Für das Handwerk ist es derzeit nicht leicht. Was in der Coronakrise seinen Anfang nahm, setzt sich mit dem Ukrainekrieg fort. Explodierende Baustoff-Preise und Materialengpässe werden jetzt noch flankiert durch steigende Bauzinsen sowie Förderbeschränkungen. All das hinterlässt bereits sichtbare Spuren. Lange Wartezeiten für Kunden sind hierbei nur das geringste Übel. Vielmehr lassen die enormen Preissteigerungen, Auftragsstornierungen und sinkende Baugenehmigungen die Bauwirtschaft sorgenvoll in die Zukunft blicken. Doch nicht nur die Unternehmen befinden sich in Alarmstimmung. Auch die IG Bau, die Gewerkschaft der Bauwirtschaft, betrachtet die aktuelle Entwicklung mit Sorge. Mehr dazu lesen Sie in dem aktuellen Artikel „Wohnungsbau: nach wie vor Stornierungen und sinkende Baugenehmigungen“.
Sieht man das drohende Unheil aufziehen, kann aber an der Situation selbst nichts ändern, sondern ist auf die Zuschauerbank verbannt, machen sich schnell Unmut, Ärger und Frust breit. So erging es wohl auch 16 Innungs-Obermeistern der Kreishandwerkerschaft Halle-Saalekreis, die sich jetzt in einem Offenen Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz wandten. In diesem ist zu lesen: „Wir machen uns berechtigte Sorgen. Sorgen um die Zukunft unserer Kinder und Enkel, Sorgen um den Fortbestand unserer Betriebe, Sorgen um unser Land. Am 8. Dezember 2021 haben Sie geschworen, dass Sie Schaden vom deutschen Volk abwenden werden. Wir appellieren an Ihre Ehre: Erfüllen Sie diesen Schwur!“ Der Offene Brief ist auf dem Online-Nachrichtenportal „dubisthalle.de“ veröffentlicht und kann dort gelesen werden.
Die 16 Handwerksmeister aus Sachsen-Anhalt nehmen kein Blatt vor den Mund. Sie sagen offen ihre Meinung. Am Ende des Briefes stellen sie drei Forderungen an Kanzler Scholz. Sie fordern erstens einen sofortigen Stopp aller Sanktionen gegen Russland, zweitens die sofortige Aufnahme von diplomatischen Verhandlungen zur Beendigung des Krieges sowie drittens alle politischen Entscheidungen auf den Nutzen für das deutsche Volk zu überprüfen.
Der Brandbrief schlägt derzeit in den deutschen Medien landauf landab Wellen. Im Norden titelt der Nordkurier auf seiner Onlineseite: Ostdeutsche Handwerker proben den Aufstand gegen Kanzler Olaf Scholz. Im Süden setzt der Onlinedienst Nordbayern.de auf die Headline: „Nicht unser Krieg“: Handwerker fordern von Scholz Stopp der Russland-Sanktionen. Und das Nachrichtenmagazin Spiegel.de überschreibt seine Berichterstattung mit der Schlagzeile: Handwerker aus Sachsen-Anhalt verlangen Ende der Russlandsanktionen.
Zumindest mediale Aufmerksamkeit konnte die Kreishandwerkerschaft Halle-Saalekreis mit ihrem Offenen Brief erzielen. Ob sie auch beim Bundeskanzler Gehör finden werden, wird sich zeigen.