Ein Traum für jeden Raucher: Vom Arbeitgeber bezahlte Raucherpausen! Was unglaublich klingt, ist in vielen Betrieben Realität. Zwei, drei, vier und mehr Kippen täglich sind doch schnell geraucht. Da machen sich viele Betriebsinhaber keine großen Gedanken über die Lohnzahlung in dieser Zeit – man will ja nicht kleinlich sein. Erst der Einsatz eines Zeiterfassungssystems offenbart die Summe der Raucherzeiten und so mancher Arbeitgeber reibt sich dann verwundert die Augen. So auch in einer jüngst veröffentlichten Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Nürnberg.
Unglaublich, aber wahr: Raucherpausen von 572 Minuten im Monat
Dem Kläger, einem Staplerfahrer, war es über Jahre hinweg bis Ende 2012 möglich, Raucherpausen einzulegen, ohne ein Zeiterfassungsgerät bedienen zu müssen. Diese Rauchzeiten wurden bezahlt. Einen Abzug vom Monatsgehalt gab es nicht. Doch im Zuge der Gesundheitsreform und des Nichtraucherschutzgesetzes wurde zwischen den Betriebsparteien eine Betriebsvereinbarung zum 1.1.2013 geschlossen, die es den Mitarbeitern weiterhin zwar erlaubte, neben den normalen Pausen auch Rauchpausen einzulegen, solange sie betriebliche Belange nicht beeinträchtigten. Allerdings mussten die Mitarbeiter ab diesem Zeitpunkt Raucherpausen an den Zeiterfassungsgeräten ein- und ausstempeln. Dabei zeigte sich, dass der Kläger im Januar 210 Minuten, im Februar 96 Minuten und im März sogar 572 Minuten dem Nikotin frönte. Der Arbeitgeber zahlte für diese Monate jeweils ein um die Zeiten der Raucherpausen gekürztes Monatsgehalt aus. Der Kläger verlangte vor Gericht die Auszahlung des restlichen Gehalts und berief sich auf die jahrelange Bezahlung der Raucherpausen. Hierdurch sei eine „betriebliche Übung“ entstanden, auf die er habe vertrauen können.
Kein Vertrauensschutz für bezahlte Raucherpausen
Doch der Kläger hat keinen Anspruch auf Bezahlung der Raucherpausen. So entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Nürnberg in seinem jüngst veröffentlichten Urteil vom 5.8.2015 (2 Sa 132/15).
Hat der Arbeitgeber in der Vergangenheit die Raucherpausen nicht zeitlich erfasst und keinen Lohnabzug vorgenommen, muss das nicht auch für die Zukunft gelten. Eine „betriebliche Übung“ konnte das Gericht hier nicht erkennen. Vielmehr hätte der Arbeitgeber in dieser Zeit mangels Zeiterfassung keinen genauen Überblick über Häufigkeit und Dauer der von den einzelnen Mitarbeitern genommenen Raucherpausen gehabt, so dass auch kein Lohnabzug hätte erfolgen können. Dies änderte sich erst mit der zeitlichen Erfassung der Raucherpausen.
Keine Privilegierung der Raucher
Aber auch aus Gründen der Gleichbehandlung konnte der Mitarbeiter nicht auf die Beibehaltung der Bezahlung der Raucherpausen vertrauen. So müssten Nichtraucher für das gleiche Geld im Schnitt über 10 Prozent mehr Arbeitsleistung erbringen als ihre Raucher-Kollegen, stellten die Richter fest. Erst mit der Zeiterfassung der Raucherpausen und dem entsprechenden Lohnabzug wird dies wieder ins richtige Lot gerückt.
Gesundheitsschutz ist Arbeitgeberpflicht
Arbeitgeber haben zudem die Verpflichtung, die Gesundheit ihrer Mitarbeiter zu schützen und auch präventiv Gesundheitsgefahren vorzubeugen. Nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts würde der Arbeitgeber mit einer Bezahlung der Raucherpausen aber gerade nicht im Sinne des Gesundheitsschutzes tätig werden. Im Gegenteil: Er setze Anreize, die Gesundheit der Mitarbeiter zu gefährden und das Risiko von krankheitsbedingten Ausfällen zu erhöhen. Daher konnte der Mitarbeiter auch aus Gründen des Gesundheitsschutzes nicht darauf vertrauen, dass seine Raucherpausen weiterhin entlohnt werden.
Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts kann im Volltext unter folgendem Link abgerufen werden: LAG Nürnberg, Urteil vom 5.8.2015 (2 Sa 132/15)
Dass es sich bei einer Raucherpause um reines Privatvergnügen handelt, zeigt auch der folgende Artikel auf Malerblog.net: Urteil: Sturz in der Raucherpause – kein Arbeitsunfall!