Das Ende der Ampelkoalition in Berlin kam nicht überraschend – aber die Reaktionen darauf sind bezeichnend. Während der ehemalige Finanzminister Christian Lindner einen raschen Übergang und baldige Neuwahlen forderte, verkündete Bundeskanzler Olaf Scholz am Mittwochabend seinen Fahrplan: Erst am 15. Januar 2025 will er die Vertrauensfrage stellen, die zu Neuwahlen führt. Das bedeutet, frühestens Ende März wird dann wohl ein neuer Bundestag gewählt – und die deutsche Wirtschaft steht währenddessen in der Warteschleife.
Doch ist eine derart lange Wartezeit wirklich im Interesse des Landes? Diese Frage wird laut gestellt, und nicht nur hinter verschlossenen Türen. Arbeitgeberpräsident Dr. Rainer Dulger, Felix Pakleppa vom Zentralverband Deutsches Baugewerbe und Jörg Dittrich, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks, haben sich mit klaren Forderungen an die Politik gewandt. Ihre Botschaft ist eindeutig: Deutschland braucht eine handlungsfähige Regierung – und zwar dringend.
Stillstand und Unsicherheit: Ein teurer Preis für die Wirtschaft
Mit dem Ende der Koalition ist die rot-grüne Regierung faktisch ohne Mehrheit im Parlament. Das bedeutet, dass zentrale Entscheidungen vorerst blockiert sind. „Die Koalition hat entschieden, ihre Arbeit nicht mehr fortzusetzen. Der Standort Deutschland braucht jetzt einen Neuanfang,“ mahnt Arbeitgeberpräsident Dulger. Seine Aussage ist deutlich: „Unternehmen brauchen jetzt Planungssicherheit und Stabilität. Dies erfordert vor allem ein gemeinsames Handeln für einen wettbewerbsfähigen Standort. Lediglich parteitaktische Pirouetten schaden dem Wirtschaftsstandort. Es darf keine weitere Verzögerung zu Lasten des Standortes geben.“
Baugewerbe und Wohnungsbau: Die Risiken eines verzögerten Neustarts
Felix Pakleppa vom Zentralverband Deutsches Baugewerbe betont die unmittelbaren Auswirkungen auf Investitionsprojekte und sieht wichtige Investitionsmaßnahmen, etwa im Infrastrukturbereich, gefährdet. „Eine drohende vorläufige Haushaltsführung bedeutet weniger Sicherheit und Planbarkeit, gerade für die Bahn und die Autobahn,“ warnt Pakleppa. Diese Unsicherheit treffe die Bauunternehmen, die sich um den Ausbau und die Sanierung der Bahn, der Straßen und Brücken kümmerten.
Auch der ohnehin bereits angeschlagene Wohnungsbau könnte durch die Verzögerungen noch weiter ins Stocken geraten. Bauherren, die Förderungen erwarten, könnten im Falle eines weiteren Förderstopps enttäuscht werden. In Zeiten großer Wohnungsnot wären die Auswirkungen fatal, und Pakleppa erinnert daran, dass das „Förderchaos“ von 2022 noch immer spürbare Folgen hat. Die Konjunktur dürfe in keinem Fall noch weiter abgewürgt werden.
Handwerk fordert schnelle Klarheit und Stabilität
Auch das Handwerk meldet sich kritisch zu Wort: Für Jörg Dittrich, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks, ist ein monatelanges „Entscheidungsvakuum“ untragbar. „Die Regierungskrise schürt massive Verunsicherung. Betriebe und Beschäftigte brauchen gerade jetzt Verlässlichkeit, Stabilität und Planungssicherheit. Die politische Lage darf nicht zum Standortrisiko werden,“ erklärt Dittrich.
Für die deutsche Wirtschaft ist klar: Nur eine handlungsfähige Regierung mit parlamentarischer Mehrheit kann die nötigen Rahmenbedingungen schaffen, um dem Standort Deutschland Stabilität und Zukunftsperspektiven zu geben. Es bleibt abzuwarten, ob die Regierung in Berlin den dringenden Appellen der Wirtschaft folgt – oder ob Deutschland bis zum Frühjahr 2025 in einem politischen Stillstand gefangen bleibt.
Fazit: Deutschland braucht eine klare Richtung – und zwar sofort
Inmitten globaler Krisen und wirtschaftlicher Herausforderungen braucht Deutschland dringend eine stabile Regierung, die die drängenden Fragen angeht. Das Hinauszögern von Neuwahlen scheint angesichts des wirtschaftlichen Drucks für viele eine riskante Entscheidung zu sein. Wirtschaft und Unternehmen fordern daher ein schnelles Handeln. Ob diese Stimmen Gehör finden, wird sich in den kommenden Wochen zeigen – die Frage bleibt jedoch: Kann sich Deutschland diese monatelange Phase der Unsicherheit leisten?