Im Herbst 2019 stufte die EU-Kommission das Weißpigment Titandioxid als „möglicherweise krebserregend“ ein. Das war schon eine Schlagzeile wert, denn Titandioxid findet sich in vielerlei Dingen des täglichen Lebens, nicht zuletzt in Farben und Lacken. Konkret wurde Titandioxid von der EU-Kommission als „Stoff mit Verdacht auf krebserzeugende Wirkung durch Einatmen“ klassifiziert. Daraus folgt, dass pulverförmige Produkte, die Titandioxid enthalten, mit einem Gefahrenhinweis und einem Piktogramm gekennzeichnet werden müssen. Aber auch für flüssige und feste Gemische mit Titandioxid ist die Kennzeichnung durch einen Warnhinweis vorgesehen. Die Einstufung ist bereits mit der CLP-Verordnung im Frühjahr 2020 in Kraft getreten. Nach einer 18-monatigen Übergangsfrist wird die Produktkennzeichnung endgültig zum 1. Oktober 2021 verpflichtend. Bei den meisten Farb- und Lackherstellern ist die entsprechende Etikettierung bereits in Vorbereitung.
Farbenfachmärkte aufgepasst
Spätestens mit Ende der Übergangsfrist müssen titandioxidhaltige Farben und Lacke entsprechend etikettiert sein. Das sollten vor allem jene Malerunternehmer beachten, die einen Farbenfachmarkt betreiben. Darauf weisen auch der Verband der deutschen Lack- und Druckfarbenindustrie e.V. (VdL) und der Verband der Mineralfarbenindustrie e.V. (VdMi) auf ihrer gemeinsamen Website forum-titandioxid.de explizit hin. Hier wird Händlern empfohlen, die Lager mit Altbeständen möglichst rasch zu leeren, da in der CLP-Verordnung keine eigene allgemeine Abverkaufsfrist für den Handel festgelegt sei. „Für Sie als Händler heißt das: Vorräte dieser Stoffe und Gemische mit der alten Kennzeichnung müssen möglichst rasch abverkauft werden“, lautet der gut gemeinte Ratschlag. Vorausschauendes Abverkaufen und Einkaufen wird für Fachmarktbetreiber in den nächsten Monaten oberste Devise.
Auf der Baustelle: Sprühen, schleifen, entsorgen
Mit der Einstufung von Titandioxid-Pulver als karzinogen (Kat. 2) stellen sich Malerunternehmer die Frage, ob und wie sich dies auf ihre tägliche Arbeit auf der Baustelle im Umgang mit Farben und Lacken auswirkt. Da titandioxidhaltige Produkte in Pulverform in der Regel nicht auf Baustellen zum Einsatz kommen, liegt der Fokus auf Sprühanwendungen und Schleifvorgängen, bei denen Tröpfchen oder Stäube freigesetzt werden. Der Schutz vor lungengängigen Tröpfchen oder Stäuben jedweder Art war und ist eine Frage des Arbeitsschutzes. Und so war es bereits bisher schon geboten in den benannten Anwendungen Schutzmaßnahmen wie Atemschutzmasken und Absauger zum Einsatz zu bringen. Der „besonnene Umgang mit Farben und Lacken“ bleibe weiterhin entscheidend. Die Einstufung und Gefahrenhinweise für Titandioxid bringe für Maler und Lackierer so gesehen nichts Neues, konstatieren die beiden Farbenverbände auf ihrer Informationsplattform.
Noch nicht vollständig absehbar sind derzeit die Auswirkungen auf die Entsorgung titandioxidhaltiger Produkte, Bauabfälle usw. Eine praxisnahe Ausgestaltung wäre für die Betriebe mehr als wünschenswert.
Weitergehende Hintergrundinformationen
Malerunternehmer, die sich vertiefend mit diesem Thema auseinandersetzen möchten oder müssen, seien zwei interessante Publikationen empfohlen.
(1) Die Broschüre „Folgen der Einstufung von Titandioxid-Pulvern“, herausgegeben vom Verband der Mineralfarbenindustrie e.V., liefert Antworten auf 13 Fragen zu Titandioxid, der Einstufung als karzinogen (Kat. 2) und deren Auswirkungen im Bereich Produktmanagement und Arbeitssicherheit. Die Broschüre kann hier abgerufen werden: VdMi FAQ-Broschüre, Version 2, Stand: März 2020 (PDF, 346 kB)
(2) Die Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie (BG RCI) hat eine Stellungnahme zu arbeitsschutzrechtlichen Auswirkungen abgefasst. Die Stellungnahme kann über die Website GiSChem /Gefahrstoffinformationssystem Chemikalien der BG RCI abgerufen werden: Information zur Einstufung und Kennzeichnung sowie zum Arbeitsschutz bei Tätigkeiten mit Titandioxid (PDF, 381 kB )