Unbezahlte Rechnungen, hohe Außenstände, schlechte Auftragslage – ist ein Handwerksbetrieb zahlungsunfähig oder überschuldet, winkt die Insolvenz und damit leider auch oft die Zerschlagung des Unternehmens durch den Insolvenzverwalter. Da Handwerksbetriebe meist als Familienbetriebe geführt werden, steht nicht nur die Existenz der Mitarbeiter, sondern auch die der Inhaberfamilie auf dem Spiel. Einen Ausweg aus diesem Dilemma bietet Oliver Reetz. Er rettet seit 15 Jahren gestrandete, insolvente Kleinbetriebe vor dem Aus. Dabei geht sein Unternehmen Einstein14 einen anderen, außergewöhnlichen Weg, in Not geratenen Betrieben wieder auf die Beine zu helfen. Malerblog.net hat ihn zum Interview getroffen:
Herr Reetz, wie funktioniert Ihr Modell? Bitte stellen Sie es kurz vor.
Unsere Grundidee ist eigentlich sehr einfach. Ein Betrieb ist aus verschiedenen Gründen in eine Schieflage geraten, aus der er aus eigener Kraft nicht mehr heraus kommt. Anstatt das Unternehmen vom Insolvenzverwalter in der Insolvenz zerschlagen zu lassen, überführen wir es in eine neue Gesellschaft innerhalb unseres Firmenverbundes – und zwar zu 100%. Das bedeutet, daß alle Dinge, die für den Fortbestand der Firma von Nöten sind, wie Betriebsmittel, Mitarbeiter, Maschinen, Anlagen etc. mit übernommen werden. Der Geschäftsführer der neuen Gesellschaft bin im übrigen ich.
Wir führen dann die betriebswirtschaftlichen und buchhalterischen Geschicke des Unternehmens, allerdings ohne ins Tagesgeschäft einzugreifen. Mit dieser Methode kann das Unternehmen „ohne Rucken und Zucken“ weitergeführt werden und die Mandanten können sich ganz auf ihr Tagesgeschäft und ihre Arbeit konzentrieren.
Wer kann in den Genuß Ihrer Hilfe kommen?
Grundsätzlich erst mal jeder, der ein Unternehmen bis 20 Mitarbeiter führt. Größere Unternehmen betreuen wir nicht, da wir weder die Expertise noch die Investoren dafür haben. Dennoch prüfen wir in einem Erstgespräch genau, ob das Unternehmen tragfähig ist. Das bedeutet, das Unternehmen muß in der Lage sein einen Gewinn zu erwirtschaften, der die laufenden Kosten deckt. Außerdem muß der Unternehmer die Kraft, den Willen und die Lust haben weiter zu machen. Für viele ist unsere Hilfe eine echte Befreiung, sie fühlen sich als hätte man ihnen einen schweren Rucksack, eine Bürde abgenommen.
Was ist Ihr persönlicher Eindruck: Warum geraten Unternehmen in die Insolvenz?
Es hört sich vielleicht hart an, aber in den meisten Fällen ist es so, daß unsere Mandanten zwar gute Handwerker aber schlechte Betriebswirte sind. Kalkulation und Controlling finden quasi nicht statt. Für viele ist es zudem eine große Überraschung, daß sie mit der Gründung eines Unternehmens und der entsprechenden Tätigkeit auch verpflichtet sind, Steuern zu zahlen. Der Gesetzgeber will es nun mal so – nur viele haben das nicht bedacht und geraten so in eine finanzielle Schieflage. Ein weiterer Punkt ist ein Liquiditätsproblem, daß beispielsweise bei Abhängigkeit von einem großen Bauträger entsteht, der ebenfalls in die Insolvenz gerät und seine offenen Rechnungen nicht begleichen kann. Wenn dann keine anderen Aufträge oder Kunden zur Verfügung stehen, wird es schwer. Denn Banken stellen bei Handwerksbetrieben sehr häufig keine notwendigen Liquiditätsmöglichkeiten zur Verfügung.
Aus welchen Gewerken kommen Ihre Kunden?
Das ist sehr unterschiedlich. Wir betreuen Mandanten aus Gastronomie, Spedition, Werbung, dem Handwerk etc. Letztendlich ist das Gewerk nicht entscheidend, da das Know How dort bleibt, wo es ist. Wir greifen nicht ins Tagesgeschehen ein. Wir kümmern uns das Controlling und tun das sehr stringent. Der Betrieb muß laufen, wenn die Altverbindlichkeiten abgestoßen sind – das ist unser Ziel.
Helfen Sie auch, wenn „das Kind schon in den Brunnen gefallen ist“ oder nur, wenn es kurz davor steht?
Wir helfen natürlich am liebsten so früh wie möglich. Es gilt einige rechtliche Vorgaben zu beachten, was wir natürlich tun. In Abstimmung mit dem Insolvenzverwalter und im Rahmen eines Insolvenzverfahrens ist eine Rettung immer sehr rechtssicher.
In der Regel kommen die Leute aber zu uns, wenn gar nichts mehr geht, wir arbeiten dann entsprechend mit Rechtsanwälten und dem Insolvenzverwalter eng zusammen. Für uns ist auch entscheidend, daß der Unternehmer noch die Kraft besitzt überhaupt weiter zu machen. Sicherlich gibt es auch solche, die daran zerbrechen.
Wir kümmern uns schnell darum, daß Kontinuität vorhanden ist und die unternehmerische Tätigkeit weitergeführt werden kann und überführen den Betrieb in eine „vorrätige Gesellschaft“, die entsprechend umbenannt wird. Schnelligkeit ist hier wichtig, denn wenn erst mal das Telefon oder das Internet abgestellt werden, ist sowieso Ende.
Wie coachen Sie Ihre Mandanten in eine bessere Betriebsführung?
Für den ehemaligen Unternehmer und Selbständigen, der jetzt „nur“ noch Betriebsleiter und damit Weisungsempfänger ist, ist das nicht immer leicht. Sobald wir „übernehmen“ tätigen wir beispielsweise jede Überweisung, prüfen jede Rechnung, jede Investition, alle Verträge und wir stellen natürlich viele Fragen. Das ist natürlich anfangs eine Umstellung für diese Leute, und ich sage den Mandanten, daß es am Anfang sicher nicht sehr schön für sie ist. Denn sie müssen sich einfügen.
Im zweiten Schritt ist es natürlich toll, denn das Unternehmen läuft ja. Wir übernehmen alles vollständig und gucken ganz genau hin, denn wir tragen ja auch die Verantwortung.
Wie kommen die Betriebe wieder aus Ihrem Geschäftsmodell raus?
Einige Leute nehmen es so hin, wie es ist und freuen sich, daß ihnen jemand hilft und es endlich wieder richtig läuft. Diese Art von Mandanten bleiben gerne bei uns, sie richten sich quasi darauf ein. Andere wollen so schnell wie möglich wieder ihr Unternehmen zurück und es selbst führen. Auch dann bieten wir noch alle erdenkliche Unterstützung wie Controlling, Verträge checken, Buchhaltung etc.
Mein Interesse ist es, möglichst lange mit den Leuten zusammen zu arbeiten für eine langfristige Kundenbeziehung. Immerhin verdienen wir damit unser Geld. Wir bieten eine Plattform, daß alles ordentlich läuft und berechnen dafür eine monatliche Pauschale, die sich je nach Größe und Gewerk richtet. Diese Kosten müssen aus dem laufenden Geschäft erwirtschaftet und bezahlt werden. Allerdings können unsere Mandanten zu jedem Zeitpunkt ihr Unternehmen zurück bekommen und es in Eigenregie weiter führen. Eine Rückübertragung ist dann möglich.
Wo äußern Kunden Bedenken?
Manch einer hat das Gefühl, ihm wird sein Unternehmen weggenommen in eine Gesellschaft, wo er nicht mehr Gesellschafter ist. Doch das ist falsch: Denn immerhin handelt es sich hier um ein insolventes Unternehmen, was am Markt nun wirklich nicht als besonders sexy angesehen wird. Das Interesse daran ist gering. Außerdem erfolgt kein Know-How Transfer, es gibt keine Möglichkeit den Leuten „das Geschäft zu entziehen“, denn wir nehmen keinen Einfluß auf das Tagesgeschäft.
Viel eher ist es so, daß wir die Bürde der betriebswirtschaftlichen Problematik komplett übernehmen und damit auch die Liquiditätsproblematik wegfällt sowie die Abhängigkeit von Banken. Ein Gewinn für alle!
Wie lange kann es dauern bis ein Unternehmen „wieder läuft“?
Das ist unterschiedlich. Eine schwarze Null erreichen wir schnell. Ein Unternehmen ist dann stabil, wenn es all seine Verbindlichkeiten bedienen kann und aus eigener Kraft Löhne, Gehälter, Mieten etc. zahlen kann – auch dann, wenn es saisonal bedingt mal nicht so gut läuft. Dann bin ich zufrieden.
Wie hoch ist Ihre Erfolgsrate?
Wir sind sehr zufrieden. Hin und wieder gibt es natürlich auch mal einen Ausfall, aber die Anzahl ist so gering, daß man sie in den letzten 15 Jahren an einer Hand abzählen kann. Momentan betreuen wir erfolgreich 70 Unternehmen.
Auch die Insolvenzverwalter arbeiten sehr gerne mit uns zusammen, weil wir alles übernehmen und dafür sorgen, daß der Laden wieder läuft. Auch zu wissen, daß alle Mitarbeiter in „Lohn und Brot stehen“ ist wichtig. Unser Konzept ist eine echte Win-Win-Situation für alle.
Mehr über die Firmenretter erfahren Sie auf: http://firmenrettung.de/