Jessica Jörges ist der absolut beste Beweis dafür, dass es Frauen im Handwerk (einer, so die landläufige Meinung, Männerdomäne) richtig weit bringen können. Sie ist die personifizierte „Girl Power“. Alles, was sie anfasst, ist von Erfolg gekrönt. Bei ihr läuft’s einfach.
Gerade erst hat die junge Malerin aus Dreieich den Bundesleistungswettbewerb der Maler in Hamburg gewonnen. Nicht ihr einziger Sieg. Schon vorher hatte sie im Landesinnungswettbewerb in Hessen geglänzt und alle überzeugt sowie auch ihre Gesellenprüfung als Innungsbeste abgeschlossen. Der Erfolg zieht sich bei der jungen Gesellin wie ein roter Faden durch ihr Leben. Der Bundesleistungswettbewerb war für sie schon eine richtig große Sache, die ihr unglaublich viel Spaß gemacht hat: „Es war wirklich stressig, aber es hat so viel Spaß gemacht. Und wenn man einmal in seiner Arbeit drin ist, hoch konzentriert daran arbeitet, da ist so viel Adrenalin im Spiel, es läuft dann einfach. Nur danach, da will man einfach nur ins Bett fallen.“
Ohne Fleiß kein Preis
Der Erfolg der jungen Hessin kommt nicht von ungefähr. Jessica arbeitet hart. Und auch für den Wettbewerb in Hamburg hat sie, wie ein Sportler für seine Disziplin das auch tun würde, richtig trainiert. „Ohne Training läuft da gar nichts“, lächelt sie und fügt dann hinzu: „manche Sachen, die man abrufen muss, sind ziemlich schwierig, wie zum Beispiel das freie Ausmalen ohne vorheriges Abkleben. Das muss schon sitzen und auch die zeitliche Abfolge will gut überlegt sein. Man braucht einen Plan und ein gutes Timing und muss es schaffen auch unter Druck sein Können abzurufen.“
Beim Bundesentscheid in Hamburg geht es darum, dass die jungen Malergesellen in einem Wettbewerb ihr Können unter Beweis stellen und damit nicht nur das Malerhandwerk repräsentieren, sondern auch zeigen, was man in einer Ausbildung zum Maler alles lernt.
Kreativität und Können
So war es die Aufgabe aller Teilnehmer einen Messestand für die Hamburger Innung zu gestalten. In einer Kabine sollten verschiedene Wandteile unterschiedlich bearbeitet werden. Neben den festgelegten Vorgaben musste auch eine freie Gestaltung erstellt werden. Jessica entschied sich hierbei für eine aufwendige Arbeit mit einer Digitaldrucktapete, die sie im Vorfeld extra hatte anfertigen lassen. Ein Speedwettbewerb, bei dem verschiedene Farbtöne gemischt werden mussten, zeigte, dass auch wenn man unter Zeitdruck arbeitet, immer noch hervorragende Ergebnisse entstehen können.
Ihr Sieg in Hamburg öffnet Jessica weitere Türen. Sie gehört nun zum deutschen Nationalteam und wird in 2020 an der Europameisterschaft in Graz teilnehmen. Wie es dort abläuft, konnte Jessica bereits im September bei den „Euroskills“ in Budapest als Zuschauerin erleben. „Das war wirklich der Wahnsinn. Eine riesige Menschenmenge in einer großen Messehalle, die den Teilnehmern auf der Bühne zujubelt“, erzählt sie begeistert. Bis es soweit ist, wird Jessica mit Trainings und Coachings auf diesen internationalen Wettbewerb vorbereitet. Auch für die Teilnahme an der Weltmeisterschaft möchte sie sich bewerben. Die Regularien sind hier allerdings noch strikter. Neben einem vorher ausgefochtenen Wettbewerb müssen zudem ein Stress- und Belastungstest absolviert werden.
Mit Social Media junge Leute erreichen
Seit Beginn ihrer Lehre im elterlichen Betrieb bloggt die 20jährige erfolgreich über das, was sie tut und erlebt. Und das schlägt mittlerweile große Wellen und hat zudem eine große Reichweite. Andere junge Menschen nehmen sie als Botschafterin für das Malerhandwerk wahr und sehen in ihr auch ein Vorbild. Sie schauen zu ihr auf und verfolgen über Social Media und den Blog (www.buntezukunft.de) was sie tut. Ihre Art inspiriert andere dazu eine Ausbildung im Handwerk zu beginnen. „Gerade erst hat eine Freundin von mir eine Zimmerlehre begonnen. Auch sie hat Abitur und verstanden, dass eine handwerkliche Ausbildung nur Vorteile bringt“, sagt Jessica und fügt hinzu: „Das finde ich wirklich super.“ Bei Instagram bekommt sie häufig sehr positive Rückmeldungen von anderen jungen Frauen, worüber sie sich extrem freut. Und sie ist bekannt, viele junge Menschen kennen sie und verbinden etwas mit ihr.
Jessica ist sehr reflektiert. Sie weiß, dass sie extrem viel in ihrer Ausbildung ausprobieren konnte, viele Seminare besuchen konnte, überall reinschnuppern durfte und spannende Techniken erlernen konnte. „Ich habe viel mehr gelernt als ein normaler Azubi. Bei mir war das eigentlich keine normale Ausbildung, ich hatte extra Coachings, Kreativseminare, öffentliche Termine“. Gerade erst war sie im Rahmen eines solchen Termins bei einem Mediendialog zur FAF 2019. Dort schilderte sie ihre Sicht auf die Dinge und auch auf die Probleme im Malerhandwerk, wie zum Beispiel den Azubimangel. Es ist die Sicht einer jungen Frau, die genau weiß, was sie will und wie sie das erreichen kann.
Kein Stillstand für die Zukunft
Dass sie ihren Meister macht, ist für Jessica mehr als klar. Nur ob sie den Techniker gleich noch mit dran hängt und vielleicht den Betriebswirt des Handwerks mitmacht, darüber denkt Jessica noch nach. Auf jeden Fall ist sie eine „Dranbleiberin“. Eine, die nach vorne blickt, immer auf der Suche nach neuen Herausforderungen und Erfahrungen.