Fehlerhaftes Material verarbeitet? Wer haftet? Die aktuelle Rechtslage schockt so manchen Handwerker, der erstmals mit dieser Fragestellung konfrontiert wird. Da werden hochwertige Tapeten verarbeitet oder teure Bodenbeläge verlegt und dann kommt das böse Erwachen: Das verarbeitete Material war fehlerhaft. Es passiert immer wieder, daß Handwerker schadhaftes Material vom Hersteller oder Großhandel geliefert bekommen, die Mangelhaftigkeit des Produkts jedoch nicht erkennbar ist und sich erst nach der Verarbeitung zeigt. Wer aber glaubt, als Handwerker „aus dem Schneider“ zu sein, da nicht die eigene Arbeitsleistung, sondern das Material fehlerhaft war, irrt. Meist kommt es den Handwerker teuer zu stehen, obwohl er nichts dafür kann.
Aus- und Einbaukosten trägt allein der Handwerker
Der Maler schuldet seinem Kunden die vertraglich zugesicherte Leistung. Er muß also das schadhafte Material abtragen und einen neuen, fehlerfreien Bodenbelag verlegen oder eine neue, fehlerfreie Tapete verkleben. Von seinem Lieferanten kann der Handwerker die Lieferung eines mangelfreien Materials verlangen (sog. Nacherfüllung). Davon erfaßt sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht die Kosten für den Aus- und Einbau beim Kunden, zumindest im Verhältnis von zwei Unternehmern (BGH, Urteil v. 15. Juli 2008, Urteil v. 17. Oktober 2012, Urteil v. 02. April 2014). Diese Kosten kann der Handwerker allenfalls als Schadenersatz beanspruchen, was aber meist daran scheitert, daß der Lieferant die Entstehung des Mangels nicht „zu vertreten“ hat. Der Handwerker bleibt also auf den Aus- und Einbaukosten sitzen. Ist das fair?
Nicht verständlich und ungerecht erscheint die aktuelle Rechtslage. Aber das muß nicht so bleiben. Der Gesetzgeber könnte nämlich eine Gesetzesänderung beschließen. Und genau dafür kämpft die Initiative für das Handwerk „Mit einer Stimme“.
Initiative fordert Reform des Gewährleistungsrechts
Eine Online-Petition soll den Weg in den Bundestag ebnen. Hierfür sammelt die Initiative auf www.miteinerstimme.org fleißig Unterstützerstimmen bei Handwerkern, deren Familien, Freunden und Bekannten. Mindestens 50.000 Unterstützer werden benötigt. Der offizielle Start der Online-Petition ist für das Frühjahr 2015 angedacht. Unterstützer sollten sich bereits jetzt auf der Website anmelden und für die geplante Petition registrieren lassen. Sie erhalten dann per eMail regelmäßig neueste Informationen der Kampagne und werden über den Start der Petition informiert. So geht keine Stimme verloren. Denn: Jede einzelne Stimme zählt!
Stimmen aus der Praxis
Malermeister Eric Stranzenbach aus Wiehl begrüßt die Petition und hat sich direkt angemeldet. Er findet es gut, daß sich endlich mal jemand dem Thema widmet, denn „generell wird schon sehr viel gegen uns Handwerker geschossen“, meint er und sagt dann weiter: „Gerade bei uns Malern macht das Material nur einen Bruchteil der Arbeit aus. Das, was wirklich Geld kostet, ist nun mal die Arbeitszeit.
Und da muß es einen Ansatz geben.“ Trotzdem hatte Stranzenbach bisher Glück: „Sicherlich hatte ich auch schon mal Probleme, aber ich bin eher markentreu, arbeite mit denselben Lieferanten und Herstellern, da mir die Qualität sehr wichtig ist und dafür gebe ich dann auch schon mal mehr aus. Und diese Markentreue hat sich wohl ausgezahlt. In meinem speziellen Fall hat die Industrie die gesamten Kosten bei der Reklamation übernommen – und zwar Material und Zeit. Ich bin auf keinen Kosten sitzen geblieben. Das war super.“ Generell findet er, daß derjenige, der den Fehler produziert hat, auch dafür gerade stehen muß. „Es wäre schön, wenn die Petition etwas bewirken würde, damit wir Handwerker einfach mehr Sicherheit hätten“, erklärt Stranzenbach.
Auch Malermeister Robert Aumer aus Cham hatte Pech mit der Verarbeitung einer besonders hochwertigen Crush-Tapete, die ein paar Tage nach dem Anbringen gar nicht mehr aussah wie eigentlich gewünscht. „Die Tapete ging an einigen Stellen auf und brachte eine nikotingelbe Farbe im Hintergrund zu Tage“, sagt er und fügt hinzu: „Es sah komplett anders aus als das Muster im Tapetenbuch. Und so konnte das auf keinen Fall bleiben, immerhin kostete der Quadratmeter 120,00 EUR.“
Aumer reklamierte beim Hersteller. Und der blieb erst mal stur, meinte es handele sich um ein Design, das so gewollt sei. Aumer organisierte einen Gutacher der Maler-Innung München und dieser gab ihm Recht. Die Tapete sei fehlerhaft. Der Hersteller gab irgendwann doch nach. „Zu guter Letzt wandte sich alles noch zum Positiven und ich bekam den kompletten Schaden bezahlt, da bin ich echt froh drüber“, erzählt Aumer. Um so mehr begrüßt er die Online-Petition und freut sich, daß sich endlich jemand der Sache annimmt und sich für das Handwerk stark macht.