Es gibt immer einen Handwerker, der billiger ist. Diese leidvolle Erfahrung hat fast jeder Handwerker schon gemacht und das ist auch in der Maler- und Stuckateurbranche nicht anders. Da wurde viel Zeit in ein Angebot gesteckt. Es wurde umfassend beraten, der Interessent wurde besucht, das Aufmaß genommen und das Angebot ausgearbeitet. Das alles für lau, sprich ohne einen Cent dafür zu berechnen. Das alles nur der Hoffnung geschuldet, den Auftrag zu erhalten. Und dann kommt das böse Erwachen. Nachdem sich der Interessent nicht mehr gemeldet hat, greift der Maler zum Telefon und traut seinen Ohren nicht. Die wertvollen Stunden, die er mit Beratung und Angebot zugebracht hat, waren umsonst. Ihm wird ganz lapidar mitgeteilt: “Sie waren zu teuer. Ihr Kollege streicht uns die Räume für die Hälfte.“ Punkt aus. Das war’s. Frust macht sich breit und so mancher Handwerker verliert die Lust an seinem Job.
Mut zum „NEIN“
Der Schuldige ist schnell ausgemacht. Billigheimser werden die genannt, die alles zum möglichst billigen Preis haben wollen. Aber sind die Billigheimser wirklich allein schuld an der Preismisere? Für den Handwerker gilt: Wer vom Preis lebt, kann auch am Preis sterben. Das heißt, wer nur über den Preis seine Leistung anbietet, wird schnell das Nachsehen haben, denn es gibt wie gesagt, immer noch jemanden, der die Leistung billiger anbietet, da er nicht rechnen, sprich kalkulieren kann oder will. Doch mit „billig“ lässt sich auf Dauer kein Geld verdienen und kein Betrieb am Markt halten. Die Leistung allein muss über den Preis entscheiden. Wer ordentlich kalkuliert, aber seine Leistung mit dem kalkulierten Preis am Markt nicht mehr durchsetzen kann, muss den Mut haben, „Nein“ zu sagen. Das kann ein klares „Nein“ zu einer einzelnen Angebotsanfrage sein. Aber unter Umständen kann das „Nein“ auch die Erkenntnis beinhalten, dass das betriebliche Leistungsportfolio zu den kalkulierten Preisen nicht mehr durchsetzbar ist. Billiganbieter aus dem In- und Ausland durchdringen zunehmend den Markt, sodass oft sogar alteingesessene Malerbetriebe über eine strategische Neuausrichtung ihres Betriebs nachdenken müssen.
Zielgerichtetes Kundengespräch
Geht es nur um einzelne Aufträge, die hin und wieder am Preis scheitern, so sollte der Maler über seine Gesprächsführung einmal nachdenken. Wird bereits beim Erstkontakt erkannt, dass der Kunde nur „billig“ will und möchte der Maler nicht in den Preiskampf einsteigen, dann sollte er erst gar keine Zeit und Mühe in ein Angebot investieren. Das gleiche gilt übrigens auch bei öffentlichen Auftragsvergaben. Wer hier Zeit investiert, obwohl er weiß, dass er nie den Zuschlag erhalten wird, hat schlichtweg zu viel Zeit, mit der er verschwenderisch umgehen kann. Gleiches gilt auch für Architektenausschreibungen. Fragt ein Architekt immer wieder Angebote an, ohne dass der Maler jemals zum Zug kommt, benötigt er vermutlich nur Vergleichsangebote. Maler, die den Eindruck gewinnen, dass sie als Vergleichsmaler „missbraucht“ werden, sollten anstatt sich heimlich zu ärgern, das freundliche, offene Gespräch suchen. Auf diese Weise ergeben sich oftmals sogar neue Partnerschaften, da diese klärende Offenheit dem Gesprächspartner imponiert.
Doch zurück zum Erstgespräch mit dem Privatkunden. Das erste Gespräch, das oft am Telefon erfolgt, dient nicht nur dazu, die Kontaktdaten zu erfahren und sich dann gleich blindlings auf den Weg zum Kunden zu machen. Vielmehr dient das erste Gespräch auch dazu, mehr über den Auftrag zu erfahren, und zwar auf inhaltlicher Ebene. Was wünscht der Neukunde konkret? Um welche Art „Renovierung“ geht es? Mal ehrlich: Sollen Büroräume mit Raufaser tapeziert und weiß gestrichen werden, wird der Preis aller Erfahrung nach eine entscheidende Rolle bei der Auftragsvergabe spielen. Wünscht der Kunde hingegen eine umfassende Renovierung seiner neu erworbenen Eigentumswohnung, dann sollte eingehender nach den Wünschen geforscht werden. Legt er Wert auf eine qualitativ hochwertige Leistung mit eingehender Farb-, Material- und Stilberatung und ist er bereit, dafür in die Tasche zu greifen oder ist der Preis das alleinige Kriterium für die Auftragserteilung? Das lässt sich mit wenigen zielgerichteten Fragen schnell erfassen. Das Erstgespräch am Telefon wird leider häufig zu oberflächlich geführt, sodass in der Folge zu viel Zeit verschenkt wird. Wer aber bereits beim Erstgespräch den Eindruck gewinnt, diese Angebotsanfrage wird zu einem reinen Preisspiel, sollte den Auftrag wegen „zu guter Auftragslage und Arbeitsauslastung“ dankend und höflich ablehnen, ohne wertvolle Zeit in einen von Anfang an aussichtslosen Auftragsabschluss zu stecken. Denn eins steht auch fest: Die Auftragslage im Malerhandwerk ist nach wie vor ausgezeichnet. Für „billig“ sollte kein Qualitätsmaler den Weg zum Interessenten antreten.
Neue Wege gehen
Betriebe, die jedoch generell ihre Preise nicht mehr am Markt durchsetzen können, haben zwei Möglichkeiten, dieser Misere zu entkommen. Zum einen können sie an der Preisschraube drehen, indem sie die Produktivität erhöhen und die betrieblichen Kosten auf den Prüfstand stellen. Doch hier sind zweifelsohne Grenzen gesetzt. Zum anderen lohnt es sich, wie bereits angesprochen, über eine strategische Neuausrichtung des Betriebs nachzudenken. Welche Zielgruppe spricht der Betrieb aktuell mit seinem Leistungsportfolio an? Gibt es vielleicht zu viele Betriebe mit vergleichbarem Leistungsspektrum in der Region? Ist dies der Fall, wird sich der Betrieb wohl oder übel dem Preiskampf aussetzen oder umdenken müssen. Denn sind Leistungen vergleichbar, ist auch der Preis vergleichbar. Dieser Vergleichbarkeit muss der Maler entkommen. Wird dem Kunden zur Standardleistung ein Mehrwert bei Beratung, Betreuung, Ausführung oder Service geboten, sind es oft diese kleinen, leistungsunabhängigen Unterschiede zur Konkurrenz, die den Kunden ansprechen. Der Betrieb entgeht hierdurch der unmittelbaren Vergleichbarkeit. Reicht dies aber alleine nicht aus, bedarf es einer grundlegenden Neuausrichtung, weg vom Standard hin zu Spezialtechniken. Der Betrieb muss sich eine neue Zielgruppe, neue Kunden erschließen, die auf qualitativ hochwertige Leistung vom Fachmann Wert legen, und bereit sind, dafür einen angemessenen Preis zu bezahlen. Das geht nicht von heute auf morgen. Kann es sich der Betrieb leisten, sollte dieser Prozess schleichend vollzogen werden. Das kann unter Umständen Jahre in Anspruch nehmen, denn die entsprechende Struktur und Manpower muss aufgebaut werden, um eine professionelle Leistungsausführung garantieren zu können. Nicht jeder kann von jetzt auf gleich hochwertige Spachteltechniken anbieten, wenn niemand im Team diese Technik professionell umsetzen kann. Das betrieblich Machbare muss stets im Auge behalten und sukzessive weiter ausgebaut werden. So können auf lange Sicht betriebliche Umstrukturierungen erfolgreich gelingen. Wer sich aber einmal für einen solchen, neuen Weg entschieden hat und diesen mit Leidenschaft und voller Überzeugung geht, wird auch wieder viel Freude an seiner Arbeit und dem Umgang mit seinen neuen Kunden finden.
„Wenn ein Maler oder Stuckateur mit den Preisen Probleme hat, dann sollte er tunlichst seine Leistung überdenken. Der Weg zu besseren Preisen ist der Weg raus aus der Vergleichbarkeit.“ |
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