Das beliebteste Getränk der Deutschen ist Kaffee. Vier Tassen Kaffee gönnen sich Kaffeetrinker pro Kopf und Tag in Deutschland.* Tendenz steigend. Die Beliebtheit dieses Heißgetränks zeigt sich auch an deutschen Arbeitsplätzen. Ohne Kaffee können sich viele Beschäftigte, egal, wo und was sie arbeiten, ihren Arbeitstag nicht vorstellen. Daher sind Kaffeepausen im Büro oder auf der Baustelle nicht wegzudenken. Doch wer pausiert, arbeitet nicht. Und genau hier liegt das Streitpotenzial.
Eine Pause ist nichts anderes als eine Arbeitsunterbrechung und ist sie noch so kurz. Sie ist nicht Teil der Arbeitszeit. Dabei spielt es keine Rolle, wo die Kaffeepause abgehalten wird, ob in der Kantine, der Teeküche, am Arbeitsplatz oder außerhalb der Betriebsräume. Beschäftigte dürfen diese Pausenzeit nicht als Arbeitszeit erfassen. Werden die Zeiten über ein elektronisches Zeiterfassungssystem erfasst, dann müssen sie diese Pausenzeit entsprechend buchen bzw. sich für diese Zeit ausloggen. Gleiches gilt im Übrigen auch für Raucherpausen. Werden solche Buchungen bewusst „vergessen“, kann den Beschäftigten die Kündigung drohen. Denn rechtlich gesehen, handelt es sich um Arbeitszeitbetrug. Dies zeigt auch ein Fall, der Anfang des Jahres vor dem Landesarbeitsgericht Hamm entschieden wurde. Die Richter fanden sehr klare Worte und eins dabei wird schnell klar: Arbeitszeitbetrug ist kein Kavaliersdelikt. Mit der vorsätzlichen Manipulation von Arbeitszeiten riskiert der Beschäftigte seinen Job.
10 Minuten Kaffeepause ohne Ausstempeln
Das Landesarbeitsgericht Hamm hatte über eine Klage einer 62 Jahre alten Reinigungskraft zu entscheiden (Urteil vom 27.1.2023, Az.: 13 Sa 1007/22). Sie wehrte sich gegen die von ihrem Arbeitgeber fristlos ausgesprochenen Kündigung. Was war passiert? Die Reinigungskraft loggte sich am Morgen über das Zeiterfassungssystem ihres Arbeitgebers ein und besuchte nur kurze Zeit später für mindestens 10 Minuten das gegenüberliegende Café, wo sie sich mit einer weiteren Person zum Kaffeetrinken traf. Am Zeiterfassungssystem loggte sie sich für die Zeit der Kaffeepause nicht aus. Der Café-Besuch blieb aber nicht unbemerkt, da ihr Arbeitgeber diesen von seinem Auto aus beobachtete. Bei ihrer Rückkehr in den Betrieb von ihm zur Rede gestellt, leugnete die Arbeitnehmerin den Arbeitszeitbetrug und gab an, sich im Keller aufgehalten zu haben. Erst nachdem der Arbeitgeber ihr die mit seinem Handy geschossenen Beweisfotos zeigen wollte, gestand sie ihr Fehlverhalten ein. Sie wurde von ihrem Arbeitgeber fristlos entlassen. Da die Reinigungskraft mit einem Grad von 100 Prozent schwerbehindert ist, hatte er zuvor noch die Zustimmung des Inklusionsamtes eingeholt.
Das Gericht hielt die fristlose Kündigung für rechtens. Der Arbeitgeber müsse auf eine korrekte Dokumentation der Arbeitszeit seiner Arbeitnehmer vertrauen können. Ein wissentlich und vorsätzlich begangener Missbrauch des Zeiterfassungssystems sei, so die Richter, ein in der Regel schwerer Vertrauensmissbrauch. Zudem hoben die Richter in ihrem Urteil hervor, dass weder Dauer noch Häufigkeit des Arbeitszeitbetruges entscheidend seien. Ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung könne grundsätzlich auch vorliegen, wenn es sich nur um einen einmaligen Vorfall handele, der nur zu einem geringen wirtschaftlichen Schaden geführt habe. Entscheidend sei allein der mit dem Vorgehen verbundene Vertrauensverlust. Hier spielte auch das Nachtatverhalten der Reinigungskraft, das Leugnen und Lügen des Arbeitszeitbetrugs, eine nicht unerhebliche Rolle. Denn dieses jedenfalls führte laut Urteilsbegründung zu einem „irreparablen Vertrauensverlust“.
Zum Nachlesen (externer Link): LAG Hamm, Urteil vom 27.1.2023, Az.: 13 Sa 1007/22
Der Griff zur Zigarette ohne Ausstempeln
Ein weiteres interessantes Urteil hatte das Landesarbeitsgericht Thüringen vor gut einem Jahr gefällt (Urteil vom 3.5.2022, Az. 1 Sa 18/21). Eine Jobcenter-Mitarbeiterin war dem Rauchen recht zugetan und verließ mehrfach täglich das Dienstgebäude, um eine Raucherpause einzulegen. Sie unterließ es jedoch – entgegen der Dienstanordnung – diese Zigarettenpausen über das Zeiterfassungssystem zu buchen. Das durch das wiederholte Nichtbuchen von Raucherpausen und das dadurch bedingte Erschleichen bezahlter Pausen sah das Gericht als schwerwiegenden Vertrauensbruch, der eine Kündigung, ohne vorherige Abmahnung rechtfertige. Dass die Gekündigte bereits seit über 30 Jahren bei dem Jobcenter bzw. deren „Vorgängern“ beschäftigt war, brachte ihr keine Pluspunkte.
Zum Nachlesen (externer Link): LAG Thüringen, Urteil vom 3.5.2022, Az. 1 Sa 18/21
Stellt ein Arbeitgeber eine Manipulation der Arbeitszeiten durch einen Beschäftigten fest, stellt sich stets die Frage nach der angemessenen arbeitsrechtlichen Reaktion (Abmahnung, ordentliche Kündigung, fristlose Kündigung). Dies ist für den Arbeitgeber, der sich betrogen fühlt und das Fehlverhaltens schnell sanktioniert wissen will, nicht immer leicht zu entscheiden. jeder Fall ist in gewisser Weise einmalig, denn jeder Fall hat seine Besonderheiten, die es rechtlich zu würdigen gilt. Es empfiehlt sich daher, nicht vorschnell, sondern überlegt vorzugehen und rechtlichen Rat bei der Handwerkskammer oder einem Anwalt einzuholen. Wer jedoch eine fristlose Kündigung im Auge hat, sollte sich hierbei keine Zeit lassen. Eine fristlose Kündigung muss stets innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis des Pflichtverstoßes erfolgen (§626 Absatz 2 BGB).
*Quelle: Nach Markterhebung Deutscher Kaffeeverband e.V. Kaffeekonsum im 2. Quartal 2022