Jeder Sparer weiß, dass die Zinsen auf Erspartes seit Jahren im Keller oder sogar teilweise negativ sind. Nur das Finanzamt lässt sich, wenn Steuern nachberechnet werden dieses mit 6 Prozent im Jahr vergüten (§233a AO). Dieser in der Abgabenordnung (AO) in §238 geregelte Prozentsatz stammt noch aus dem Jahr 1961.
Hierzu hat jetzt der Bundesfinanzhof (BFH) in München, das höchste deutsche Finanzgericht, ein Urteil gefällt, das diese Praxis kritisiert. In seinem Beschluss vom 25.04.2018 (Az. IX B 21/18) stellt der BFH fest, dass er zumindest für Veranlagungszeiträume ab 2015 erhebliche verfassungsrechtliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Zinssatzes hat.
Im konkreten Fall hatte ein Unternehmen geklagt, welches aufgrund einer Betriebsprüfung zur Zahlung von Zinsen in Höhe von ca. 240.000,00 EUR veranlagt worden war. Da bereits zur Höhe der Nachzahlungszinsen eine Klage beim Bundesverfassungsgericht anhängig ist (Aktenzeichen 1 BvR 2237/14 und 1 BvR 2422/17), forderte das Unternehmen die Aussetzung der Vollziehung des Steuerbescheides. Dem gab der BFH nun in vollem Umfang statt.
Interessant scheint an dem genannten Beschluss auch, dass der BFH feststellt, dass der Gesetzgeber bereits an anderer Stelle die nicht mehr realitätsgerechte gesetzliche Zinshöhe erkannt und teilweise auch angepasst hat. Im Bereich der Nachzahlungszinsen wurde dies jedoch unterlassen. Alleine im Bereich der Betriebsprüfungen hat der Fiskus in den letzten Jahren mehr als 2 Mrd. Euro an Nachzahlungszinsen eingenommen.
Steuerpflichtige, die also zum Beispiel wegen einer Steuerprüfung eine hohe Steuernachzahlung zu leisten haben sind gut damit beraten, gemeinsam mit Ihrem Steuerberater zu prüfen und unter Bezug auf den genannten Beschluss des Bundesfinanzhofs ebenfalls Aussetzung der Vollziehung bis zur Entscheidung durch das Bundesverfassungsgericht hinsichtlich der Nachzahlungszinsen zu beantragen. Damit muss man zwar gegebenenfalls die Zinsen zunächst zahlen, hat aber die Chance die zu viel berechneten Zinsen zurückzubekommen.