In einigen Tagen werden in deutschen Betrieben wieder neue Auszubildende begrüßt. Auch das Handwerk freut sich auf die Neulinge. Doch es werden immer weniger. Im vergangenen Jahr blieben über 20.000 Ausbildungsplätze im Handwerk unbesetzt. Nicht nur Fachkräfte auch Lehrlinge werden in Deutschland dringend gesucht!
Der Maler – kein typischer Männerberuf
Wie im gesamten Handwerk sind auch im Malerhandwerk Frauen unterrepräsentiert. Zwar sind sie als „gute Seele“ des Büros nicht wegzudenken, aber die Baustellen werden weiterhin von Männern dominiert. Frauen und Handwerk? Viele halten das für ausgeschlossen. Handwerker, das sind doch vornehmlich Männer, muskulös, in Arbeitskleidung und mit schwerem Werkzeug, so die landläufige Meinung. Weiblichen Jugendlichen wird nur selten zugetraut, in den klassischen Handwerksberufen ihren „Mann“ zu stehen.
Interessanter Weise stellt die Frage nach der körperlichen Belastung niemand, wenn es um die Wahl eines Pflegeberufes geht. Hier sind die Frauen in der Überzahl. Doch jeder weiß um die physisch anstrengende Tätigkeit als Altenpflegerin. Nur ist dies bei dieser Berufswahl offensichtlich kein Entscheidungskriterium. Warum? Die Pflege von Angehörigen gehört zu dem traditionellen Rollenbild der Frau. Da ist die Ausübung eines Pflegeberufs nur die logische Folge – egal ob körperlich anstrengend oder nicht.
Dass nicht mehr junge Frauen den Weg in einen Handwerksberuf finden, ist also nicht der vermeintlich fehlenden Muskelkraft geschuldet. Vielmehr ist die öffentliche Wahrnehmung des Berufsstandes entscheidend und daran gilt es zu arbeiten.
Weibliche Lehrlinge im Malerhandwerk
Die Ausgangslage für das Malerhandwerk ist dabei gar nicht so schlecht. Ein Zahlenbeispiel: 2.540 weibliche Lehrlinge konnte das Maler- und Lackiererhandwerk im vergangenen Jahr melden. Damit belegt es Platz 5 der Hitliste der gewerblich-technischen Ausbildungsberufe und ist somit bei den weiblichen Teenagern das beliebteste Ausbauhandwerk.
Zum gleichen Zeitpunkt waren aber 14.576 männliche Lehrlinge in Maler- und Lackiererbetrieben beschäftigt. Das zeigt, es gibt noch einiges zu tun, um den weiblichen Jugendlichen die Arbeit als Malerin schmackhaft zu machen.
Mehr Frauen ins Malerhandwerk
Aufgrund seiner Vielseitigkeit bietet der Malerberuf Frauen ein ideales Betätigungsfeld. So werden Frauen allgemein Fähigkeiten wie Sorgfalt, Kreativität, Geschicklichkeit, Sinn für Ästhetik und Teamfähigkeit nachgesagt. Und das wissen auch viele Malerunternehmer zu schätzen. Malermeister Klaus Pitz aus Gladenbach-Weidenhausen kann dies nur bestätigen. Während seiner aktiven Zeit hat er gerne weibliche Lehrlinge ausgebildet. „Sie kommen bei der Kundschaft bestens an, weil sie oft mehr soziale Kompetenz besitzen und ein Geschick für gestalterische Aufgaben haben“, resümiert er seine langjährige Erfahrung mit Mitarbeiterinnen.
Das weiß auch Malermeisterin Sandra Hammel-Dietrich aus dem bayrischen Gaimersheim aus eigener Erfahrung. Sie fühlt sich als gelernte Malermeisterin, Farb- und Lacktechnikerin und Betriebswirtin pudelwohl in ihrem Beruf. Zunächst ging auch sie einen „frauentypischen“ Weg und machte eine Ausbildung zur Bürokauffrau. Doch dann entdeckte sie im elterlichen Betrieb die Liebe zum Malerhandwerk. Seit sieben Jahren führt sie den Malerbetrieb Hammel mit zehn Mitarbeitern. In ihrem Betrieb setzt sie natürlich auch weibliche Kräfte ein und plaudert aus dem Nähkästchen: „Ich mache einfach super gute Erfahrungen mit Frauen in meinem Betrieb. Gerade wenn es um die Ausbildung geht, ist es so, dass Frauen sich den Beruf explizit ausgesucht haben und das auch wirklich wollen. Sie geben sich besonders viel Mühe und hängen sich richtig rein. Bei Männern sieht das oft schon anders aus. Die wollen eigentlich lieber was anderes machen, finden dann aber nichts und werden dann eben Maler.“ Sandra Hammel-Dietrich steht für zahlreiche junge Frauen, die im Malerhandwerk ganz zielstrebig eine vorbildhafte Karriere gemacht haben.
Vorbilder beeinflussen die Berufswahl
Genau diese weiblichen Vorbilder brauchen junge Frauen, wenn sie für einen handwerklichen Beruf begeistert werden sollen. Denn positive Vorbilder haben entscheidenden Einfluss auf die Berufswahl Jugendlicher. Hier setzt auch der Kurzfilm „Keine Scheu vor der Männerdomäne Bau!“ des Zentralverbands des deutschen Baugewerbes an. In diesem berichten fünf junge Frauen, warum sie sich ganz bewusst für eine Ausbildung am Bau entschieden haben. Mit seinen mittlerweile mehr als 50.000 Klicks hat der Kurzfilm auf der Videoplattform youtube auch durchaus entsprechende Beachtung gefunden.
Girls‘ Day nutzen
Aber auch vor Ort können Malerbetriebe etwas tun und für mehr Frauen in ihrem Handwerk werben. Um weibliche Nachwuchskräfte zu begeistern, sollten Malerbetriebe beispielsweise den Girls‘ Day nutzen und ihre Türen für Schülerinnen öffnen. Unternehmen und Hochschulen nutzen diesen Tag, um bei Mädchen das Interesse an technischen, bislang männerdominierten Berufen, zu wecken. Dies kann auch für Maler-, Lackierer-, und Stuckateurbetriebe eine echte Chance sein, Mädchen in ihrer Region für ihren Beruf zu gewinnen. Der nächste Girls‘ Day findet am 28. April 2016 statt.
In den nächsten Jahren wird das Handwerk auf gut ausgebildete Frauen angewiesen sein, wenn es die demographischen Herausforderungen meistern und dem Fachkräftemangel entgegen wirken will. Betriebe, die heute schon an morgen denken, setzen verstärkt auf Frauen in der Ausbildung.