Fototapeten liegen seit Jahren im Trend. Sie schmücken die eigenen vier Wände und sorgen für einen persönlichen Wohlfühlfaktor. Die Bildmotive sind vielfältig – egal, ob Wald, Strand oder die Skyline von New York, das Angebot ist groß und die Freude über die schöne Wandgestaltung ebenso. Schnell ein Selfie vor der Fototapete gemacht und auf Facebook posten? Warum nicht?! Ein solches Verhalten entspricht heutzutage der Lebensgewohnheit der Menschen. Es ist normal. Aber ist es auch legal?
Es gibt Fotografen, die solche und ähnliche Fotos, auf denen im Hintergrund eine Tapete mit einem von ihnen geschossenen Bildmotiv zu sehen ist, zum Anlass nehmen, um Abmahnungen zu versenden und Schadenersatz zu fordern. Sie sehen durch die Veröffentlichung im Netz ihr Urheberrecht verletzt. Aber ist dem wirklich so?
Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte sich jetzt in drei Verfahren mit dieser Fragestellung zu beschäftigen. In allen drei Fällen ist die Klägerin ein von einem Berufsfotografen gegründetes Unternehmen, das von dem Fotografen angefertigte Lichtbilder als Fototapeten vermarktet.
Im ersten Fall erwarb die Beklagte über eine Internetseite eine Fototapete, auf der eine Fotografie abgedruckt ist, an der die Klägerin Rechte beansprucht. Die Beklagte ließ die Tapete an einer Wand in ihrem Haus anbringen. Die Tapete war in mehreren Videobeiträgen auf ihrem Facebook-Auftritt im Hintergrund zu sehen (I ZR 139/23).
Die Beklagte im zweiten Fall betreibt eine Web- und Medienagentur. Sie stellte ein Bildschirmfoto der von ihr gestalteten Internetseite eines Tenniscenters auf ihrer eigenen Internetseite ein. Auf dem Bildschirmfoto ist der Gastraum des Tenniscenters mit einer Fototapete zu sehen, an deren Bildmotiv die Klägerin die Urheberrechte beansprucht (I ZR 140/23).
Im dritten Fall verwendete der Beklagte eine Fototapete mit einem Bildmotiv, an dem die Klägerin Rechte beansprucht, als Wandtapete in einem Zimmer des von ihm betriebenen Hotels. Die Wandtapete ist auf einem Foto erkennbar, mit dem der Beklagte seine Dienstleistungen im Internet bewarb (I ZR 141/23).
Die Klägerin verlangt in allen drei Fällen Schadenersatz und Erstattung der Abmahnkosten. Sie ist der Auffassung, dass die Abbildungen der Fototapeten auf Fotos und Videos im Internet die ihr vom Fotografen eingeräumten Nutzungsrechte an den auf den Tapeten abgedruckten Fotografien verletze.
Die Karlsruher Richter sprachen jetzt Klartext! Sie urteilten: In allen drei Fällen liegt keine Urheberrechtsverletzung vor (Urteil vom 11.9.2024 – I ZR 139/23; I ZR 140/23; I ZR 141/23). Die Nutzung von Abbildungen einer Fototapete im Internet verletze nicht die nach dem Urheberrechtsgesetz geschützten Rechte an den auf der Tapete abgedruckten Fotografien.
Die Vervielfältigung durch Anfertigung von Fotografien und Videoaufnahmen in mit Fototapeten dekorierten Räumen sowie das Einstellen dieser Fotografien und Videos im Internet – sowohl zu privaten als auch zu gewerblichen Zwecken – sei üblich und liege damit im für den Urheber vorhersehbaren Rahmen der vertragsgemäßen Verwendung der Fototapeten. Die Bundesrichter verweisen darauf, dass es dem Fotografen freistehe, vertragliche Nutzungseinschränkungen zu vereinbaren und auf solche Einschränkungen (zum Beispiel durch Anbringen einer Urheberbezeichnung oder eines Rechtsvorbehalts) auch für Dritte erkennbar hinzuweisen. Dies hatte der Fotograf in den vorliegenden Fällen aber nicht getan.