Es gibt den Menschentyp des ewigen „Ja-Sagers“. Jeder kennt sicherlich einen solchen Menschen in seinem Bekanntenkreis. Dieser Typ Mensch ist aber nicht gemeint, wenn es darum geht, erfolgreich „Nein“ sagen zu können. Hier geht es um Unternehmer, die bewusst oder unbewusst wissen, dass das soeben gesprochene „Ja“ falsch war. Falsch, weil das „Ja“ dem Unternehmen eher schadet als nutzt. Wie kann das sein?
Beim Kunden „Nein“ sagen
Welcher Malerunternehmer kennt das nicht? Da gibt man sich jede Menge Mühe, das Resultat entspricht ebenfalls dem Auftrag und die Ausführung ist an Professionalität nicht zu übertreffen. Aber der Kunde, Typ „Oberlehrer“, findet doch noch ein „Haar in der Suppe“. Kleinste Farbpartikel auf der Fensterscheibe, kaum zu erkennen, werden für ihn zu einem echten Problem. Kommt er erst einmal in Fahrt, dann gibt es kein Halten mehr. Natürlich will er für so schlampige Arbeit auch nicht den vollen Preis zahlen. Der Malerunternehmer denkt sich: „Dass es bei diesem Kunden so kommt, wusste ich eigentlich schon vorher.“ Genau das ist der springende Punkt. Oft weiß der Malerunternehmer aus seiner langjährigen Erfahrung, welcher Kunde zu ihm passt und welcher nicht. Er weiß es schon beim ersten Gespräch. Doch natürlich ist da zum einen der sportliche Ehrgeiz den Auftrag „an Land ziehen“ zu wollen. Und zum anderen weiß der Malerunternehmer nicht, wie er den Auftrag galant vom Tisch bekommt, ohne dass der „Oberlehrer“ es ihm persönlich nimmt, denn als Unternehmer will er niemanden vor den Kopf stoßen. Aber mal ehrlich? In Zeiten voller Auftragsbücher sind Malerbetriebe in der komfortablen Situation, sich ihre Kunden aussuchen zu dürfen. Unnötigen Stress muss sich niemand erkaufen, wenn er zu vermeiden ist. Um galant aus der Situation zu kommen, bietet es sich an, auf die existierenden Wartezeiten zu verweisen. Eine Auftragsausführung in einigen Monaten oder erst im kommenden Jahr dürfte den meisten Interessenten zu lang sein. Gerne darf man nachschieben, dass man Verständnis dafür hat, wenn aufgrund der langen Wartezeit ein Kollege beauftragt werde. Wer so vorgeht, erspart sich jede Menge Ärger und sagt erfolgreich „Nein“.
Beim Preis „Nein“ sagen
Bei Preisverhandlungen ist ebenfalls ein klares „Nein“ oftmals besser als einen Auftrag abzuschließen. Was unglaublich klingt, macht aber Sinn, wenn der Unternehmer Gefahr läuft, mit dem Auftrag ein Minusgeschäft zu machen. Dies setzt natürlich voraus, dass der Malerunternehmer seine Preise ordentlich kalkuliert. Denn nur dann kennt er seinen preislichen Spielraum und damit seine Schmerzgrenze. Versucht der potenzielle Auftraggeber den Preis so zu drücken, dass ein kostendeckendes Arbeiten nicht mehr möglich ist, sollte er „Nein“ sagen. In Zeiten voller Auftragsbücher ist das „Nein“ keine Mutprobe, sondern bei einer ordentlichen Preiskalkulation immer ein erfolgreiches „Nein“.
Es gibt Betriebe, die kalkulieren ordentlich, können aber generell ihre Leistung nicht mehr zu dem kalkulierten Preis am Markt durchsetzen. Hier geht es also nicht mehr um ein „Nein“ zu einem einzelnen Auftrag. Hier geht es um mehr. Statt seine Leistung zu „Billigpreisen“ auf den Markt zu werfen und mangels Kostendeckung Gefahr zu laufen, in die Insolvenz zu gleiten, sollte der Unternehmer Mut beweisen und „Nein“ zu sagen. Ein „Nein“ zu betrieblichen Billigangeboten. Mit „billig“ lässt sich auf Dauer kein Geld verdienen und kein Betrieb am Markt halten. Ist das betriebliche Leistungsportfolio generell nicht mehr zu den kalkulierten Preisen durchsetzbar, ist vielmehr ein Umdenken angesagt. Nur so hat der Betrieb die Chance, sich neu und erfolgreich aufzustellen.
Bei Ausschreibungen „Nein“ sagen
Viele Malerunternehmer sind in ihrer Region, ihrer Heimat gut vernetzt. Die Teilnahme an kommunalen Ausschreibungen wird daher schon wie ein Pflichtprogramm absolviert, auch wenn es weder zeitlich gut rein passt noch wirklich lukrativ ist. Ein „Nein“ kommt daher für viele nicht in Frage. Viele Betriebe fürchten bei einer Nichtteilnahme an der Ausschreibung um ihren guten Ruf. Wer zwar unbedingt teilnehmen möchte, aber kein Interesse an der Auftragsvergabe hat, hat die Chance dazu, sich elegant aus der Affaire zu ziehen. Es liegt in der Hand des Malerunternehmers eben nicht „spitz auf Knopf“ zu kalkulieren, um das günstigste Angebot abzugeben. Ein satter Gewinnaufschlag führt schnell zum Ziel und das Olympische Motto wird Realität: Dabei sein, ist alles.
Bei Mitarbeitern „Nein“ sagen
Sie stehen meist im ungünstigsten Zeitpunkt in der Tür oder stellen auf der Baustelle quasi im Vorbeigehen die Frage nach Urlaub, mehr Verantwortung, neuen Aufgaben, einer Gehaltserhöhung. Überrumpelt und mit seinen Gedanken eigentlich bei einer völlig anderen Sache, sagt er „Ja“. Ihm schießt nur ein Gedanke durch den Kopf: Er will seinen Mitarbeiter nicht verärgern und es fehlt ihm auch die Zeit für eine möglich Diskussion. Ein „Ja“, über das er sich, kaum ausgesprochen, schon ärgert. Er ärgert sich zurecht. Sein Verhalten offenbart Führungsschwäche und tief in seinem Innern weiß er das auch. Sich Zeit ausbedingen, darüber in Ruhe nachdenken, abwägen, ob der Wunsch im Interesse der Firma liegt. Willkürliche Entscheidungen ohne Abwägung der Faktenlage sind ein absolutes No-Go für einen Unternehmer. Erfolgreiche Unternehmensführung setzt ein verantwortungsvolle Mitarbeiterführung sowie Entscheidungsfindung voraus.
Er allein trägt die Verantwortung für jede Entscheidung. Er allein wägt ab, ob die betrieblichen Interessen und Erfordernisse gewahrt bleiben. Vielleicht kommt eine Baustelle in Verzug, wenn der Mitarbeiter zum – aus Sicht des Unternehmens – falschen Zeitpunkt in Urlaub geht. Vielleicht ist der Mitarbeiter noch nicht reif, mehr Verantwortung oder neue Aufgaben zu übernehmen. Vielleicht hat sich der Mitarbeiter die Lohnerhöhung noch nicht „verdient“. Für diese Gedanken braucht der Chef Zeit. Daher sollte er sich nie überrumpeln lassen, sondern lieber zu dem Mitarbeiter sagen „Ich geb‘ Ihnen eine Rückmeldung“. Jetzt hat er Zeit, sich in Ruhe Gedanken zu machen und eine Abwägung zu treffen. Am Ende des Prozesses steht ein „Ja“ oder „Nein“. Wird das „Nein“ wohl überlegt und begründet dem Mitarbeiter gegenüber ausgesprochen, hat der Chef seine Aufgabe als Führungskraft erfüllt. Das weiß auch der Mitarbeiter. Erfolgreich „Nein“ sagen, lässt sich lernen.