Konflikte gehören zum Alltag im Handwerksbetrieb. Sie sind unausweichlich, wo Menschen zusammenarbeiten und entstehen dort, wo Beziehungen, Erwartungen und Interessen aufeinandertreffen. Gerade weil unterschiedliche Persönlichkeiten mit eigenen Vorstellungen zusammenwirken, lassen sich Missverständnisse kaum vermeiden. Entscheidend ist jedoch nicht das Vermeiden von Konflikten, sondern der Umgang mit ihnen. Wer die Mechanismen hinter Konflikten versteht, kann Eskalationen vorbeugen und im Ernstfall besser reagieren.
Oft beginnt ein Konflikt harmlos: Ein Vorgesetzter fordert „Top-Qualität“ und mehr Tempo auf der Baustelle – doch was genau ist damit gemeint? Ohne klare Kommunikation entstehen unterschiedliche Interpretationen, die Erwartungen bleiben unklar. Wo keine gemeinsame Basis besteht, ist Enttäuschung vorprogrammiert. Auch persönliche Eigenheiten können Reibungspunkte erzeugen – nicht jeder versteht die Art des anderen oder geht gleich damit um.
Konflikte lassen sich grob in drei Kategorien einteilen:
Wahrnehmungskonflikte
Wahrnehmungskonflikte entstehen durch Missverständnisse oder fehlende Wertschätzung – Aussagen oder Verhaltensweisen werden unterschiedlich interpretiert. Eine Aussage wie „Haltet Euch ran, alle Arbeiten sind zack-zack zu erledigen“, birgt Spannungspotenzial. Was soll das konkret heißen? Es fehlt einfach an detaillierten Informationen. Die Folge sind Unklarheiten. Wie sollen sich die Mitarbeiter verhalten? Eins ist klar: Die Bewertung des Chefs wird hier ganz sicher anders ausfallen als die der Mitarbeiter.
Verteilungskonflikte
Verteilungskonflikte drehen sich um Ressourcen, Rechte oder Einfluss – etwa, wenn sich ein Mitarbeiter benachteiligt fühlt. Hat ein Mitarbeiter das Gefühl, dass ein anderer Mitarbeiter sich stets die Brückentage als Urlaubstage herauspickt und er somit stets das Nachsehen hat und an den Brückentagen arbeiten muss, dann kann dies schnell in einem Konflikt enden. Aber auch, wenn das eine Maler-Team stets das neue, top-schicke Airless-Gerät zugeteilt bekommt und das andere Team sich auf der Baustelle stets mit dem schon in die Jahre gekommenen Gerät herumschlagen muss, ist ein Konflikt vorprogrammiert.
Rollenkonflikte
Rollenkonflikte entstehen, wenn Erwartungen an eine Funktion nicht übereinstimmen oder mehrere Personen denselben Anspruch erheben. Ein klassischer Rollenkonflikt tritt häufig zu Tage, wenn ein Kollege zur Führungsperson aufsteigt. Wird der bisherige Kollege plötzlich der neue Chef, erwarten die einen Mitarbeiter ein Weiter-So, das heißt ein freundschaftliches Miteinander auf Augenhöhe, während andere wollen, dass der neue Chef seiner Rolle als Vorgesetzter gerecht wird.
Konflikte fangen klein an
Konflikte erzeugen Druck – emotional wie organisatorisch. Mit der Zeit kann sich ein gesamtes Arbeitsumfeld um den Konflikt drehen. Dabei fangen Konflikte mal klein an und entwickeln sich dann peu à peu in verschiedenen Verlaufsstufen bis zur absoluten Eskalation, von der es kein Zurück mehr gibt.
Der österreichische Konfliktforscher Friedrich Glasl hat diesen Prozess in neun Eskalationsstufen beschrieben. Beginnend mit leichten Spannungen und Meinungsverschiedenheiten (Stufe 1), steigert sich das Geschehen über hitzige Debatten, Drohungen und Koalitionsbildung bis hin zum offenen Schlagabtausch (Stufe 7) und schließlich zur vollständigen Zerstörung der Beziehung – auch um den Preis des eigenen Schadens (Stufe 9).
Frühzeitig de-eskalierend wirken
Entscheidend ist daher der richtige Zeitpunkt zum Eingreifen. In frühen Phasen lässt sich ein Konflikt oft noch durch ein konstruktives Gespräch entschärfen. Zuhören, Interessen verstehen und gemeinsam nach tragfähigen Lösungen suchen – das ermöglicht Win-win-Lösungen. Auf mittleren Eskalationsstufen dagegen verfestigt sich der Wille, zu siegen, während der andere verliert. Hier hilft häufig nur noch externe Vermittlung durch unparteiische Dritte. In den letzten Eskalationsstufen ist schließlich kaum noch ein Ausweg ohne Intervention von außen möglich – etwa durch Gerichte oder Vorgesetzte.
Das zeigt deutlich: Bei auftretenden Konflikten sollte nie weggeschaut werden. Es muss vielmehr so früh wie möglich versucht werden, den Konflikt einer Lösung zuzuführen. Konflikte lösen sich nicht von allein. Man muss die Konfliktlösung aktiv angehen.
Dabei hilft frühzeitig ein klarer Blick auf das Wesentliche zu haben: Sachfragen und zwischenmenschliche Themen sollten voneinander getrennt behandelt werden.
Gerade zu Beginn eines Konflikts ist es den Beteiligten noch möglich, eine Lösung zum Vorteil aller anzustreben. Hierbei ist das Gespräch das zentrale Element bei der Lösung des Konflikts. Besonders wichtig ist hierbei das aktive Zuhören, also eine positive Grundhaltung dem anderen gegenüber. Hinter Positionen verbergen sich oft Interessen, die sich – mit etwas Kreativität – durchaus verbinden lassen. Eine Win-Win-Lösung, also eine gemeinsame Lösung, die beide Seiten als fair empfindet, hält länger und verhindert, dass Konflikte erneut aufflammen.