Wärmedämmung ist in den letzten Jahren zunehmend in die Kritik geraten. Gerade der Verwendung klassischer Materialien wie Polystyrol stehen viele Verbraucher skeptisch gegenüber. Immer häufiger wird der Ruf nach alternativen Materialien laut. Unter den Schlagwörtern Bio-Rohstoffe oder nachwachsende Rohstoffe machen neue Produkte von sich reden. Doch welche Vorteile bieten nachwachsende Rohstoffe wie Hanf, Schilf oder Zellulose? Sind sie zum Dämmen wirklich geeignet?
Malerblog.net sprach mit Dipl.-Ing. Eva Riks vom Kompetenzzentrum HessenRohstoffe.
Frau Riks, Sie sind Fachreferentin für Bauen und Dämmen mit Bio-Rohstoffen beim Kompetenzzentrum HessenRohstoffe. Was ist das für ein Zentrum?
Das Kompetenzzentrum HessenRohstoffe (HeRo) e.V. wurde bereits 2004 auf Initiative der damaligen Landesregierung gegründet, um die Akteure der stofflichen und energetischen Biomassenutzung zu vernetzen. Zum 1. Januar 2015 sind die fachlichen Aufgaben vom Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) übernommen worden, um das seit langem bestehende Angebot an Beratung, Vernetzung und Information für die Produktion und Nutzung nachwachsender Rohstoffe weiterzuführen und zu ergänzen.
Zum Leistungsangebot gehören die Erarbeitung von Fachinformationen und allgemeinen Informationsmaterialien zur stofflichen und energetischen Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen. Außerdem vernetzen wir Akteure und Institutionen im Bereich der Erzeugung und Verwertung von Biorohstoffen, der wissenschaftlichen und technologischen Weiterentwicklung und der kommunalen Nutzung der Multiplikatoren im Bildungsbereich.
Wir organisieren Fachveranstaltungen und Ausstellungen, halten Fachvorträge und veröffentlichen Fachpublikationen. Wir koordinieren und wirken bei Forschungs- und Demonstrationsprojekten gemeinsam mit weiteren Partnern mit. Wir können auf mehrjährige Anbauversuche mit alternativen Energiepflanzen und deren Demonstration von Ernte, Aufbereitung, Lagerung und Verwertung von Biomasse zurück blicken.
Für Schulen und interessierte Bürgergruppen bieten wir Bildungsangebote zur stofflichen und energetischen Biorohstoffnutzung an und stellen entsprechende Unterrichtsmaterialien bereit.
Hessen widmet sich also schon seit Jahren sehr intensiv nachwachsenden Rohstoffen. Welcher Zweck wird damit verfolgt? Oder anders gefragt: Was ist Ihr Anliegen?
Unser Anliegen ist die praxisnahe Informations- und Netzwerkarbeit unter dem Aspekt wissenschaftlicher und praktischer Erfahrung für alle Produzenten und Anwender von Produkten aus nachwachsenden Rohstoffen. Insbesondere im Bauwesen sind die neuen, sehr gut konfektionierten Produkte den konventionellen Bau- und Dämmstoffen in Bezug auf bauphysikalische Eigenschaften, Wohngesundheit und Behaglichkeit vielfach überlegen.
Aufgrund seiner natürlichen Gegebenheiten bietet Deutschland und insbesondere das waldreiche Hessen ein ausbaufähiges Potenzial an Rohstoffen aus der Land- und Forstwirtschaft. Die Anwendung nachwachsender Rohstoffe leistet einen positiven Beitrag zum Umwelt- und Ressourcenschutz. Nachwachsende Rohstoffe können hierbei sowohl als Energieträger (zur Bereitstellung von Strom, Wärme, Kraftstoff) als auch in der stofflichen Nutzung (z.B. Bau- und Dämmstoffe, biobasierte Produkte im Garten- und Landschaftsbau, Biowerkstoffe, Färber-, Arznei- und Gewürzpflanzen) genutzt werden. Die Vielfalt des Anbaus nachwachsender Rohstoffen trägt zudem zur Erhöhung der Biodiversität und zum Erhalt der Kulturlandschaft bei.
Wo sehen Sie die Zukunft der Dämmung? Gibt es einen Trend?
Jedes Gebäude bedarf einer regelmäßigen Instandhaltung, um den Wert und die Nutzungsfähigkeit auf einem aktuellen Stand zu halten. Wer wünscht sich schon schwer heizbare Räume und die Toilette auf dem Hof zurück? Heute bedeutet die Instandhaltung auch, dass über entsprechende Maßnahmen der Energieeinsparung durch Wärmedämmung und die Modernisierung der Heizanlage nachgedacht wird. Jedes Gebäude braucht dazu eine individuelle Betrachtung, welche Maßnahmen wirklich effektiv sind.
Eine Wärmedämmung ist eine Investition in die Zukunft. Natürliche Materialien wie Holzweichfaserplatten, Zelluloseflocken, Hanffasermatten, Schilfplatten und andere Faserpflanzenprodukte bieten neben der Wärmedämmung auch sommerlichen Hitzeschutz, Schallschutz, eine sehr hohe Feuchtetoleranz, ein gesundes Raumklima und eine praktisch lebenslange Haltbarkeit. Sie sind leicht zu entsorgen oder wiederverwendbar.
Der Trend geht eindeutig zur Naturfaserdämmung, dort liegt die Zukunft, denn Nachhaltigkeit, Einsparung von Primärrohstoffen und natürliche Entsorgung bzw. Sekundärrohstoffnutzung wird unser Leben zunehmend bestimmen.
Die ideale Kombination, die vor allem Malerbetriebe interessieren dürfte, bieten Naturfaserdämmstoffe als WDVS mit diffusionsoffenen Dickschichtputzen, da sie kaum ein Algenproblem haben. In Innenräumen sollte die Naturfaserdämmung in Kombination mit Lehm und Kalk als Putz und Anstrich ausgeführt werden, was zu einem idealen und giftstofffreien Raumklima führt.
Vielen Dank für das Gespräch.