Egal wie viel Mühe Sie sich bei Ihrer Arbeit geben, irgendwann geht etwas schief. Und das muss noch nicht einmal etwas mit Ihrer handwerklichen Leistung an sich zu tun haben. Leider ist es im Ausbauhandwerk manchmal so, dass beispielsweise Untergründe, die zunächst problemlos erscheinen, dann später doch Probleme nach sich ziehen. Oder Sie verarbeiten Materialien, die eigentlich zueinander passen müssten und dann plötzlich kommt es doch zu einem Problem. Und natürlich kann es auch sein, dass das, was Sie dem Kunden als fertige Arbeit abliefern, diesem einfach nicht gefällt. In diesen Fällen werden Sie mit einer Reklamation konfrontiert werden. Und jetzt kommt es auf Sie an: Wenn Sie es richtig machen, dann festigen Sie das Vertrauensverhältnis zu Ihrem Kunden. Packen Sie es aber falsch an, dann verlieren Sie Ihren Kunden – und vielleicht noch mehr.
Bestandsaufnahme
Natürlich sind reklamierende Kunden keineswegs immer angenehm. Selbst wenn sie ihre Beschwerde in einem ruhigen und sachlichen Ton vortragen, bereiten sie zunächst einmal zusätzliche Arbeit. Deshalb bearbeiten viele Betrieb Reklamationen eher zögerlich. Und das vor dem Hintergrund, dass – und da kommen eine ganze Reihe Studien aus unterschiedlichen Wirtschaftsbereichen zum gleichen Ergebnis – ein unzufriedener Kunde mit einer Wahrscheinlichkeit von 99 Prozent dem Unternehmen keine Folgeaufträge mehr erteilen wird. Und noch viel schlimmer: Dieser unzufriedene Kunden wird mit mindestens acht weiteren Menschen sprechen und diesen von seinem Problem erzählen. Diese anderen Menschen sind letztendlich potentielle Kunden – oder besser gesagt, nach dem Gespräch mit dem Unzufriedenen „garantierte Nicht-Kunden“. Deshalb gilt: Reklamationen sollten Sie nicht auf die leichte Schulter nehmen!
Reklamation als Chance
Im Geschäftsleben ist es wie im Privatleben: Die Qualität einer Partnerschaft offenbart sich nicht in der Routine des Alltags, sondern in der Krise. Erst wenn es zu Problemen kommt, wenn die Baustelle viel zu spät fertig wird, oder die fertige Arbeit nach einiger Zeit Mängel aufweist, zeigt sich, ob der Kunde auch nach Bezahlung der Rechnung noch als Partner geschätzt wird. Reklamationsbearbeitung ist letztlich auch ein Stück Öffentlichkeitsarbeit: Wie wollen Sie als Unternehmer wahrgenommen werden? Als „Freund“, auf den man sich auch in der Not verlassen kann? In der Reklamation steckt genau diese Chance. Und es steckt noch eine weitere darin: Ihr Kunde weist Sie unter Umständen auf Schwachstellen in Ihrer Arbeit, bei Ihren Mitarbeitern oder in Ihrer Organisation hin. Und meistens sind das Schwachpunkte, die Ihnen in der Vergangenheit entgangen sind.
Das erste Gespräch
Stellen Sie sich vor, ein Kunde ruft Sie an. Seiner Meinung nach hat er einen Fehler an Ihrer Arbeit gefunden. Er ist natürlich verärgert und er möchte sich beschweren. Aber er will natürlich auch eine Lösung. Bereits in dieser frühen Phase der Reklamation werden oft schon die größten Fehler gemacht. Ihr Kunde hat ein Problem. Und das ist für Ihren Kunden zu diesem Zeitpunkt die wichtigste Sache der Welt. Deshalb ist es ganz wichtig, dass Sie es jetzt schon schaffen Ihrem Kunden das Gefühl zu vermitteln, dass Sie ihn und sein Problem ernst nehmen. Also vereinbaren Sie zunächst einen Termin mit ihm, am besten vor Ort, denn Sie wollen sich die Sache ja ansehen. Es macht keinen Sinn, wenn Sie der Sache ausweichen oder die Argumente des Kunden etwa abwiegeln. Das erzeugt nur Gegendruck. Verschaffen Sie sich erst einmal die nötigen Informationen, um die Sache überhaupt beurteilen zu können. Und ganz wichtig: Vereinbaren Sie den Termin zügig und nicht erst in einigen Wochen.
Reklamierer-Verhalten
Es kann Ihnen passieren, dass Sie sich in dem ersten Gespräch mit dem reklamierenden Kunden und vielleicht dann auch später vor Ort einiges anhören müssen. Der Kunde ist zunächst einmal enttäuscht und er muss erst einmal „Dampf ablassen“. In dieser Phase äußern sich Reklamierer oft sehr emotional. Sie neigen dazu Dinge zu übertreiben. Hinzu kommt noch, dass der Reklamierer von seinem Standpunkt absolut überzeugt ist. Deshalb stellt er erstmal eine Maximalforderung auf. Eine Kompromissbereitschaft ist in dieser frühen Phase der Reklamation in aller Regel nicht vorhanden. Wenn Sie Pech haben, dann ist der Reklamierer Ihnen gegenüber sogar aggressiv. Vielleicht vergreift er sich im Ton. Auch das gehört zu Dramaturgie der Situation. Genauso wie der reklamierende Kunde zu diesem Zeitpunkt meist keinen Widerspruch duldet. Wenn Sie es dennoch wagen, dann wird die Situation noch mehr eskalieren. Wenn Sie sich das Problem aber erst einmal ansehen und Ihr Gegenüber merkt, dass Sie ihn ernst nehmen, dann wird er sich schnell wieder beruhigen und dann finden Sie gemeinsam auch eine Lösung.
Vorsicht: Rationaler Kunde
An dieser Stelle muss unbedingt etwas zu einem besonderen Kundentyp gesagt werden. Es ist der ruhige Kunde, der zwar mit Ihrer Leistung nicht einverstanden ist, aber trotzdem emotional ruhig bleibt. Er reklamiert sachlich und argumentiert rational. Er vergreift sich auch meist nicht in der Lautstärke. Und deshalb wird die Reklamation dieses Kunden oft nicht so recht ernst genommen (In unserer Gesellschaft gilt leider oftmals immer noch der Spruch: „Wer laut schreit kommt am Weitesten“). Aber Vorsicht: Genauso rational wie diese Menschen Ihre Meinung vorbringen, so rational entscheiden Sie auch. Während Sie bei den Aufbrausenden oft einen Kompromiss finden werden, wenn der „erste Sturm verzogen ist“, erübrigt sich für die Rationalen meist jede weitere Diskussion, wenn sie nicht vollständig zufrieden gestellt werden.
Problemlösung
Wir gehen hier davon aus, dass die vom Kunden mitgeteilte Reklamation vollkommen berechtigt war. Sie waren vor Ort, haben sich das Problem angesehen und auch die erste emotionale Phase ist an Ihnen und dem Kunden vorüber gezogen. Nun gilt es das Problem aus der Welt zu schaffen. Und dafür gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten: Minderung oder Nachbesserung.
Minderung
Minderung bedeutet nichts anderes, als dem Kunden einen Preisnachlass zu gewähren. Ihr Kunde gibt sich mit Ihrer Arbeit so wie sie ist zufrieden und Sie gewähren ihm für sein Entgegenkommen eine Entschädigung durch Herabsetzung des Preises. Die Vorteile dieser Lösung liegen auf der Hand: Ihr Kunde freut sich ein wenig gespart zu haben und nimmt dafür kleinere Mängel in Kauf. Er ist also sofort zufrieden gestellt und Sie müssen nicht mehr Nacharbeiten. Da die Nacharbeit Sie Zeit und Material gekostet hätte, kommen Sie dabei vielleicht günstig weg. Aber es gibt natürlich auch Nachteile: Hier sei vorausgeschickt, dass die Preisreduzierung natürlich nur bei kleinen Schönheitsfehlern funktioniert. Liegen größere technische Probleme vor, müssen Sie diese beheben, damit nicht im Laufe der Zeit ein noch größerer Schaden entsteht. Und dann darf natürlich nicht vergessen werden, dass der Schönheitsfehler für den Sie den Preisnachlass gewähren, weiterhin bestehen bleibt. Nun überlegen Sie: Wie lange hält ein Preisnachlass von wenigen hundert Euro vor, wenn ein Kunde beispielsweise täglich beim Aufwachen die in seinen Augen verpatzte Schlafzimmerwand ansehen muss. Oder steigt der Frust dann mit der Zeit wieder? Und vor allem: Erinnert sich der Kunde in einigen Jahren, wenn die nächste Renovierung ansteht, an den einmaligen Preisnachlass oder eher an die verpatzte Arbeit, die er jahrelang ansehen musste?
Nachbesserung
Die Nachbesserung zielt darauf ab, dass Sie die Arbeit in den Zustand bringen, der technisch richtig ist und der vor allem den Gefallen des Kunden findet. Hier müssen Sie also Zeit und Material aufwenden und die Arbeit nötigenfalls nochmals erbringen. Natürlich ist das für Ihren Betrieb mit einem enormen Aufwand verbunden – schließlich müssen Sie die Nachbesserung zwischen all den anderen aktuell laufenden Baustellen unterbringen. Machen Sie dabei bitte nicht den Fehler den Kunden über Wochen oder Monate warten zu lassen, denn das ist ja nicht das Bild, welches Sie von Ihrem Betrieb in der Öffentlichkeit vermitteln wollen. Die Nachbesserung hat für Sie einen entscheidenden Vorteil: Der Kunde bekommt die Arbeit so, wie er sie sich vorgestellt hat. Und damit sind das ursprüngliche Problem, die Reklamation und alle negativen Emotionen auf einen Schlag aus der Welt geschafft. Ihr Betrieb hat bewiesen, dass er auch in schwierigen Situationen ein kompetenter und zuverlässiger Partner ist. Nicht umsonst kommen die oben zitierten Studien zu dem Ergebnis, dass 90 Prozent der nach einer Reklamation zufriedengestellten Kunden dem Unternehmen garantiert Folgeaufträge erteilen.
„Wo gehobelt wird, da fallen Späne. Das ist Realität und weiß jeder. Doch geht bei der Auftragsausführung auch nur eine Kleinigkeit schief, lässt der Corona-Stress derzeit viele Kunden überreagieren. Die Nerven liegen blank. Für den Malermeister heißt es dennoch: Besonnen bleiben, die Reklamation als Chance sehen, eine Lösung finden und den Kunden binden.“ |