Der Akademisierungswahn ist noch längst nicht gebrochen, aber die aktuellen Ausbildungszahlen, die der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) veröffentlichte, geben Grund zur Hoffnung. So wurden bis Ende September 2017 in Deutschland 135.038 neue Ausbildungsverträge abgeschlossen. Das bedeutet einen leichten Anstieg von 2,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Malermeister Hans Peter Wollseifer, Präsident des ZDH, sagt dazu „Es zahlt sich jetzt offenbar aus, dass wir in den vergangenen Jahren nicht müde geworden sind, immer wieder auf die vielfältigen Möglichkeiten und Chancen in den über 130 unterschiedlichen Ausbildungsberufen im Handwerk aufmerksam zu machen. Mit unserer Handwerkskampagne machen wir seit acht Jahren junge Menschen Lust aufs Handwerk und sprechen sie vor allem auch über Social Media Kanäle an. Die Zahlen lassen annehmen, dass dies bei den Jugendlichen bundesweit angekommen ist.“
Der leichte Anstieg an Ausbildungsverträgen darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass derzeit bundesweit noch 19.000 Lehrstellen unbesetzt sind, wobei es nach Angaben des ZDH wohl besonders in den ostdeutschen Bundesländern schwierig sei, neue Azubis zu gewinnen. Mit Blick auf die anstehenden Koalitionsverhandlungen fordert Wollseifer daher, politisch die Bemühungen zu flankieren, mehr junge Menschen für eine berufliche Ausbildung zu begeistern.
Vor der Wahl hatte Malerblog.net die Spitzenkandidaten zur beruflichen Bildung im Handwerk befragt. Christian Lindner, FDP, sagte: „Wir müssen die berufliche Bildung stärken. Denn Abitur für alle ist kein sinnvolles gesellschaftliches Ziel.“ Auch Cem Özdemir von Bündnis 90/Die Grünen will hohe Qualität und gute Ausbildung schützen und fordert „eine bundesweite Fachkräfteallianz von Staat und Wirtschaft zur Stärkung des Handwerks.“ Die CDU möchte mit einem „Meisterbonus“ ermöglichen, dass bei bestandener Meisterprüfung angefallene Gebühren ganz oder teilweise erstattet werden. Stärkung und Schutz der beruflichen Bildung wird offensichtlich von allen angestrebt. Die Förderung der beruflichen Bildung sollte daher kein Streitpunkt bei den anstehenden Koalitionsverhandlungen sein. Auf das Ergebnis dürfen alle gespannt sein.
Die vollständigen Statements der möglichen Koalitionäre können hier nachgelesen werden:
Zukunft Handwerk? Meisterbrief? Das sagen Spitzenkandidaten und Parteien