Auf Baustellen treffen die unterschiedlichsten Akteure aufeinander. Menschen aus völlig unterschiedlichen Bereichen, mit verschiedenen Hintergründen und abweichenden Zielsetzungen, Interessen und Wünschen. Ihr Zusammenspiel ist nicht immer leicht.
Interessen der Akteure
Da gibt es den Kunden und Auftraggeber, der sein Geld für eine schöne Renovierung oder einen Neubau einsetzt und natürlich über eine entsprechende Erwartungshaltung verfügt. Da gibt es den Architekten und Bauleiter. Er ist vom Kunden beauftragt und verantwortet die ordnungsgemäße und termingerechte Ausführung der Arbeiten. Gegenüber Dritten wie den bauausführenden Handwerksbetrieben vertritt er die Interessen des Kunden. Dann gibt es noch die anderen ebenfalls auf der Baustelle aktiven Gewerke, die natürlich, wie der Malerunternehmer auch, bestrebt sind, eine ordentliche Arbeit innerhalb eines gesetzten Zeitrahmens abzuliefern. Diese Akteure – samt der dazugehörigen Gesellen – auf der Baustelle unter einen Hut zu bringen, sodass alle rundum zufrieden sind und mit Freude ihrem Tagwerk nachgehen, ist nicht immer ganz einfach.
Wenn’s ein Problem gibt
Ein Malerunternehmer will – wie seine Handwerkskollegen im Übrigen auch – möglichst wenige Probleme auf der Baustelle. Er muss mit den kalkulierten Kosten hinkommen, will er nicht den Auftrag abwirtschaften. Jede Zusatzstunde kostet Geld. Jede Zusatzarbeit ohne Nachtrag ebenso. Doch häufig kommt es auf Baustellen anders als man denkt. Nicht alles lässt sich vorhersehen. Ist der Vorhandwerker mit seinen Arbeiten nicht fertig geworden, kann der Maler nicht zu dem vereinbarten Termin starten. Und weist der frische Estrich Unebenheiten auf, muss das Problem gelöst werden bevor der Maler mit den Bodenarbeiten starten kann. So gibt es viele Beispiele, die sich tagtäglich auf Baustellen ereignen und die zu Interessenkonflikten führen. Enge Terminpläne und eine knappe Gewinnkalkulation der Handwerksbetriebe tun ihr Übriges dazu und sind zur Konfliktlösung nur bedingt geeignet.
Interessenkonflikte lösen
Erkennt der Malerunternehmer ein Problem, muss er sofort reagieren. Sein Interesse ist eine Problemlösung zu erzielen, die schnell erfolgt und für ihn möglichst keine Zusatzkosten verursacht. Es kommt zu einem Interessenkonflikt zwischen ihm und dem Problemverursacher. Zur Lösung von Konflikten ist Kommunikation das A und O. Oft ist es dabei wichtig, weitere Mitstreiter an der Seite zu haben. Daher sollte der Malerunternehmer zunächst überlegen, welcher der Akteure seine Interessen teilen könnte. Im Estrich-Beispiel liegt der Fall eindeutig. Der Kunde bzw. dessen Bauleiter dürfte seine Interessen teilen und den Estrichleger zum Rapport bitten. Ist dem Estrichleger aber eine kurzfristige Nachbesserung nicht möglich, besteht das Problem weiterhin. Das Ausgleichen des Untergrundes könnte der Maler vornehmen und so das Problem durch eine Nachtragsvereinbarung aus der Welt schaffen. Allen Beteiligten wäre mit dieser Problemlösung schnell geholfen.
Völlig falsch wäre es in einem solchen Fall, das Problem zu erkennen, nichts zu sagen und die Malergesellen mal eben zwei Stunden arbeiten zu lassen – einfach so für lau. Dieses Verhalten wird von keinem der Beteiligten gewürdigt, denn die vom Malerbetrieb kostenlos erbrachte Mehrleistung war niemandem bekannt.
Interessenkonflikte werden auch nicht dadurch gelöst, dass man sprichwörtlich mit dem Kopf durch die Wand geht. Besteht der Malerunternehmer darauf, dass der Estrichleger seine miese Arbeit selbst zu korrigieren hat und er erst danach Hand an den Boden legt, ist der Karren schnell verfahren, eine schlechte Stimmung auf der Baustelle und das Ganze einer Problemlösung nicht dienlich.
Sich um eine tragfähige Lösung bemühen, um seine eigene Arbeit nicht zu gefährden, sollte oberstes Ziel bei einem bestehenden Konflikt sein, auch wenn man selbst nicht Verursacher des Problems ist. Es bieten sich häufig sinnvolle Alternativlösungen an. Wie in dem Estrich-Beispiel gleicht der Maler die Unebenheiten aus – natürlich gegen Bezahlung. Der Kunde lässt sich den Betrag vom Estrichleger erstatten. Mit einer solchen Lösung ist oft allen Beteiligten – auch dem Estrichleger – geholfen. Wer sich konstruktiv an der Lösungssuche beteiligt, sammelt beim Kunden Pluspunkte.
Eskalation vermeiden – den anderen verstehen
Manchmal sind Interessenkonflikte aber unüberbrückbar, zum Beispiel wenn die Problemursache und damit der Verursacher nicht eindeutig sind. Jeder beharrt auf seinem Standpunkt und niemand will nachgeben. Eine solche Situation ist für alle Beteiligten unbefriedigend. Hardliner sind jetzt völlig fehl am Platz. Sie verschlimmern nur die Situation, denn unter Hardlinern wird aus einem Konflikt ein handfester Streit. Um eine Eskalation zu vermeiden, sind Kompromisse die beste Lösung. Hier muss jeder der Konfliktparteien ein paar Federn lassen, aber im Endeffekt entsteht eine Win-Win-Situation. Wer in der Lage ist, sich in die Situation seines Gegenübers zu versetzen, wird verstehen, dass der Konfliktpartner ebenso wie man selbst, seine eigenen Ziele hat und seine eigenen Interessen vertritt. Wird das verstanden und sich deutlich vor Augen geführt, fällt ein Kompromiss leichter und niemand verliert sein Gesicht. Ein gemeinsames Arbeiten auf der Baustelle wird so weiterhin möglich sein.
Mitarbeiterkonflikte als Produktivitätskiller
Und dann gibt es auf Baustellen natürlich viele zwischenmenschliche Konflikte auf Mitarbeiterebene. Die Ursachen für solche Konflikte können vielfältig sein. Nicht jeder Geselle ist ein gewerkübergreifender Teamplayer und Sprach- und Kulturgrenzen bergen ebenfalls ein nicht zu unterschätzendes Konfliktpotenzial. Malerunternehmer sollten daher auch immer einen Blick auf das Miteinander auf der Baustelle werfen. Fair-Play gilt für alle und sollte es zu Konflikten kommen, sollte sich der Malerunternehmer nicht scheuen, seinen Handwerkskollegen zu kontaktieren, um gemeinsam mit ihm an einer konfliktfreien, friedlichen Baustelle zu arbeiten, auf der alle Gesellen gemeinsam an einem Strang ziehen. Probleme und Missverständnisse müssen unter Federführung der Chefs auf der Baustelle unter den Streithähnen offen angesprochen und aus der Welt geräumt werden. Fair-Play ist nicht nur eine Initiative im Fußball. Fair-Play gilt auch für die Baustelle, wo viele Mannschaften mit unterschiedlichen Menschentypen aufeinander treffen. Dies zu coachen ist auch Aufgabe des Handwerksunternehmers. Diesen Einsatz dankt nicht nur der Kunde, sondern erhöht auch die Produktivität der eigenen Mitarbeiter. Und so hat das Streben nach einer Konfliktlösung immer etwas mit der Verteidigung eigener Interessen zu tun.