt- und europapolitisch heikle Situation lassen nicht nur Unternehmer aufhorchen. Grund genug für Malerblog.net beim Deutschen Sparkassen- und Giroverband einmal nachzufragen, was dem deutschen Bankkunden und Sparer in absehbarer Zeit drohen könnte. Nachfolgend findet sich das ausführliche Interview mit Alexander von Schmettow, Pressesprecher des Deutschen Sparkassen und Giroverbandes (DSGV):
Herr von Schmettow, Sparkassen und Banken erheben zunehmend „Verwahrentgelte“ für Bankguthaben. Während dies bis dato fast nur gut betuchte Geschäftskunden mit Millionenguthaben betraf, scheint sich die Guthabengrenze abzusenken. Werden sich die Deutschen in absehbarer Zeit flächendeckend auf Negativzinsen bei Bankguthaben einstellen müssen?
Die Sparkassen strecken sich erheblich, die Negativzinsen der EZB nicht an die breite Privatkundschaft weiterzugeben. Das hat die deutschen Sparkassen 2016 einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag gekostet. Würden wir in der Breite Negativzinsen einführen, würde das Vertrauen in unser Wirtschafts- und Gesellschaftssystem zusätzlich auf eine harte Probe gestellt. Deshalb stemmen wir uns dagegen.
Der Deutsche spart gerne, das ist kein Geheimnis. Doch lohnt sich Sparen noch? Sind Investitionen derzeit die bessere Geldanlage?
Natürlich lohnt sich sparen immer noch. Gerade angesichts der niedrigen Zinsen müssen die Sparanstrengungen sogar noch verstärkt werden, um auf das gleiche Sparziel zu kommen. Tatsächlich entscheiden sich die meisten Firmen- und Privatkunden allerdings dazu, das Geld erst einmal in Form von Geldeinlagen anzulegen. Das bringt zwar fast gar keine Rendite, ist aber sicher und flexibel. Es scheint hier an Vertrauen in längerfristige Anlagemodelle zu fehlen – das ist in erster Linie ein Problem der politischen Großwetterlage.
„Strafzinsen“ für Bankguthaben und steigende Inflationswerte gepaart mit einer welt- und europapolitisch heiklen Situation – Steht uns die nächste Finanzkrise ins Haus?
Seit der letzten Finanzkrise ist viel geschehen: Neue Vorschriften und Gesetze haben unter anderem zu stärkeren Eigenkapitalanforderungen und dem Verbot bestimmter Finanzprodukte geführt. So lange die Krisenherde im Euroraum noch nicht abgestellt sind, brauchen wir eine Finanzpolitik, die auf Stabilität und Verlässlichkeit setzt. Wenn aber die deutschen Sparer durch eine besonders große Preissteigerung in der anhaltenden Niedrigzinsphase stärker betroffen sind als andere, gerät ausgerechnet der europäische Konjunkturmotor ins Stottern. Das kann niemand wollen.