„Sammeltransporte zu Baustellen im Bulli sind in vielen Firmen wieder an der Tagesordnung. Genauso wie Pausen in engen Bauwagen.“ Diese Kritik stammt vom Bundesvorsitzenden der Industriegewerkschaft Bauen, Agrar, Umwelt (IG Bau), Robert Feiger. Oft hätten Bauarbeiter nicht einmal die Möglichkeit, sich am Waschbecken mit fließendem Wasser und Seife die Hände zu waschen. Das Aufstellen von Desinfektionsmittelspendern sei ohnehin die Ausnahme auf dem Bau. „Kein Händewaschen, kein Abstand, keine Atemschutzmaske: Viele Bauunternehmen ignorieren die Corona-Gefahr, indem sie zum alten Trott zurückkehren,“ kritisiert Feiger die Baubranche. Diese Sätze entstammen einer Pressemitteilung der IG Bau von Anfang August. Bundesweit griffen Tageszeitungen die IG-Bau-Meldung zur sinkenden „Corona-Disziplin“ am Bau auf und berichteten darüber.
ZDB widerspricht
Der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB) widerspricht den von der IG Bau vorgebrachten Vorwürfen vehement. In seinem veröffentlichten Statement verweist der ZDB auf die für Arbeitsschutzkontrollen zuständige Berufsgenossenschaft Bau, nach deren Aussage bei knapp 90 Prozent der Betriebe keine Mängel hätten festgestellt werden können. Die Situation habe sich im Vergleich zu Beginn der Coronakrise deutlich verbessert. Der ZDB verurteilt die von der Gewerkschaft erhobenen Pauschalvorwürfe, die die ganze Branche in Verruf bringe. „Noch vor wenigen Wochen haben wir als Sozialpartner gemeinsam mit der Berufsgenossenschaft für die Einhaltung der erforderlichen Arbeitsschutzstandards geworben. Es ist daher nur zu bedauern, dass die Gewerkschaft anhand von Einzelfällen die ganze Branche in Misskredit bringen möchte und von der eigentlichen Gefahr der Corona-Pandemie auf diese Weise ablenkt. Vielmehr entsteht der Eindruck, dass derartige Vorwürfe der Gewerkschaft im Rahmen der laufenden Tarifverhandlungen in die Welt gesetzt werden, um die eigene Verhandlungsposition zu stärken.“ Mit diesen Worten endet das Statement des ZDB und gibt den Blick frei auf die anstehenden Tarifverhandlungen.
Nachtigall, ick hör dir trapsen
Ende August werden sich die Sozialpartner im Rahmen der anstehenden Lohntarifverhandlungen wieder an einem Tisch gegenüber sitzen. Die IG Bau strebt nicht nur eine Lohnerhöhung von 6,8 Prozent an. Auf der Wunschliste der IG Bau steht auch die Neureglung der Fahrten von und zur Baustelle, da Bauarbeiter oft enorme Strecken im Bulli oder PKW zurückgelegen müssten wie die IG Bau in ihrem Pressestatement feststellt. „Dabei verlieren sie Zeit, für die sie bislang in der Regel nichts bekommen,“ wird Feiger zitiert. Das will die IG Bau jetzt ändern und strebt die Vergütung der Wegezeit an.