Landauf landab kostet eine Malerstunde zwischen 35 und 50 Euro. Malerkunden reagieren oft mit Unverständnis, wenn sie diese Preise zahlen sollen. Sie empfinden sie als zu teuer. Doch die Realität sieht anders aus: Mit diesen Preisen wird in den Malerberieben oft kein Geld mehr verdient. In vielen Malerbetrieben decken sie oftmals nur die Kosten. Wenn überhaupt, dann ist meist nur ein spärlicher Gewinn drin. Trotz guter Auftragslage ist an eine nennenswerte Eigenkapitalsteigerung bei den Betrieben nicht zu denken. Das ist verheerend. Denn gerade in guten Jahren sollten Betriebe für ein monetäres Polster sorgen, von dem sie in schlechteren Zeiten zehren können. Wie kann das alles sein? Was können Malerbetriebe besser machen? Worauf sollten sie achten? Über dieses Thema sprach die Redaktion von Malerblog.net mit Thomas Scheld, dem geschäftsführenden Gesellschafter der C.A.T.S.-Soft GmbH, dem Software- und Beratungsunternehmen aus dem hessischen Gladenbach. Scheld berät seit über 25 Jahren Maler- und Stuckateurbetriebe und weiß, wo die Betriebe der Schuh drückt und was bei der Preisermittlung so alles schief läuft.
Herr Scheld, viele Malerbetriebe stecken in einem Dilemma. Sie müssen einen Preis am Markt realisieren, den der Kunde oft nicht bereit ist, zu zahlen. Dann wird schnell mit „Marktpreisen“ operiert. Was bedeutet das für die Betriebe und was raten Sie ihnen?
Wer dauerhaft mit Preisen am Markt agiert, die unterhalb seines Kostenstundensatzes liegen, der zehrt mittelfristig die Substanz seines Unternehmens auf. Das hört sich erstmal theoretisch an, wird dann aber irgendwann bittere Realität: Nach einigen Jahren geht ein wichtiges Gerät kaputt, ein Firmenfahrzeug muss gekauft oder einfach nur das Büro des Malerbetriebs frisch renoviert werden. Und für genau diese Investitionen in die betriebliche Infrastruktur – in die Grundlage dessen, womit der Betrieb sein Geld verdient – ist dann „plötzlich“ kein Geld mehr da. Weil in den Jahren zuvor zu wenig verdient und damit zu wenig für die Substanzerhaltung zurückgelegt wurde.
Der Kostenstundensatz ist also ein zentrales Element der Preisfindung und damit der betriebswirtschaftlichen Unternehmensführung. Welche Fehler machen Betriebe aus Ihrer Erfahrung häufig bei der Berechnung?
Für die Berechnung des Kostenstundensatzes werden die betrieblichen Kosten ermittelt und mit der produktiven Leistung in Beziehung gesetzt. Hierbei geht es um den Blick ins Detail. Es gibt beispielsweise Betriebe, in denen die Ehefrau des Inhabers halbtags im Büro mithilft. Und gar nicht so selten wird sie für ihre Arbeitsleistung nur als geringfügig Beschäftigte oder manchmal auch gar nicht bezahlt. In diesem Fall sind die tatsächlich anfallenden Kosten zu niedrig und müssen im Rahmen der Berechnung des Kostenstundensatzes über einen kalkulatorischen Ansatz erhöht werden. Schließlich müsste der Betrieb bei Anstellung einer familienfremden Person höhere Aufwendungen tätigen und das muss in die Kalkulation der Preise einfließen. Ansonsten würde der Gewinn auf Kosten der mithelfenden Familienangehörigen erzielt. Ähnlich verhält es sich mit dem im Unternehmen gebundenen Kapital. Würde das anderweitig angelegt, würde es einen Ertrag erbringen. Also muss die Kapitalverzinsung bei der Preiskalkulation berücksichtigt werden. Und auch die Anlagegüter, also die zahlreichen Geräte und Maschinen im Malerbetrieb, gilt es detailliert zu betrachten. Da ist die in den steuerlichen Afa-Tabellen genannte Nutzungsdauer oft viel länger als die Geräte tatsächlich im Betrieb durchhalten. Wer das in seine Verkaufspreise nicht einrechnet, dem fehlt irgendwann das Geld, um ein defektes Gerät zu ersetzen. Das sind nur drei Beispiele von vielen, die gerne übersehen werden.
Kennt der Malerunternehmer seinen betrieblichen Kostenstundensatz, weiß er, dass der Erlös höher sein muss, um Gewinn zu machen. Er kennt sozusagen seine Schmerzgrenze. Aber was raten Sie dem Betrieb, wenn er bereits mit seinem Kostenstundensatz weit über dem regionalen Marktpreis liegt?
Genau darum geht es ja. Zu erkennen, wie wettbewerbsfähig das eigene Unternehmen ist. Und wenn man sieht, dass es eben nicht mehr passt, dann geht es ans Eingemachte: Die Unternehmensstruktur kommt auf den Prüfstand. Sie wird verändert mit dem Ziel den Kostensatz zu optimieren und das Unternehmen wettbewerbsfähiger zu machen. Letztlich geht es um das grundsätzliche, unternehmerische Interesse der Gewinnoptimierung und sonst nichts.
Besitzt der Kostenstundensatz noch weitere Aussagekraft?
Wer seinen Kostenstundensatz und die Zusammenhänge zwischen Betriebsstruktur und Kosten im Detail kennt, der kann dieses Wissen zur Absicherung vieler betrieblicher Entscheidungen nutzen. So wird weniger aus dem Bauch heraus gehandelt und die Chance auf Entscheidungen mit guten Ergebnissen steigt.
In welchem zeitlichen Rhythmus sollten Betriebe ihren Stundenverrechnungssatz hinterfragen und neu kalkulieren?
Der Kosten-Stundensatz sollte immer dann angepasst werden, wenn es in der Struktur des Unternehmens zu Veränderungen kommt. Also beispielsweise wenn neue Mitarbeiter eingestellt werden oder vorhandene das Unternehmen verlassen. Natürlich auch, wenn sich der Geräte- und Maschinenpark ändert, wenn Lohnerhöhungen anstehen, wenn sich die Urlaubsansprüche von Mitarbeitern ändern, wenn Beträge und Abgaben erhöht oder gesenkt werden und vieles mehr. Mindestens einmal im Jahr sollte eine grundsätzliche Betrachtung erfolgen.
In den Betrieben hört man ja immer: „Wenn ich so kalkuliere, bekomme ich keinen Auftrag“. Was sagen Sie dazu?
Es gibt auf dem Markt fast immer einen Anbieter der billiger ist. Das ist in jeder Branche so. Aber ist er auch besser? Oder ist er ein Billigmeier, der seine Mitarbeiter schlecht bezahlt und Sozialleistungen nicht angemessen erbringt? Und vielleicht nimmt es der Billige auch mit der Qualität nicht so ernst. Natürlich gibt es immer auch einen Anbieter, der einfach nicht betriebswirtschaftlich rechnet oder es nicht kann. Wer seinen Stundensatz zu niedrig ansetzt, der wird seinen Betrieb auf Dauer nicht halten können. Das Nachsehen haben dann die Kunden, vor allem dann, wenn es zum Gewährleistungsfall kommt. Manchmal muss man dem Kunden das einfach erklären. Und man muss auch bereit sein, einen Auftrag nicht anzunehmen statt für den Auftrag noch Geld mitzubringen. Viele unserer Kunden haben das seit langem verstanden. Nicht umsonst helfen wir jedes Jahr in unzähligen Fällen bei der Ermittlung des Kostenstundensatzes. Und oft werden wir auch um einen Blick von außen in Malerunternehmen gebeten. Das Ziel ist dabei immer die Gewinnsteigerung.